19forum kriminalprävention 1 2018 HÄUSLICHE GEWALT duelle Biografie und Migrationsge schichte erschweren es den betroffe nen Migrantinnen in Deutschland häufig sich bei häuslicher Gewalt oder auch bei Zwangsverheiratung in ihrer Betroffenheit sowohl in der Öffent lichkeit als auch gegenüber staatli chen Institutionen zu äußern und strafbare Gewalt anzuzeigen Chant ler et al 2009 was bei Betroffenen wiederum zu erhöhten psychosozia len Stressoren führen kann Ob Be troffene Hilfe finden hängt stark von ihren sozialen Netzwerken ab In den meisten Fällen sind es Freunde und Freundinnen die versuchen sie durch ihr Netzwerk in die Beratungsstellen oder sogar zur Polizei zu bringen Eine psychotherapeutische Behand lung ist in der Phase der akuten Ge waltanwendung und Suche nach Hilfe sekundär da es zunächst um die Ge sundheit und um Sicherheit und Schutz geht Aufgrund der Datenlage und unse rer Erfahrung mit häuslicher Gewalt bei Menschen mit einem Migrations hintergrund sollten kulturspezifische Aspekte in der Beratung Betreuung und Behandlung von Opfern sowie bei ihrer Gefährdungseinschätzung be rücksichtigt werden Diese haben wir nachfolgend zusammengestellt Grundsätzlich gilt Edukative Maß nahmen und Informationen über se xuellen Missbrauch Gewalt Präventi on und Intervention müssen der Herkunftskultur der Klientinnen Klien ten angepasst und zur Verfügung ge stellt werden Berücksichtigung kulturspezifischer Aspekte Soziale Aspekte Sprachliche Verständigungsprobleme barrieren Bestellung von Dolmet schern Dolmetscherinnen und Be zahlung durch die Krankenkassen kulturell bedingte Unterschiede z B Rolle der Familienmitglieder in kollektiven Gesellschaften Gewalt und Kultur migrationsspezifische psychologi sche Probleme z B Generationen konflikte Integration Unkenntnis der besseren Rechts stellung in Aufnahmegesellschaften z B Bereitstellung von Wohnraum finanzielle Unterstützung juristi scher Schutz von Betroffenen Unterstützung der Familienzusam menführung vor allem wenn es um Kinder geht die noch im Herkunfts land oder in einem anderen Land ei ner kriegerischen oder strukturellen Bedrohung und Gewalt ausgesetzt sind Allgemeine Versorgungsstrukturen Frühzeitige Erstfeststellung vulne rabler Klientinnen Klienten z B bei Geflüchteten bereits in den Unter künften durch Sozialarbeitende psychosoziale Basisangebote Bera tung niederschwellige Angebote Psychotherapie und Beratungsan gebote durch Personen mit speziel len Kenntnissen muttersprachlich ausgebildete Be rater innen Behandler innen Durchführung einer kulturspezifi schen Diagnostik psychiatrische und psychosomati sche Kliniken mit ausreichender transkultureller Kompetenz z B für traumatisierte Betroffene Gefährdungseinschätzung des Opfers Allgemein z B Erarbeitung einer Problemanalyse Verständigung auf gemeinsame Oberziele und Teil schritte Umsetzung und laufende Überprüfung der Teilschritte Erar beitung aller Schritte und Maßnah men klare Rollen und Aufgabenver teilung etc Eltern und Herkunftsfamilie z B Heirat der Eltern Schuldbildung häusliche und strukturelle Gewalt Aufenthalt in Deutschland Ver wandtschaft und deren Beziehung in Deutschland und Herkunftsland Tätigkeit der Eltern Familienstruktur z B Rolle der ein zelnen Mitglieder in der Familie Ein fluss der Großfamilie im Aufnahme land und Herkunftsort Verbindung zur einer Sippe oder Stamm im Her kunftsland Sippen und Familien fehden mit anderen Familien im Auf nahme und Herkunftsland Ge schlechtertrennung häusliche Ge walt Missbrauch etc in der Vergan genheit Gewalt durch Vater Mutter Geschwister Zwangsverheiratung traditionelle Heirat freiwillige Hei rat Heirat mit Verwandten in der Fa milie z B Cousin und Cousine Be ziehung der Eltern zu anderen Ethnien und religiösen Gruppen etc Religion z B Ausübung der Religi on Stellung der Religion im Alltags leben Besuch von Gebetshäusern Besuch des Vaters oder anderer männlicher Mitglieder an bestimm ten Tagen in den Gebetshäusern Werden bestimmte Feiertage einge halten Mitgliedschaft Aktivitäten in religiösen Vereinen und Verbän den Kleidungsvorschriften Ehre z B Gespräch über die soge nannte Ehre in der Familie sexuel le Aufklärung durch Eltern Ver wandte Kleidungsvorschriften ge schlechtsspezifisches Verhalten und Vorschriften Hierarchie in der Fami lie und besonders unter den Ge schwistern außerfamiliäre Bezie hungen Freund Freundin erlaubt Freunde aus anderen Ethnien und Religionen Besuch des Freundes bzw der Freundin im Haus Woh nung der Eltern Ausgehen auf Ver anstaltungen etc Unterstützung z B Geschwister Verwandte Freunde Institutionen wie Moscheegemeinden Vereine Verbände Vermittler etc Fazit Frauen mit Migrationshintergrund insbesondere aus traditionellen Gesell schaften und Geflüchtete sind häufi ger Opfer häuslicher Gewalt Hier müs sen im Austausch mit den Betroffenen auf Basis erprobter internationaler Verfahren der Konfliktbearbeitung die Präventionsstrategien ansetzen Prävention im Kontext von Migrati on und Flucht umfasst über allgemei ne Präventionsstrategien hinaus Einsatz für Frauenrechte Mobilisierung von Migrantenorgani sationen die sich für ein demokrati sches und gleichberechtigtes Leben einsetzen Initiativen von Geflüchteten aufgrei fen gemeinsames Mobilisieren gegen Kriminalisierung von Migranten auf grund ihrer Herkunft und Religion klare Ablehnung jeglicher Form von Gewalt Vernetzung professioneller und eh renamtlicher Arbeit auch unter Ein bezug migrantischer Selbstorgani sationen vgl Goltz 2015 Prävention und Intervention wer den geprägt durch eine kultursensi ble Haltung und eine Orientierung am jeweiligen Individuum durch einen Zugang über einfache Sprache Dol metscher und Multiplikatoren möglich gemacht Groß 2008 Kultursensibilität und Qualifizie rung von Fachkräften auf regionaler Ebene können die Hemmschwelle für Betroffene senken sich aktiv Unter stützung zu suchen

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