19forum kriminalprävention 2 2018 EXTREMISMUSPRÄVENTION Hintergrund Die salafistische Szene in Deutsch land gilt als die am schnellsten wach sende Strömung innerhalb des Spek trums islamistischer Gruppierungen Mit Stand vom Dezember 2017 rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz BfV in Deutschland etwa 10 800 Per sonen dem Salafismus zu im Vergleich zu ca 3800 Personen im Jahr 2011 Der Anteil der gewaltbereiten Salafis ten kann vom BfV derzeit nicht bezif fert werden Das Landesamt für Ver fassungsschutz Nordrhein Westfalen LfV NRW schätzt etwa ein Viertel der 3000 Szeneangehörigen in NRW als gewaltbereit ein Als sogenannte isla mistische Gefährder 1 also Personen bei denen die Sicherheitsbehörden annehmen dass sie politische Strafta ten von erheblicher Bedeutung bege hen könnten gelten laut Bundeskrimi nalamt Stand Mai 2018 bundesweit 761 Personen 726 Männer 35 Frauen Aufgrund dieser Entwicklung ist die Prävention islamistischer Radikalisie rung eine langfristige Aufgabe die nur mittels vielfältiger Anstrengungen al ler relevanten staatlichen und gesell schaftlichen Akteure zu bewältigen ist Im Neun Punkte Plan der Bundes kanzlerin von 20162 wurde auf die Not Entwicklung von Evaluationskriterien in der Extremismusprävention Ein Multi Methoden Projekt zur Erfassung von Indikatoren Risiko und Schutzfaktoren islamistischer Radikalisierung Simone Ullrich Mitra Moussa Nabo Inga Nehlsen Marlen de la Chaux Seit April 2017 wird am Nationalen Zentrum für Kriminalprävention NZK das Projekt Entwicklung von Evaluationskriterien in der Extremismusprävention EEE bearbeitet Das Projekt besteht aus zwei Modulen Ziel von Modul 1 ist die Konzeption geeigneter Instrumente zur Prüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen im Bereich der Islamismusprävention Diese Instrumente werden dann in Modul 2 hinsichtlich Güte und Praxistauglichkeit geprüft Das Projekt wird finanziert vom Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat und Ende 2019 zum Abschluss kommen wendigkeit verstärkter Forschung im Bereich Radikalisierung hingewiesen u a ist das Ziel der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung präventiver und demokratiefördernder Maßnah men und Strukturen durch kontinuier liche und kritische Evaluation formu liert In einem erweiterten Sinne kann Evaluation verstanden werden als jeg liche Form der Bewertung eines Ge genstandes oder einer Maßnahme Evaluationen sind in vielen gesell schaftlichen Teilbereichen fest eta bliert Evaluation im Hinblick auf die Feststellung einer quantifizierbaren Wirksamkeit im Sinne einer summati ven Bewertung fokussiert die kausa len Wirkzusammenhänge einer Maß nahme Dies bringt hohe methodische Anforderungen mit sich In einer Studie des Bundeskriminal amts Forschungs und Beratungsstel le Terrorismus Extremismus Gruber Lützinger 2017 wurden in den Jahren 2014 und 2015 bundesweit 103 Projek te im Bereich der Islamismuspräventi on erfasst Dies entspricht 14 der Gesamtmenge aller erfassten Extre mismus Präventionsprojekte und es ist zu vermuten dass diese Zahl in den Folgejahren noch weiter angestiegen ist Hinsichtlich der Wirksamkeit sol cher Maßnahmen liegen jedoch nur wenige wissenschaftliche Erkenntnis se vor In einer vom NZK publizierten Übersichtsarbeit zu den Effekten von Maßnahmen zur Prävention islamisti scher Radikalisierung Armborst Ko ber 2017 siehe auch Kober in dieser Ausgabe die etwa denselben Zeit raum wie die Studie des BKA abdeckt konnten nur sieben Maßnahmen iden tifiziert werden zu denen acht öffent lich zugängliche Evaluationsberichte verfügbar waren Aufgrund dieser Be richte können jedoch keinerlei belast bare Rückschlüsse gezogen werden inwieweit diese Maßnahmen einen Ef fekt auf islamistische Radikalisierung haben d h ob diese Maßnahmen wie intendiert Radikalisierungsprozesse verhindern aufhalten oder rückgän gig machen können Zur Prüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen wurde lange Zeit ein kon trollgruppenbasiertes Design favori siert siehe Abbildung 1 Diese Metho dik erfordert a eine wiederholte Messung des Radikalisierungsgrades einer Person vor und nach der Maß nahme Intervention um überhaupt eine Aussage treffen zu können ob eine Veränderung stattgefunden hat Da weiterhin der Nachweis erbracht werden muss dass diese mögliche Veränderung auch wirklich auf die Maßnahme zurückführbar ist und nicht auch ohne diese stattgefunden hätte ist b die wiederholte Untersu chung einer weiteren Personengrup pe erforderlich die nicht an dieser Maßnahme teilgenommen hat Wenn sich nun deutliche Veränderungen in der Interventionsgruppe zeigen die in der Kontrollgruppe nicht beobachtbar sind ist dies ein erster Indikator von Wirksamkeit Um darüber hinaus aus 1 Der Begriff Gefährder entstammt der polizeifachlichen Terminologie und findet Anwendung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität 2 https www bundesregierung de Content DE Artikel 2016 07 2016 07 28 bundeskanzlerin sommerpresse konferenz html

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