18 forum kriminalprävention 3 2017 EXTREMISMUSPRÄVENTION Um Extremismus präventiv begeg nen zu können bedarf es näherer Kenntnisse zu den Umständen die Personen in Richtung eines politisch und oder religiös begründeten Extre mismus treiben Überblicken wir die Forschungslandschaft so werden im Wesentlichen zwei Faktoren bündel als bedeutsam identifiziert Zum einen erscheint die jeweilige Ideologie als maßgeblich zum anderen die psycho sozialen Lebensumstände der jeweili gen Person So belegen zahlreiche na tionale sowie internationale Studien dass Ideologie zwar ein notwendiges Beiwerk extremistischer Karrieren ist in der Regel jedoch nicht den originä ren zunächst ausschlaggebenden Mo tivationsgrund für den Einstieg in eine radikale Szene darstellt etwa Abdel Samad 2005 Bannenberg Rössner 2007 Deutsches Jugendinstitut 2013 Krüger 2008 Lützinger 2010 Marneros 2003 NYPD 2007 Psychosoziale Belas tungsmomente innerhalb der Ent wicklung etwa kritische Lebens ereignisse bzw biografische Wende punkterlebnisse spielen in der Regel hierbei eine weitaus zentralere Rolle wie auch die Einzelfallstudien von As lan und Akillic 2017 eindrucksvoll zei gen dies gilt weitgehend gleicher maßen für die unterschiedlichen Phänomenbereiche religiös oder poli tisch begründeter Extremismen Nehmen wir diesen Kernbefund ernst so drängt sich die Konsequenz Extremismusprävention in Deutschland Zum Ansatz einer phänomenübergreifend ausgerichteten Prävention Florian Gruber Saskia Lützinger Uwe E Kemmesies Die hier vorzustellende Studie der Forschungs und Beratungsstelle Terroris mus Extremismus FTE des BKA beschäftigt sich mit den Entwicklungsmög lichkeiten einer phänomenübergreifend ausgerichteten Prävention von Extremismus in Gestalt politisch motivierter Gewaltkriminalität In der Ge samtschau der Präventionslandschaft Deutschlands zeigt sich eine insgesamt breit aufgestellte in Teilen bereits phänomenübergreifend ausgerichtete und arbeitende Präventionspraxis Es werden jedoch auch zahlreiche Handlungser fordernisse und Optimierungspotenziale deutlich wenn es darum geht der Entwicklungsdynamik des Radikalisierungsgeschehens in Richtung politisch motivierter Gewalt entsprechen und potenzielle kontraproduktive Effekte von Präventionsangeboten vermeiden zu wollen von phänomenübergreifend angeleg ten Präventionsangeboten auf die vornehmlich die psychosozialen und weniger die ideologischen Aspekte adressieren Dies war in Deutschland offenbar lange undenkbar bzw nicht handlungsleitend In den letzten Jah ren scheinen phänomenübergreifend Ansätze vielerorts offensichtlich ge lebte Präventionspraxis wobei zwi schen den differenten Handlungsfel dern einer universell indiziert sowie selektiv ausgerichteten Präventi onspraxis zu differenzieren ist Phänomenübergreifende Prävention Das Projekt Entwicklungsmöglich keiten einer phänomenübergreifend ausgerichteten Prävention politisch motivierter Gewaltkriminalität PÜG umfasst fünf Forschungsmodule For schungsprozessbegleitend wurden zwei Expertenworkshops Modul I V die das Projekt rahmen umgesetzt Ziel dieser Workshops war es kontinu ierlich auch die Erfahrungen und Be lange von Experten aus Präventi onspraxis Polizei und Forschung mit einbeziehen zu können Eine umfas sende Literaturanalyse Modul II so wie eine Erhebung der Präventions landschaft in Deutschland Modul III mit anschließender Befragung von Ex perten aus der Präventionsarbeit Mo dul IV bilden die Kernmodule des Pro jekts Im Rahmen der Literaturanalyse wurden 30 Studien zu Rechts Links extremismus bzw islamistischem Ex tremismus hinsichtlich bekannter Schutz und Risikofaktoren für eine Radikalisierung untersucht Bei der Erhebung der Präventionslandschaft wurde erfasst welche Projekte zur Prävention von Extremismus existie ren und welche der laut Stand der Ra dikalisierungsforschung relevanten Risiko Schutzfaktoren durch die Pro jekte auch tatsächlich adressiert wer den Die Erhebung der insgesamt 721 größtenteils staatlich finanzierten Projekte fand in 2014 2015 statt Die tatsächliche Laufzeit der Maßnahmen reichte jedoch oftmals über das Jahr 2015 hinaus Bei der sich anschließen den Expertenbefragung wurden die sich bis dahin abzeichnenden Ergeb nisse noch einmal gezielt mit Mitarbei tern aus der Präventionsarbeit re flektiert und Handlungs bzw Opti mierungspotenziale identifiziert Bei der Auswahl der Experten wurde ge zielt darauf geachtet dass es sich um Personen handelt die in ihrer tägli chen Arbeit im Direktkontakt mit radi kalisierten Personen arbeiten und gute Einblicke in die entsprechenden Szenen sowie die Alltagswelten junger Menschen haben Die Präventionslandschaft Das Feld der Extremismuspräventi on in Deutschland weist eine breite Palette an staatlichen und zivilgesell schaftlichen Angeboten auf die sich hinsichtlich ihrer Zielgruppen und Ar beitsfelder wechselseitig ergänzen Dennoch zeichnen sich regionale Be sonderheiten ab die nicht zuletzt auf unterschiedliche lokale Gegebenhei ten zurückzuführen sind so finden sich beispielsweise in weniger besie delten ländlichen Räumen häufiger mobile Angebote als dies in städti schen Ballungsräumen der Fall ist

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