20 forum kriminalprävention 2 2018 EXTREMISMUSPRÄVENTION schließen zu können dass beobacht bare Veränderungen im Radikalisie rungsgrad der Interventionsgruppe nicht auf Merkmale zurückzuführen sind die viele Personen in dieser Grup pe teilen z B eine ausgeprägte Ände rungsmotivation und die von der Kontrollgruppe nicht geteilt werden müssen c Personen zufällig der Maß nahmen und der Kontrollgruppe zu gewiesen werden Nur dann können mögliche Veränderungen des Radikali sierungsgrades in der Interventions gruppe auf die Wirksamkeit der Maß nahme zurückgeführt werden Diese Methodik ist jedoch nicht ohne Weiteres auf die Evaluation der Wirksamkeit von Projekten in der Isla mismusprävention anzuwenden Im Bereich der universellen Prävention scheint dies noch am ehesten möglich zu sein Das Problem hierbei ist je doch dass das Nicht Eintreten eines negativen Ereignisses als Effekt der Maßnahme gewünscht ist d h der Entwicklung islamistischer Radikalisie rung per se vorgebeugt werden soll Im Bereich der selektiven und insbe sondere der indizierten Prävention Deradikalisierung spielen ethische Überlegungen eine wesentliche Rolle so z B die Frage ob zur Bildung einer Kontrollgruppe Personen mit teilwei se substanziellem Radikalisierungs grad eine Maßnahme wenn auch nur temporär vorenthalten werden kann Dies mögen Gründe sein warum Eva luationen zur Wirksamkeit von Maß nahmen in der Islamismusprävention nur unzureichend vorhanden sind Dementsprechend sollte der Einsatz alternativer Methoden in Erwägung gezogen werden und Anspruchshal tungen hinsichtlich des Nachweises der Wirksamkeit von Maßnahmen kri tisch hinterfragt werden In diesem Kontext sei auf den Realist Approach hingewiesen Pawson Tilley 1997 der anstatt nur zu fragen ob etwas funktioniert die Frage Was funktio niert für welche Zielgruppen und unter welchen Bedingungen in den Mittel punkt stellt Indikatoren von Radikalisierung eine systematische Literatur recherche Da insbesondere Maßnahmen der selektiven und indizierten Prävention das Ziel haben Radikalisierungspro zesse anzuhalten und oder rückgän gig zu machen lässt sich deren Erfolg über eine Stagnation Abnahme dyna mischer d h veränderbarer Indikato ren von Radikalisierung messen Der artige Kriterien sind zahlreich in der nationalen und internationalen Litera tur beschrieben und Paul Gill 2016 p 187 bemerkt treffend Das erste Pro blem liegt in der schieren Anzahl ver muteter Radikalisierungsindikatoren die in der Literatur im Überfluss vor handen sind Manchmal scheint es dass es mehr Indikatoren gibt als tat sächliche Terroristen im Inland3 Um einen Überblick über bestehen de Instrumente und Indikatoren von Radikalisierung zu erhalten wurde für das Projekt EEE in einem ersten Schritt nach in der Praxis angewand ten Instrumenten sowie nach ein schlägigen wissenschaftlichen Studi en recherchiert und die Ergebnisse systematisch zusammengefasst Nach mehrstufiger Prüfung von über 450 Ergebnissen verblieben 32 Studien bzw Instrumente die für unsere Zwe cke als relevant genug befunden wur den um in die Übersicht aufgenom men zu werden Als wenig relevant erachtet wurden z B reine Über sichtsarbeiten die keine neuen Instru mente zutage förderten oder Studien die sich nicht spezifisch auf religiös begründeten bzw islamistischen Ext remismus bezogen definiert Zu 28 dieser 32 Studien Instrumente konn ten die einzelnen Indikatoren extra hiert werden z B Befürwortung von Gewalt oder Bedürfnis nach Zugehö rigkeit sodass sich insgesamt ca 650 Indikatoren ergaben Diese wurden zunächst in übergeordnete grobe Themenkomplexe z B Gewalt Ideologie soziale Dimension sor tiert Im nächsten Schritt wurden im Konsensverfahren Überlappungen einzelner Indikatoren identifiziert in haltlich synonyme Indikatoren zusam mengefasst und die Struktur d h Ka tegorien und Unterkategorien überarbeitet und verfeinert Mittels dieses Prozedere wurden bislang drei breite Themengebiete definiert Ideo logisierung Fundamentalisierung Dschihadismus identitär psychologi sche Dimension Gewalt und die An zahl der Radikalisierungskriterien nach Zusammenfassung aufgrund von Überlappungen deutlich reduziert Entwicklung von Evaluations kriterien in der Islamismusprä vention ein qualitativer Ansatz Um nicht zuletzt die Akzeptanz der Radikalisierungsindikatoren und der daraus resultierenden Instrumente bei den relevanten Akteuren im Alltag zu erhöhen sowie deren Anwendbar keit in der Präventationslandschaft zu gewährleisten wurde im Projekt EEE ein partizipativer Forschungsansatz ausgewählt Von Anbeginn wurden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Islamismusprävention mit einbe zogen Für das Gesamtprojekt wurde eine multi methodische Vorgehens weise gewählt d h sowohl qualitati ve als auch quantitative Ansätze kom men zur Anwendung Zur Generierung von Radikalisie rungsindikatoren und für die Zwecke der begrifflichen Klärung des Untersu chungsgegenstands Radikalisierung wurden Fokusgruppen und Experten interviews mit einer Auswahl an Praktikerinnen und Praktikern aus dem Bereich der Islamismuspräventi on vorgenommen qualitative Metho dik Eine Fokusgruppe stellt eine mo derierte Form der Gruppendiskussion dar die sich an einem Leitfaden orien tiert und deren Ziel es ist die thema tisch relevanten Wissensbestände der Teilnehmerinnen und Teilnehmern systematisch zu erfassen Die Inter views mit den Expertinnen und Exper ten wurden anhand desselben Leitfa dens durchgeführt Der Begriff der Radikalisierung und die Beschreibung von Indikatoren die ses Prozesses kommen in den unter 3 Anmerkung Wörtliche Übersetzung der Autoren Abb 1 Randomisiertes kontrollgruppenbasiertes Design

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