KOMMUNALE PRÄVENTION 17 forum kriminalprävention 1 2023 S t a d t L u d w i g s b u r g Sicherheitskonzept wurde eine breite Datenbasis geschaffen die sowohl er klärende Faktoren für Un Sicherheits gefühle als auch Lösungsvorschläge aufzeigte Die wissenschaftliche Be gleitung stützte sich auf eine quan titative sowie qualitative Befragung zahlreicher Stakeholder des Ludwigs burger Bahnhofsquartiers und wurde ergänzt durch eine intensive Einbezie hung der Bürgerschaft Zunächst wurden anhand von Se kundärdatenanalysen die Sozialstruk tur im Viertel die objektive Kriminali tätsbelastung PKS Auswertung sowie städtebauliche und präventive Projekte betrachtet Darauf aufbauend fanden Interviews mit 13 Expert innen von Si cherheitsakteuren lokalen Bürgerinitia tiven Stadtverwaltung sozialen Einrich tungen und Bildungsträgern statt Dabei standen die Themenbereiche Sicherheit und Kriminalitätsfurcht Problemwahr nehmung und Kriminalität städtebauli che Maßnahmen marginalisierte Grup pen und Kriminal Prävention im Fokus Bewohner innen in Ludwigsburg konn ten zudem an der wissenschaftlichen Online Befragung Lebensqualität und Sicherheit in der Stadt teilnehmen Die Befragung enthielt Frageblöcke zur Wohnsituation der Befragten zu ihrem Sicherheitsgefühl zu konkreten Ver besserungsvorschlägen zur Nutzung des Franck Areals zum Einfluss der Pan demie auf das Freizeitverhalten sowie zu soziodemografischen Aspekten 282 vollständig abgeschlossene Fragebögen wurden ausgewertet Das Projektwurde insbesondere über die Beteiligungsplattform der Stadt www meinLB de für die Bevölkerung zur Partizipation geöffnet Dort konnten Nutzer innen über ein innovatives digita les Format auf einer Karte des Bahnhofs viertels Wohlfühl und Unwohlfühlorte markieren und ausgewählte Fragen zu den Herausforderungen und möglichen Lösungen beantworten Im Ergebnis sind Heatmaps entstanden die deut lich aufzeigen dass das Sicherheitsge fühl im Bahnhofsviertel kleinräumig va riiert und Unwohlfühlorte insbesondere am Bahnhofsplatz und Zentralen Omni busbahnhof ZOB verortet werden sie he Abb 1 Darüber hinaus waren inte ressierte Bürger innen aufgerufen an einem Rollenspaziergang mit dem Pro jektteam teilzunehmen Dabei wurden fünf Stationen im Bahnhofsumfeld be sucht und die Teilnehmenden konnten mittels systematischer Begehungssche mata Angaben zu u a Orientierung und Überschaubarkeit Belebung und Sicher heitsmaßnahmen machen Zudem wa ren sie angehalten sich in vordefinierte Rollen z B Tourist junge Frau mit Fahr rad Rollstuhlfahrer Wohnungsloser zu versetzen und das Bahnhofsviertel aus dieser Perspektive zu bewerten Damit wurde der heterogenen Nutzergruppe und der gesellschaftlichen Diversität in Bahnhofsquartieren Rechnung getra gen Ein Workshop mit Beteiligten aus Po lizei Deutscher Bahn Bahnhofsrat Ju gendgemeinderat und Stadtverwaltung hatte schließlich zum Ziel die gesammel ten Erkenntnisse zu reflektieren und zu diskutieren sowie Raum für neue Ideen und Lösungsansätze zu schaffen Ausgewählte Ergebnisse Bisherige Studien zu Sicherheit und Lebensqualität in Bahnhofsvierteln beziehen sich vor allem auf Großstäd te siehe bspw Hennen Hohendorf 2020 SiLBer lieferte erste Erkennt nisse für die gesellschaftliche Wirk lichkeit und Problemlagen in mittel städtischen Bahnhofsquartieren Die Ergebnisse der Sozialstruktur und Flä chennutzungsanalyse weisen zunächst auf eine geringe Wohnbevölkerung so wie eine intensive gewerbliche Nut zung im festgelegten Bahnhofsviertel hin Die Besuchenden des Bahnhofs und dessen Umgebung sind in der Fol ge Personen die hauptsächlich die dor tige Infrastruktur nutzen jedoch kei ne persönliche Identifikation mit dem Viertel entwickeln Das hat den Exper teninterviews zufolge ein geringes In teresse der Bevölkerung an einer akti ven Gestaltung des Quartiers zur Folge und das negative Image wird durch die mediale Berichterstattung noch verstärkt Folgt man dem kriminolo gischen Ansatz der sozialen Kontrolle als zentralem Faktor für die Herstel lung von Sicherheit Hecker Starcke 2017 zeigt sich dass soziale Bezie hungen in der Nachbarschaft für ge genseitiges Vertrauen und kollektives Handeln grundlegend sind Die Voraus setzungen für die Entwicklung infor meller Sozialkontrolle sind aufgrund der geringen Wohnbevölkerung und der Heterogenität der Nutzergrup pen im Ludwigsburger Bahnhofsvier tel demnach ungünstig was sich auch in den Ergebnissen der Interviews und Befragungen widerspiegelt Während die objektive Kriminalität und abweichendes Verhalten anhand der Daten der Polizeilichen Kriminalsta tistik PKS sowie des Ordnungsamtes der Stadt Ludwigsburg eine unauffäl lige und gleichbleibende Tendenz auf weisen ist das Sicherheitsgefühl der Teilnehmenden getrübt 48 der Be fragten der stadtweiten Onlinebewoh nerbefragung geben an sich tagsüber im Bahnhofsviertel sicher zu fühlen bei Dunkelheit sind es nur noch 14 siehe Abb 2 Dem entsprechen die Einschät zungen zur Entwicklung der Sicherheit im Bahnhofsviertel in den letzten zwei Jahren Zum Befragungszeitpunkt nah men je 45 n 238 der Teilnehmen den keine Veränderung oder eine Ver schlechterung der Situation wahr Die Befragten empfinden im öffent lichen Raum als etwas oder sehr stö rend alkoholisierte Gruppen 248 mal genannt Müll 246 Nächtigen im öf fentlichen Raum 246 sowie Wildpin keln 235 In den Experteninterviews wird daneben auf die Belastung des Viertels durch den motorisierten Ver kehr dunkle Ecken und eine verunsi chernde Unübersichtlichkeit hinge wiesen Während zu Stoßzeiten die Enge und multimodale Nutzung den Bahnhof zu einem Unwohlfühlort wer den lässt so erzeugen abgelegene Be reiche des Viertels wegen geringer Frequentierung insbesondere in Ver bindung mit Dunkelheit größeres Un wohlsein Aus den Erhebungen lassen sich ins gesamt acht Themengebiete mit kon kretem Handlungsbedarf ableiten Bau liche Mängel Frequentierung Image Orientierung Sauberkeit Soziales Verkehr sowie Kriminalität bergen je Abb 1 Unwohlfühlorte
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