6 forum kriminalprävention 4 2017 KULTURELLE BILDUNG IM STRAFVOLLZUG ren individuelles Gewalt potenzial untersucht Je nach eingesetztem Fra gebogen war eine Reduktion der all gemeinen Symptomatik und insbe sondere der Symptomatik die mit Selbst oder Fremdgefährdung assozi iert wird mal nachweisbar mal nicht Ähnlich widersprüchlich fielen auch die Befunde der Studie von Koch et al 2015 aus die ein fünftägiges Intensiv training mit 47 Gefängnisinsassen untersuchten und die Daten aus Fra gebögen Tests Fokusgruppen und Bewegungsbeobachtung gewannen Zwar zeigten sich bei der Beantwor tung von Fragen zu Wut und Aggressi on keine signifikanten Unterschiede zwischen Behandlungs und Kontroll gruppe aber dafür positive Verände rungen bezüglich Körperwahrneh mung sozialer Kompe tenzen sowie Distanz gegenüber der eigenen Ag gression und der erlebten Nähe zur Gruppe und zum Trainer In der Aus wertung der Fokusgruppen zeigten sich ebenfalls positive Veränderung bei der Per spektivübernahme Emoti onserkennung und Empathie Eine der wenigen qualitativ ausge richteten Forschungsunternehmun gen führten Smeijsters Cleven 2006 durch Die Auswertung von Fragebö gen Interviews und Fokusgruppenge sprächen mit 31 Therapeuten ergab dass künstlerische Therapieformen im Strafvollzug Spannungsregulation Impuls kontrolle und Empathievermö gen steigern können Insbesondere tanz und bewegungs therapeutische Interventionen ermöglichten es den Klienten so das zentrale Untersu chungsergebnis unterdrückte Ag gressionen in einer sozial adäquaten Form auszudrücken und alternative Handlungsstrategien zu entwickeln Körperliche Dar stellungs formen för dern die Regulierung aggressiver Im pulse und schaffen Distanz um in der Folge individuelle kognitive Konstruk tionen in Bezug auf Aggression identi fizieren und reflektieren zu können vgl Smeijsters Cleven 2006 50 ff Auf der Basis einer ähnlichen Untersu chungsanlage evaluierten Smeijsters et al 2011 künstlerische Therapiefor men in der Arbeit mit jugendlichen Gewaltstraftätern Dabei stellte sich heraus dass künstlerische Therapie formen tendenziell den Fokus auf pro blematische Kerngebiete anstatt auf Pathologien ausrichten und dement sprechend eher die Ursachen als die Ausformung delinquenten Verhaltens thematisieren vgl Smeijsters et al 2011 44 f McAllister 2011 legte ihrer Unter suchung die These zugrunde dass Straftäter ein Defi zit in der Fähigkeit aufweisen sym bolische Räume aufzubauen Infol gedessen können sie innere Konflik te und Span nungslagen nicht aushalten son dern müssen sie körperlich aus agieren In Anleh nung an den sym bolhaften Übergangsraum Winnicott 1994 102 f versteht McAl lister den darstellenden Körper als Container der die Möglichkeit schafft eben solche emotionalen Spannungen auszuhalten und überhaupt erst mal zu thematisieren Als Effekte dieser symbolischen Verkör perung inner halb des dramathera peutischen Prozesses identifiziert McAllister 2011 153 ff eine erhöhte Therapiemotivation und eine größere Bereitschaft deliktspezi fische Details im therapeutischen Pro zess preiszu geben Auch nach Blatt 1996 567 f nutzen Straffällige die Bewegungspro zesse in tanz und bewegungstherapeuti schen Angeboten dazu sich über die symbolische Ebene des Nonverbalen auszudrücken und miteinander zu in teragieren Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Dalessi 1998 und Milliken 2002 die in dem Be wegungsprozess einen Schutzraum für die Straftäter sehen der es ihnen ermöglicht Wi derstände abzubauen und deliktspezi fische Themen zu bearbeiten Die de liktspezifischen Themen werden aktualisiert ohne dass das Delikt er neut begangen werden muss vgl Da lessi 1998 134 ff Die Straffälligen er langen über Bewegungsprozesse ein gesteigertes Körpergefühl für Balance und Kraft und entwickeln konstruktive Beziehungsformen und Verantwor tungsgefühl vgl Milliken 2008 18 ff Zusammenfassung der Ergebnisse und Anschlussperspektiven für die Wissenschaft Reiht man die Einzelbefunde der Untersuchungen aneinander so ha ben körper und bewegungsbasierte Angebote der kulturellen Bildung für inhaftierte männliche Straftäter offen bar positive Effekte auf deren Selbst wahrnehmung Selbstkontrolle und Empathievermögen Auch lassen sich zunehmende Öffnungsprozesse wäh rend der Interventionen beobachten sodass Reflexionsprozesse häufig ebenfalls in Gang kommen Ähnlich wie in anderen Handlungsfeldern kul tureller Bildung wo die Forschungs zugänge durch eine starke Wirkungs orientierung geprägt sind vgl van Rießen van den Brink 2015 ist auch bei den Studien zu kulturellen Bil dungsangeboten im Strafvollzug eine Ausrichtung auf standardisierte und hypothesengeleitete Methoden zu er kennen Die Untersuchungen die überwiegend im angelsächsischen Raum durchgeführt wurden und Wirk samkeitsnachweise von künstlerisch und kunsttherapeutisch ausgerichte ten Projekten mit männlichen Straftä tern erbringen sollten setzten in der Mehrzahl rechtspsychologische Ver fahren ein Dabei wurden standar disierte Fragebögen mit erprobten Skalen jeweils vor und nach der Inter vention sowohl den teilnehmenden Strafgefangenen als auch einer Kon trollgruppe vorgelegt Dies eröffnet zwar Vergleichsmög lichkeiten zwischen den Studien aber es können so nur solche Annahmen be oder widerlegt werden die bereits vor der Untersuchung aufgestellt wurden Bislang unbekannte Einfluss faktoren Wirkungszusammenhänge oder Entwicklungsprozesse können dadurch nur schwer aufgespürt und systematisiert werden Erst mithilfe einer methodischen Perspektivenviel falt kann ein umfassendes Bild davon gewonnen werden welche Prozesse bei Strafgefangenen angestoßen wer
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie
hier um zur Online-Version zu gelangen.