10 forum kriminalprävention 4 2017 KULTURELLE BILDUNG UND PRÄVENTION viewpartner noch eine Reflexion zur eigenen Straftat vornehmen Insge samt konnten sieben Darsteller und fünf Zuschauer der Theaterinszenie rung für ein Interview gewonnen wer den Die Interviews wurden offen co diert wobei die Hauptkategorien durch die Struktur des Leitfadens vor gegeben waren und mit Blick auf Prä ventionsmöglichkeiten inhaltsanaly tisch ausgewertet wurden Ergebnisse die Perspektive der Inhaftierten Abwechslung und Weiterentwicklung Es zeigt sich für die inhaftierten Darsteller dass insbesondere das Erle ben des Haftalltages als monoton und langweilig erlebt wird und der damit verbundene Wunsch diesen Alltag zu durchbrechen ausschlaggebend für die Teilnahme am Theater ist Die meis ten Befragten schildern den monoto nen Haftalltag der fremdbestimmt ist und Zusatzangebote wie Krafttraining Fußball Billard oder den freien Auf enthalt auf den Haftabteilungen vorsieht Auffallend war die immer gleichbleibende Schilderung fester Ta gesstrukturen und meist begrenzter Kontingente für sportliche Angebote Die Möglichkeit beim Theater als Schauspieler mitzuwirken wurde be geistert aufgenommen und von den Inhaftierten auch als Chance gesehen sich und seine Fähigkeiten einzubrin gen Mirko ausländischer Inhaftierter Vor Theater war normale Leben hier Aber wenn ich habe diese Zettel diese Information gekommen In unser Zim mer für das Theater Ich habe sofort unterschrieben Weil ich habe ge dacht Probieren Weil ich war Kind Schule Ich war einmal in einem Kurs für Theater Und ich habe gern Theater Geben etwas Gutes Franz Man verändert sich Die jah relange Isolation und Abschirmung von der Außenwelt ist halt einfach cha rakterverändernd Nicht wirklich posi tiv Und deswegen ist es für jemand wie mich jetzt wo sich klar zum Ziel ge setzt hat so lange wie möglich im Kopf möglichst klar zu bleiben ist das eine sehr positive und eine konstrukti ve Erfahrung gewesen Franz beschreibt die Erfahrung als konstruktive Möglichkeit sich einzu bringen seine kognitiven Fähigkeiten einzusetzen die bei den übrigen Frei zeitangeboten nicht notwendig sind Das Theater wird als Herausforderung gesehen um den Haftalltag zu durch brechen mit anderen Personen au ßerhalb der Haftabteilung in Kontakt zu kommen und ein Stück Autonomie zu gewinnen Die Inhaftierten äußern zudem den Wunsch sich auch von ei ner anderen Seite zu zeigen sodass mehrere Facetten ihrer Persönlichkeit aufgezeigt werden können und von Personen von außerhalb auch wahr genommen werden Die übrigen In haftierten hatten die Möglichkeit bei einer Aufführung als Zuschauer dabei zusein und bestätigen die Möglichkeit der Unterbrechung der Gefängnisrou tine Michael Erstens war das eine Ab wechslung für den tristen Alltag hier drin Und ja es sind Kollegen die dort mitgespielt haben Und darum ging man das eigentlich anschauen Der Andrang vonseiten der Inhaf tierten bei der Aufführung zumindest als Zuschauer dabeisein zu können ist regelmäßig so groß dass die Anstalts leitung nur eine begrenzte Anzahl an inhaftierten Zuschauern zulässt und man sich vorab für einen Platz als Zu schauer anmelden muss Um auch hier die Chance nicht verstreichen zu las sen dieses Angebot nur als Freizeitak tivität zu nutzen könnte eine Teilnah me als Zuschauer dann gestattet werden sofern sich die inhaftierten Zuschauer dazu bereit erklären im Nachgang noch die Thematik im Rah men von Gruppendiskussionen zu ver tiefen Auch hier bieten sich Möglich keiten Bezüge zur eigenen Delinquenz und Auseinandersetzung mit Schuld und Strafe zu schaffen Reflexion der Delinquenz Die Inszenierung Tell vor Gericht greift die Erfahrungswelt der Inhaf tierten auf So werden die Themen Ge richtsverhandlung Verbrechen und Schuld angesprochen Am Ende des Stücks wurde das Publikum in die In szenierung involviert indem es als Lai enrichter über Tells Schuld abstimmen sollte Es wurde bei den Aufführungen zum überwiegenden Teil für den Frei spruch Tells gestimmt Unklar ist hier ob stellvertretend für die Leistung ab gestimmt wurde oder ob das Publi kum wirklich davon überzeugt war Tell träfe keine Schuld Einige der be fragten Inhaftierten schildern den Ein druck dass Tell freigesprochen wurde weil er als Schweizer Nationalheld gilt und aus diesem Grund die als heroisch betrachtete Figur von den Laienrich tern nicht verurteilt wurde Oftmals wird angeführt dass die Tat Tells im zeitlichen Kontext betrachtet werden müsse und auch Potenzial bietet de linquente Handlungen zu hinterfra gen Siggi Das ist was wo man halt wirk lich mal sagen kann okay du kannst es durchlesen und sagst das ist so aber du kannst auch tatsächlich dich hinset zen und damit auseinandersetzen und überlegen kann es auch anders gewe sen sein Ein Teil der inhaftierten Befragten beziehen bei ihrem Rechtsverständnis bzw ihrer Beurteilung von Tells Schuld Bildnachweis Theaterprojekt JVA Lenzburg

Vorschau DFK forum kp 04-2017 Seite 12
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