8 forum kriminalprävention 2 2018 EXTREMISMUSPRÄVENTION scher Motivation und Kontur Für eine Deradikalisierung radikaler Demokra tievorstellungen oder auch radikaler religiöser Überzeugungen hat die auf sie gerichtete Arbeit von Institutionen und Einrichtungen keinen gesell schaftlichen Auftrag So wie Radikalisierung an sich kein Prozess ist der zwangsläufig mit Ge walt verbunden sein muss stellt sich auch Deradikalisierung solchen inhalt lichen Zuschnitts nicht als eine beson dere Form der Antigewaltarbeit dar Arbeit an Gewaltakzeptanz kann Teil der Deradikalisierungsarbeit sein Um fassender aber ist sie darauf gerichtet un und antidemokratische Bestre bungen in die Schranken zu verweisen und zurückzudrängen Deshalb er schöpft sie sich auch nicht in Arbeit mit dem Ziel von Demobilisierung oder Disengagement vgl auch Köhler 2016 Soweit radikale Bestrebungen Straftaten beinhalten oder ihnen ge genüber Gefahrenabwehr angezeigt ist ist Deradikalisierungsarbeit Aufga be der Justiz und der Polizei Soweit die freiheitlich demokratische Grund ordnung gefährdet erscheint fallen sie gegenwärtig auch in den Zustän digkeitsbereich des Verfassungs schutzes Arbeit an Gesinnungen schließen diese Mandatierungen je doch ausdrücklich nicht ein sodass sicherheitsbehördliche Aufgaben der Deradikalisierung auf Demobilisie rung im Sinne eines Unterbindens jus tiziabler Gewaltstrategien sowie sons tiger Straftatenbegehungen und auf die Erzielung einer Distanzierung von antidemokratisch radikalen Perso nenzusammenschlüssen beschränkt sind Meinungen Ansichten Einstel lungen Überzeugungen und andere Formen von Orientierungen unterlie gen allerdings auch generell solange nicht den Aufgabenstellungen päda gogischer und sozialer Arbeit wie sie tolerierbar sind Dies ist der Fall so weit sie nicht selbst und oder sozial schädigend sind Pädagogische Deradikalisierungsarbeit Pädagogische bzw sozialarbeiteri sche Deradikalisierungsarbeit fängt demnach dort an wo verlässliche Hin weise darauf vorliegen dass undemo kratische oder antidemokratische In tentionen und Praktiken verfolgt werden die die Integrität und Freiheit anderer gefährden bzw schon unmit telbar schädigen oder ihre Akteure selbst in Mitleidenschaft ziehen Damit setzt pädagogische bzw sozialarbei terische Deradikalisierungsarbeit un ter Umständen in einem früheren Stadium ein als die Deradikali sierungs bestrebungen der Sicherheitsbehör den Umso sensibler hat sie einerseits mit den Daten derer sie dabei gewahr wird andererseits mit dem Vertrauen umzugehen dass ihnen seitens der Klientel entgegengebracht wird Unter Gesichtspunkten ihrer Prä ventionsfunktion und zeitlichen Ein ordnung folgt daraus dass Deradikali sierung nicht primärpräventiv und universell aufgestellt ist sondern ge zielt ihren Schwerpunkt im tertiärprä ventiven indizierten Bereich hat aber durchaus auch selektiv sekundärprä ventiv tätig wird hier allerdings meist eher in späten Stadien der Entwick lung demokratieinkompatibler Radika lität im Falle von Deradikalisierungs angeboten im Strafvollzug etwa dann wenn sich auf eigene Ansichten verab solutierende Islamdeutungen rechts extreme Auffassungen oder andere Formen von Extremismus bezogene Radikalisierungsprozesse erst in Haft entwickeln und sie sich konsolidieren oder gar fundamentalisieren Dabei kann sie direkte personenzentrierte und indirekte nämlich sozialsystem fokussierende Strategien Letztere etwa bei der Arbeit mit Umfeldperso nen verfolgen Adressatengruppierungen von Deradikalisierungsarbeit Insofern Deradikalisierung logisch einen gewissen im Einzelfall unter Umständen jeweils unterschiedlich ausfallenden Grad an Radikalisierung voraussetzt sind ihre Adressaten gruppierungen nicht nur irgend wie allgemein und vermutlich Gefährdete sondern in einem ersten Zugriff wie folgt einzuteilen Affinisierte Im Affinisierungsprozess werden bis dahin mehr oder weniger unver bunden nebeneinander stehende Motive Gestimmtheiten Orientie rungen und Absichten im Rahmen neu erworbener realweltlicher Ge meinschafts und oder virtueller Internet Kontakte zunehmend ge bündelt auf Dauer gestellt und sys tematisiert Der Affinisierung wird in einem stetigen und mehr oder minder kontinuierlich verlaufenden Deutungs und Aushandlungspro zess mit ähnlich Orientierten aus dem einschlägigen Szenekontext individueller und sozialer Sinn ver liehen An die Stelle bis dahin oft noch vorherrschender allgemeiner Identifikationen tritt also zuse hends die konkrete Assoziation also die unmittelbare personelle über Verhalten und Handeln repro duzierte und auch daher sinnlich erfahrene Einbindung Konsolidierte Konsolidierung umschreibt eine Festigung jener Gestimmtheiten und Verhaltensweisen die im Pro zess der Affinisierung über bzw eingenommen wurden und sich im Laufe der Zeit also prozesshaft so weit verdichten und gegenüber Al ternativen abschotten dass sie nach und nach zu bestimmenden Orientierungen und Verhaltens mustern werden Zwar ist es letzt lich unmöglich einen konkreten Zeitpunkt festzulegen ab dem nicht mehr von Affinisierung son dern von Konsolidierung gespro chen werden kann Es sind aller dings einige Faktoren benennbar deren Vorhandensein die Kenn zeichnung als Konsolidierung er laubt Als erstes Kriterium kann die subjektive Einschätzung der Betrof fenen gelten Eine konsolidierte Orientierung besteht danach dann wenn die Zugehörigkeit zum extre mistischen Orientierungs Verhal tens und ggf auch Organisations spektrum in der eigenen Wahr nehmung als gesichert gilt Das subjektive Gefühl gesicherter Zuge hörigkeit berührt dabei nicht nur alltagspraktische sondern auch in haltliche Aspekte und ihre jeweili gen Verknüpfungen Von Konsoli dierung ist in diesem Sinne dann sinnvoll zu sprechen wenn Mentali täten Gestimmtheiten und Stim mungen beobachtbar in Einstellun gen umschlagen und diese mit ideologischen Versatzstücken ge festigt werden dies können Ein stellungen sein die nicht unmittel bar mit einer bestimmten Aktivi tätsorientierung korrelieren also eher kognitiv weltanschauliche verfasste Denkmuster sind oder Einstellungen die direkt mit einem bestimmten Verhalten bzw Han deln in Verbindung stehen Es geht in den meisten Fällen nicht nur um die Be und Verfestigung von indivi duell vollzogenen und subjektiv als sinnvoll empfundenen Deutungs und Handlungsmustern und um

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