29forum kriminalprävention 3 2018 RAUMBEZOGENE PRÄVENTION beim Delikt Wohnungseinbruchdieb stahl beispielsweise das Wohnquartier darstellen wenn im Rahmen von Pre dictive Policing die zielgerichtete In terventionsplanung im Fokus steht Wohnquartiere bilden die dem Delikt feld inhärenten Tatgelegenheitsstruk turen ab und stellen zugleich aus städtebaulicher Perspektive eine ge eignete kleinräumige Analyseeinheit für Kriminalprävention dar vgl Abt Schröder 2017 42 Neben dem Wohn quartier scheint auch die Betrachtung einzelner Straßenabschnitte soge nannter Mikrosegmente großes Po tenzial für kriminalpräventive Ansätze zu besitzen vgl Weisburd et al 2012 da auch erste Auswertungen für Nord rhein Westfalen gezeigt haben dass die Kriminalitätsbelastung sogar zwi schen einzelnen Straßenabschnitten eines Wohnquartiers stark variieren kann vgl Seidensticker 2017 Im Rahmen einer Prognose von Ein bruchdiebstahl aus Gewerbeobjekten könnten sich Wohnquartiere dagegen als weniger geeignet erweisen da sich die Tatgelegenheitsstruktur an ande ren Umständen orientiert Hierdurch zeigt sich dass die Definition der räumlichen Bezugsgröße entschei dend vom Delikt abhängt und im Vor feld eine Deliktanalyse notwendig macht Diese Analyse muss demzufol ge die räumlichen Kontextfaktoren des jeweiligen Deliktes miteinbezie hen Führt die Deliktanalyse zur Defini tion einer geeigneten räumlichen Be zugsgröße muss diese im Rahmen der Modell und Prognoseerstellung be rücksichtigt werden und kann als Ori entierungsrahmen zu einem erweiter ten Verständnis von Sicherheitsarbeit beitragen sodass zielgerichtete Krimi nalprävention möglich wird Potenzial von räumlichen Bezugsgrößen für die Kriminalprävention Stellt sich beispielsweise das Wohn quartier als geeignete Bezugsgröße für ein bestimmtes Deliktfeld heraus gilt es die in den einzelnen Quartieren vorhandenen Merkmale näher zu be trachten Ist ein Wohnquartier zum Beispiel durch eine hohe Dichte von älteren Mehrparteienhäusern gekenn zeichnet bietet es sich konsequenter weise an die kriminalpräventiven Be mühungen gezielt an diesen Merkmalen auszurichten Gleiches gilt für die dort vorherrschende Alters oder Einkommensstruktur welche je weils eigene präventive Empfehlun gen und polizeiliche Maßnahmen notwendig macht Damit werden auch polizeiliche Aktivitäten nicht mehr ausschließlich auf den Täter und seine Handlungen ausgerichtet sondern orientieren sich zudem an einer räum lichen Komponente welche auch die Lebenswirklichkeit der potenziellen Opfer und deren Vulnerabilität in das polizeiliche Konzept einbezieht vgl Frevel 2017a 94 f Mit Fokus auf die Polizei liegt zudem das Potenzial ge eigneter räumlicher Bezugsgrößen darin das polizeiliche Selbstverständ nis positiv beeinflussen und Commu nity Policing noch stärker innerhalb der polizeilichen Strukturen etablie ren zu können So kann es in diesem kleinräumigen Kontext eher gelingen die Wirkung polizeilicher Maßnahmen wie z B einer Fußstreife zu erhöhen und der Polizei dadurch zu mehr Wert schätzung und Akzeptanz zu verhel fen vgl Ratcliffe et al 2011 Aber auch die Konzeption Umsetzung und Steu erung kooperativer Sicherheitsarbeit wird durch geeignete räumliche Be zugsgrößen positiv beeinflusst vgl Frevel 2017b Zu ähnlichen Befunden kommt eine Studie des LKA NRW die eine Notwendigkeit in der Ausrich tung der Kriminalprävention an grup penspezifischen Bedingungen sieht vgl LKA NRW 2006 74 Die trennschar fe Abgrenzung solcher Bedingungen ist dabei eher im Kontext einer klein räumigen Betrachtung möglich Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen dass im Rahmen von Umsetzungen der Methode Predictive Policing und darauf aufbauenden Interventions maßnahmen die geeignete Anpassung räumlicher Bezugsgrößen an das je weilige Deliktfeld zu erfolgen hat Mit der Erstellung und Anpassung räumli cher Bezugsgrößen an die realen Ge gebenheiten des jeweiligen Raumes lässt sich Kriminalprävention zielge richteter durchführen Das Potenzial räumlicher Bezugsgrößen für die Prä vention im Zusammenhang mit Pre dictive Policing Umsetzungen wird hierdurch deutlich Folgt man zudem der Annahme dass sich Kriminalität nicht willkürlich im Raum verteilt son dern stark am räumlichen Kontext ori entiert können darauf aufbauende kriminalpräventive Maßnahmen zu ei ner tatsächlichen Reduktion von Kri minalität und nicht nur zu einer Ver drängung auf andere Räume führen vgl Bernasco Block 2009 Weisburd Telep 2014 Dr Felix Bode und Kai Seidensticker sind Mitarbeiter der kriminalistisch kriminologischen Forschungsstelle des LKA NRW Kontakt Felix Bode polizei nrw de Kai Seidensticker polizei nrw de Literatur Abt J Schröder A 2017 Kriminalprävention im Städ tebau transdisziplinäre Sicherheitsstrategien für Po lizei Wohnungsunternehmen und Kommunen In Stadtbauwelt Heft 213 S 40 47 Bernasco W Block R 2009 Where Offenders Choose to Attack A Discrete Choice Model of Robberies in Chi cago In Criminology 47 1 S 93 130 Frevel B 2017a Bürgerorientierte Sicherheitsarbeit in verletzlichen Quartieren In Kopke C Kühnel W Hrsg Demokratie Freiheit und Sicherheit Fest schrift zum 65 Geburtstag von Hans Gerd Jaschke Ba den Baden Nomos S 85 104 Frevel B 2017b Plural Policing Sicherheitsarbeit durch Kooperation In Stierle J Wehe D Siller H Hrsg Handbuch Polizeimanagement Wiesbaden Springer Gabler S 1073 1093 LKA NRW 2006 Individuelle und sozialräumliche De terminanten der Kriminalitätsfurcht Sekundäranalyse der Allgemeinen Bürgerbefragung der Polizei in Nord rhein Westfalen Kriminalistisch Kriminologische For schungsstelle Forschungsbericht Nr 4 Düsseldorf Nonnenmacher A 2013 Zur Nachweisbarkeit von Kontextfaktoren der sozialräumlichen Umgebung In Oberwittler et al Hrsg Städtische Armutsquartiere Kriminelle Lebenswelten Wiesbaden Springer VS S 293 320 Oberwittler D 2013 Wohnquartiere und Kriminalität Überblick über die Forschung zu den sozialräumli chen Dimensionen urbaner Kriminalität In Oberwitt ler et al Hrsg Städtische Armutsquartiere Kriminel le Lebenswelten Wiesbaden Springer VS S 45 95 Park R Burgess E McKenzie R 1925 The City Chi cago University of Chicago Press Ratcliffe J H Taniguchi T Groff E R Wood J D 2011 The Philadelphia Foot Patrol Experiment A Ran domized Controlled Trial of Police Patrol Effectiveness in Violent Crime Hotspots In Criminology 49 3 S 795 831 Seidensticker K 2017 Kriminalität in Mikrosegmen ten Ergebnisse einer Auswertung für Essen und Mülheim an der Ruhr In forum kriminalprävention 4 S 26 31 Stoffel F Bode F Keim D 2017 Qualitätsmetriken im Bereich Predictive Policing Die Variabilität und Vali dität von Trefferraten In Polizei Wissenschaft 4 S 2 15 Weisburd D Telep C W 2014 Police and the Micro geography of Crime Scientific Evaluations on the Ef fectiveness of Hot Spots and Places Washington IADB Weisburd D Groff E R Yang S M 2012 The Crimi nology of Place Street Segments and Our Understan ding of the Crime Problem Oxford OUP

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