5forum kriminalprävention 1 2023 häufig kommunale oder auch städtische Resilienz angeführt Diese bezeichnet im weitesten Sinne die Fähigkeit einer Kommune und ihrer Bürger innen trotz langfristigem Stress und kurzfristigen Schocks die eigenen Funktionen und Leis tungsfähigkeit zu erhalten sich effektiv anzupassen und aus Erfahrungen zu ler nen um für zukünftige Krisen besser vor bereitet zu sein Idealerweisewerden die eigenen Strukturen und Prozesse dabei gleich für eine dauerhafte Verbesserung vonAlltags und Krisenhandeln optimiert Coaffee Lee 2016 Fekete Fiedrich 2018 Meerow et al 2016 Vorhandene kommunale Krisen Ka tastrophenschutz und Gefahrenab wehrpläne in Deutschland sind dabei in der Regel auf punktuelle und plötzlich auftretende Großschadenslagen oder Katastrophen ausgerichtet Zu deren Be wältigungwerden zur Ergänzung lokaler Fähigkeiten dann regionale und nationa le Ressourcen in kurzzeitigen intensiven Anstrengungen vor Ort konzentriert bis sich im Erfolgsfall die Lage entspannt und schließlich in eine kontrolliertere Situation überführt wird Papke 2022 Diese Art des Krisenmanagements geht trotz aller Intensität grundsätzlich von Zeit Raum und Personalaufwand als deutlich begrenzten Variablen aus Nach Ende des Krisenhöhepunkts kön nen die Rückkehr zur Normalität ange strebt und Lehren aus den Ereignissen gezogen werden um auf vergleichba re Krisen künftig besser vorbereitet zu sein Dieser häufig als Resilienzkreislauf beschriebene Fünfschritt von Vorsor ge Schutz Reaktion Regeneration und lernender Vorbereitung auf die nächs te Krise siehe u a Kötter Weiß 2018 S 14 benötigt zum Funktionieren aller dings dringend Phasen der nachlassen den Intensität umüberhaupt aus der Re aktionsphase aus und in die Nach und Vorsorge eintreten zu können Andern falls droht aus dem positiven Kreislauf eine Abwärtsspirale zu werden weil die kurzfristige Logik der hochintensiven Reaktionsphase unverhältnismäßig vie le Kräfte verschleißt und Priorisierungen verlangt die langfristig nachteilige Fol gen haben Mit dem Ausbruch der Corona Pan demie in Deutschland im Frühjahr 2020 befanden sich die Kommunen je doch unvermittelt in einer anderen Art von Krise Diese war hochintensiv multidimensional sowie räumlich und zeitlich entgrenzt gerieten doch na hezu sämtliche Lebensbereiche Gesell schaft Privatleben Wirtschaft Poli tik Gesundheitssysteme Verwaltung etc deutschland europa und welt weit gleichzeitig unter einen immensen Druck dessen Ende nicht absehbar war bzw mit der nicht zu erwartenden Dau er von drei Jahren deutlich Kapazitäts und Vorstellungsgrenzen überschritt Vorhandene kommunale Pläne und Be wältigungsschemata erwiesen sich an gesichts dieser Herausforderungen als wenig hilfreich Vor Ort navigierten sich die Akteure des kommunalen Krisenma nagements seit Krisenbeginn deshalb eher auf Sicht durch die Pandemie Sie mussten spontan passende Pro blemlösungen entwickeln und dabei Vorgaben aus Bund und Ländern kurz fristig umsetzen an die eigenen kom munalen Gegebenheiten anpassen und gegenüber den Bürger innen kommuni zieren Der wissenschaftliche Kenntnis stand entwickelte sich währenddessen rasant und veränderte permanent den kommunalen Handlungsrahmen bei spielsweise bei Masken Testpflichten Versammlungen und Veranstaltungen Auch der Grad zu dem verschiedene soziale Gruppen und Wirtschaftszwei ge sowohl von der Pandemie selbst als auch von den Hygieneschutzmaßnah men betroffen waren veränderte sich laufend so dass immer wieder neue Zielgruppen in den Fokus der kommu nalen Aufmerksamkeit rückten Erste empirische Erkenntnisse zeigen dass hierbei mitunter sehr unterschiedliche Wege im Umgang mit der Krise gewählt und teils pragmatische teils kreative und innovative Lösungen gefunden wurden um die Maßnahmen des Infek tionsschutzes vor Ort umzusetzen und die Sicherheit ihrer Bürger innen zu ge währleisten siehe z B Hale et al 2021 In diesen Bereichen wurde ungemein viel Wissen erworben wie kommunales Handeln in einer Dauerkrise aussehen kann Doch was davon ist bewahrens wert und verallgemeinerbar für zu künftige Krisen und wie gelingt über haupt der Zugriff auf dieses Wissen Wissensmanagement während und nach der Krise als zentrales Problem In Phasen des akuten Krisenmanage ments bewegen sich Kommunen häu fig an ihrer Belastungsgrenze und ha ben kaum Zeit für eine umfassende Bestandsaufnahme und Bewertung der eigenen Entscheidungen und Maß nahmen Die Krisenbewältigung steht zurecht klar im Vordergrund und bin det nahezu alle verfügbaren Ressour cen solange die Gefahr nicht abge wendet ist In der so entscheidenden Zeit direkt nach den Krisenereignis sen fehlt es dann häufig an Kapazitä ten um erworbenes Praxiswissen zu nächst gezielt zu bewahren und zu systematisieren und es anschließend zu reflektieren und für zukünftige An wendungen weiterzuentwickeln Die Rückkehr zur Normalität bedeutet für Kommunen zunächst den Fokus auf aufgeschobene Aufgaben zwangswei se zurückgestellte Pflichten und die Wiederherstellung von Routinen zu le gen und dabei nach Möglichkeit auch noch eine Verminderung der Belastung für das eigene überbeanspruchte Per sonal zu erwirken Mit anderen Worten zieht der Alltag die Prioritäten der Ver waltungen meist schnell und zuverläs sig zurück in Gegenwart und Zukunft allerdings auf Kosten der Rückschau Das ist ebenso nachvollziehbar wie bedauerlich denn gerade eine komple xe Krise wie die Pandemie bietet eine seltene Mischung aus hohem Innovati onsdruck und zahlreichen Möglichkei ten zur Umsetzung von Ideen Diese können sich durchaus als Problemlö sungsansätze bewähren Sie geraten je doch mit dem vermeintlichen Ende des Problems in normalisierten Strukturen und mangels Bedarfs auch schnell wie der in Vergessenheit und müssen dann bei der nächsten Krise neu erfunden werden Viele derartige Errungenschaf ten und besonders deren ebenso lehr reiche Entstehungsgeschichten wer den dabei mitunter von den Beteiligten auch gar nicht als solche registriert und kommen erst auf Nachfrage zum Vor schein Dieses wertvolle Wissen läuft also Gefahr mit einer Beförderung iro nischerweise nicht zuletzt wegen guter Leistungen in der Krise einem Abtei lungswechsel einer Umstrukturierung einem Renteneintritt einer formatier ten Festplatte einem verlorenen Tage buch oder schlicht mit verstreichender Zeit verloren zu gehen und somit an der Quelle zu versickern wenn es nicht ge zielt gesichert wird Selbst dort wo es gehoben und bewahrt wird ist nicht ga rantiert dass es ohne Nachbearbeitung bei Bedarf sofort wieder hilfreich ist Diese Transferlücke zwischen hart erworbenem Praxis und Erfahrungs wissen und institutionell verankerten reproduzierbaren Kenntnissen und Fä higkeiten wird von Praktiker innen im Gespräch gelegentlich leicht lakonisch als Katastrophendemenz zusammen gefasst Sie spielen damit auf ein grund legendes Problem für das Wissensma nagement im Bevölkerungsschutz an Erkenntnisse passend zu systematisie ren personenunabhängig und leicht verständlich zu konservieren und dann wiederum schnell und zuverlässig prak KOMMUNALE PRÄVENTION

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