9forum kriminalprävention 4 2017 KULTURELLE BILDUNG UND PRÄVENTION Die Inszenierung Tell vor Gericht Rahmenbedingungen und Handlung Eine Hauptaufgabe des Strafvollzu ges ist immer auch die Entlassung in die Freiheit zu fokussieren und dem gemäß auch den Vollzugsalltag auszu gestalten Dies geschieht einerseits durch eine Tagesstruktur im Bereich der Beschäftigung durch Freizeitan gebote und deliktpräventive Arbeit Eine Möglichkeit Freizeitangebote für deliktpräventive Arbeit nutzen zu kön nen ist die Theaterpädagogik Theater lässt sich auf den ersten Blick der Frei zeitgestaltung zuordnen Die Auswahl der Stücke mit einem direkten Bezug zur Thematik Schuld Delinquenz oder Strafe eröffnet jedoch pädagogische Ansatzpunkte Von Theaterpädagogik kann eigentlich auch nur dann gespro chen werden wenn Stücke gezielt ausgewählt werden und vor dem Hin tergrund dass das Setting im Straf vollzug ist diese auch pädagogisch oder sozialarbeiterisch begleitet oder nachbereitet werden Die geschlossene Justizvollzugsan stalt Lenzburg im Kanton Aargau eine Institution mit rund 300 Vollzugsplät zen unterstützt seit mehreren Jahren ein Theaterprojekt mit Inhaftierten Die Theaterstücke haben jeweils Bezü ge zum breiten Themengebiet der Straffälligkeit Für die Professionellen der Sozialen Arbeit stellt sich die Fra ge ob Theater im Strafvollzug Poten Theater pädagogik im Strafvollzug Chancen für die Tertiärprävention Melanie Wegel Maria Kamenowski Andrea Hartmann Roger Hofer In einer schweizerischen Vollzugseinrichtung haben die Inhaftierten seit einigen Jahren wiederholt die Möglichkeit in einem Theaterprojekt mitzuwir ken Die Stücke haben jeweils einen Bezug zum Thema Straffälligkeit und die Inhaftierten fungieren als Schauspieler wobei diese sowohl vor den Mitinhaf tierten als auch vor externem Publikum auftreten In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen ob Theater oder Theaterpädagogik auch für die Deliktar beit und somit die Tertiärprävention einen Mehrwert leisten kann Es werden erste Befunde zu einer qualitativen Begleitforschung des Theaterstücks Tell vor Gericht mit Blick auf Ressourcen zur Resozialisierungsaufgabe des Strafvollzugs vorgestellt ziale für die Deliktarbeit und generell für die Resozialisierung bieten Die In szenierung Tell vor Gericht unter der Regie von Annina Sonnenwald war Teil dieser theaterpädagogischen Arbeit Die Proben erstreckten sich über ei nen Zeitraum von vier Monaten Es wurden zwei Generalproben durchge führt wovon eine vor Mitinhaftierten erfolgte und eine vor externem Publi kum gefolgt von zehn Aufführungen vor externem Publikum innerhalb der Mauern des geschlossenen Vollzugs Elf Inhaftierte der Justizvollzugsan stalt Lenzburg und eine externe Dar stellerin haben von den Proben bis zur Dernière mitgewirkt Der Klassiker Wilhelm Tell von Friedrich Schiller wurde um Szenen vor Gericht erweitert Wilhelm Tell steht unter anderem wegen Begünsti gung Ungehorsam Gefährdung des Lebens und Mord vor Gericht Nach der Legende wurde vom Landvogt Gessler dessen Hut auf eine Stange ge steckt und den einheimischen Unter tanen befohlen diesen Hut jedes Mal zu grüßen wenn sie an ihm vorüber gehen Wilhelm Tell ein weithin be kannter Armbrustschütze verweigert den Gruß und der Vogt befiehlt ihm daraufhin einen Apfel vom Kopf sei nes Sohnes Walter zu schießen Sein Kind müsse andernfalls mit ihm ster ben Tell tut dies widerstrebend und trifft den Apfel Er wird gefragt wozu er sich einen zweiten Pfeil genommen hat und antwortet wenn er sein Kind getroffen hätte wäre dieser für den Vogt bestimmt gewesen Tell wird dar aufhin festgenommen kann jedoch fliehen und erschießt den Landvogt Gessler aus Rache Im Theaterstück wird Tells Handeln nach dem aktuellen Schweizer Strafgesetz begutachtet Die Zuschauer sollten am Ende des Stücks als Laienrichter fungieren und über Freispruch oder Verurteilung Wilhelm Tells entscheiden Untersuchungsdesign Als Rahmung und zum besseren Verständnis darüber wie mit Inhaftier ten ein Theaterstück erarbeitet wer den kann wurden sowohl Gespräche mit der Regisseurin und auch mit der Anstaltsleitung geführt Obwohl das Projekt Theater im Strafvollzug schon einige Jahre in der Vollzugsein richtung durchgeführt wird war die Hauptintention der Regisseurin sich als Künstlerin im Bereich Strafvollzug zu etablieren und dies in weiteren Strafanstalten auszubauen Die An staltsleitung implementierte dieses Angebot hauptsächlich deshalb um das Freizeitangebot der Inhaftierten zu erweitern Die Möglichkeiten die ein solches Angebot für die Tertiärprä vention boten wurden primär nicht fokussiert Um zu prüfen ob Theater pädagogik im Strafvollzug Potenzial für die Tertiärprävention bietet wur den qualitative Interviews mit den in haftierten Schauspielern und auch mit inhaftierten Zuschauern geführt Der Interviewleitfaden für die Dar steller des Theaterstücks widmete sich insbesondere den Erfahrungen die durch die Theaterarbeit gemacht wurden und wie diese durch die Be fragten bewertet wurden Weiter wur den Fragen zum Inhalt des Stücks ge stellt wie auch Fragen zum Thema Schuld Gerechtigkeit Handlungsalter nativen in Bezug zur Tat Einstellun gen zur Freiheitsstrafen Strafein stellungen Einstellungen zum Rechtssystem in der Schweiz und Wert orientierungen in Bezug zum Theaterstück Zuletzt sollten die Inter

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