6 forum kriminalprävention 3 2017 GEWALT AM ARBEITSPLATZ lastungen im Berufsalltag gering zu halten und langfristige Folgen insbe sondere Traumafolgestörungen zu vermeiden Auf der Seite der Arbeitnehmer ste hen die Rettungskräfte selber Sie wünschen sich Schulungen in Eigensi cherung in Deeskalation und in recht lichen Themen von denen sie sich mehr Handlungssicherheit im Einsatz versprechen Die oben erwähnten Grenzen der Deeskalation sollten nicht dazu führen die Schulung in Krisen kommunikation hintenanzustellen denn tatsächlich kann dadurch ein er heblicher Anteil der Einsätze einen friedlichen Verlauf behalten Wenn Rettungskräfte mit der gefühlten Si cherheit in den Einsatz gehen für Ge fahrensituationen vorhersehbarer und unvorhersehbarer Art gut gewappnet zu sein ist in Richtung dessen was die Psychologie Selbstwirksamkeit nennt ein großer Schritt vorwärts getan Ob Schutzwesten eine geeignete Antwort auf steigende Fallzahlen von Übergrif fen sind wird äußerst kontrovers dis kutiert und soll an dieser Stelle ausge klammert bleiben Kritisch bewertet werden allgemein auch Kurztrainings zur Selbstverteidigung da sie für nicht routinierte Anwender Gefahren ber gen können Um die Einsatzkräfte kei nem unkalkulierbaren Risiko auszu setzen folgen die Feuerwehren mehrheitlich der Strategie in Lagen die als unsicher gelten zunächst den Rückzug anzutreten und die Polizei den Einsatzort sichern zu lassen Doch nicht zuletzt die Einsätze am Münche ner OEZ und am Berliner Breitscheid platz haben gezeigt dass es Lagen gibt bei denen auch über Stunden nicht klar ist welches Gefährdungspo tenzial noch vorherrscht Das Themen gebiet Großschadenslagen durch Ter ror oder Amok eröffnet noch einmal ganz andere Fragen und Herange hensweisen Dafür geeignete Einsatz taktiken zu entwickeln die der Sicher heit der Einsatzkräfte dienen ist eine der großen Aufgaben dieser Zeit Doch auch im kleineren Rahmen muss man feststellen dass die Sicherheit einer Einsatzstelle binnen Sekunden kippen kann und polizeiliche Hilfe nicht im mer so schnell verfügbar ist wie es nö tig wäre Die Arbeitgeber können auch au ßerhalb technischer Sicherungsmaß nahmen wie zum Beispiel dem Aus rüsten von Rettungswagen mit Sicherheitsglas zur Vermeidung von eingeschlagenen Scheiben einiges für ihre Mitarbeiter tun Bemängelt wur de von vielen Rettungskräften das Fehlen einer unterstützenden und wertschätzenden Haltung des Dienst herrn im Falle eines Angriffes Gemeint ist damit eine Organisationskultur die geprägt ist von Offenheit und Rück halt damit die Betroffenen wenn denn etwas passiert ist intern aufge fangen werden können Da es wie oben dargelegt Fälle gibt die sich auch durch eine ausgezeich nete Präventionsarbeit nicht verhin dern lassen ist es wichtig in der Folge den Einsatzkräften durch entspre chende Einsatznachsorge und Unter stützung bei der Strafverfolgung wie der Sicherheit zu vermitteln und ihnen das Gefühl zu geben dass sie mit ihren Nöten ernst genommen werden Ob die Einsatznachsorge im Gruppenkon text nach einer etablierten Methode wie CISM Critical Stress Incident Ma nagement oder SbE Stressbearbei tung nach belastenden Einsätzen durchgeführt wird oder ob es eine an dere Vertrauensperson in Form eines Peers oder psychosozialer Fachkraft gibt ist dabei zweitrangig wichtig ist dass dem Gewaltopfer das Gefühl von Rückhalt und Verständnis vermittelt wird Der Zugang zu Hilfsangeboten der psychosozialen Unterstützung muss niedrigschwellig angelegt sein und Nachsorge sollte auf Initiative des Dienstherrn stattfinden ohne dass die Opfer darum bitten müssen Psychi sche Folgestörungen wie das Post traumatische Belastungssyndrom die einer extensiven therapeutischen Be handlung bedürfen und nicht nur für den Einzelnen mit großem Leid ver bunden sind sondern darüber hinaus aus zu höheren Ausfallkosten führen können somit unter Umständen ver hindert oder abgemildert werden Viele Feuerwehren haben bereits ein Einsatznachsorgesystem entwickelt es hakt aber teilweise noch an dem entsprechenden Nachdruck mit dem die Behörde oder die Organisation die Strafverfolgung selbst verfolgt Ganz entscheidend ist die Klärung der personellen Zuständigkeit für die interne Aufarbeitung aggressiver Übergriffe auf die Mitarbeiter und das Führen der internen Statistik Diese Person sollte nicht nur mit dem Ver lauf eines Strafverfahrens und ggf Zivilverfahrens für Schadenersatzfor derungen vertraut sein sondern idea lerweise auch als psychosoziale Fach kraft fungieren können die erkennt wann es nötig ist ggf therapeutische Unterstützung in Anspruch zu neh men Sie muss sowohl das Vertrauen der Mannschaften als auch der Füh rungsebene genießen Ist ein solches System etabliert hat die Organisation oder die Behörde viel dafür getan für zukünftige Übergriffe gut aufgestellt zu sein Fazit Gewalt gegen Einsatzkräfte ent steht durch vielerlei Motive in einer großen Varianz an Einsatzsituationen Mitarbeiter die über die Jahre abge stumpft sind oder die Sozialkompe tenz nicht zu ihren größten Stärken zählen haben ein höheres Risiko mehrfach Ziel von Aggressionen und Gewalthandlungen zu werden Wich tig ist aber zu verstehen dass der Um kehrschluss nicht gilt Längst nicht je des Opfer auch nicht die mehrfach Betroffenen gehört zu dieser Gruppe Gerade die wirklich gravierenden Übergriffe geschehen eher ohne ei nen Eigenanteil der Einsatzkräfte Für viele Rettungskräfte sind häu fige Verfahrenseinstellungen der Staatsanwaltschaften bei relevanten Delikten unverständlich Um das Ver trauen in die Justiz zu stärken werden von ihnen Änderungen bei der Rechts anwendung befürwortet Ein guter Ansatz im Rahmen der Beamtenfürsorge ist der neue 83a HmbBG der dienstausübenden Gewaltopfern in Hamburg die Erfül lung von Schmerzensgeldansprüchen durch den Dienstherrn sicherstellt In den letzten Jahren hat es viel Be wegung bei diesem Thema gege ben und es steht zu hoffen dass sich das vielfältige Präventionsengagement verstärkt und verbessert Die Arbeit in der Gewaltpräventi on kann damit indirekt die notfallmedizi nische Versorgung der Bevölkerung verbessern denn ein Rettungsdienst der ohne Angst und ohne Polizeischutz arbeiten kann kommt am Ende auch all jenen zugu te die sich in einer echten Notlage be finden und auf schnelle Hil fe angewie sen sind Dr Janina Lara Dressler ist Kriminalwissenschaftlerin und hat die Organisatorische Leitung Nord für das Netzwerk PSNV e V einem Verein zur psychosozialen Unterstützung von Einsatzkräften nach belastenden Ereignissen Kontakt l dressler netzwerk psnv de

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