40 forum kriminalprävention 3 2018 VERANSTALTUNGEN Wie wird die kommunale Präven tionsarbeit vonseiten der Landes und Bundesregierung unter stützt Und was bräuchten Städte noch Die Landschaft der sicherheits politischen Akteure hat sich in den vergangenen Jahren sehr ausdiffe renziert Neben den öffentlichen Einrichtungen und der Verwal tung den Strafverfolgungs und Justizbehörden leisten heute auch private Sicherheitsdienstleister sowie zivilgesellschaftliche Initiativen Verei ne und Institutionen wichtige Beiträ ge zur urbanen Sicherheit Dazu kommt die Forschung die insbeson dere für die Innovation und die Evalu ierung eine wichtige Rolle spielt Die Politik auf Bundes und Landesebene muss heute die Rahmenbedingungen dafür schaffen dass all diese Akteure produktiv zusammenarbeiten können um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten Wir brauchen dringend eine Präventionsstrategie der Bundes regierung die die Rolle der Kommu nen anerkennt Förderzyklen von drei Jahren oder sogar weniger sind im Be reich der Prävention und Sicherheit wenig hilfreich Auch da könnte eine mit allen Ressorts abgestimmte Prä ventionsstrategie auf Bundesebene entgegenwirken Ich würde mir wün schen dass Kommunen auch inhalt lich entlastet würden zum Beispiel durch die Stärkung von Präventions gremien auf Landesebene die Kom munen beraten und konkret mit Mate rialien zu aktuellen Themen etc unterstützen Das läuft nicht in allen Bundesländern gleich gut und in Bay ern haben wir gar kein Präventions gremium auf Landesebene Wie haben die Terrorangriffe in europäischen Städten der letzten zehn Jahre Ihre Arbeit verändert Wie können Städte den damit verbunde nen Herausforderungen begegnen Die Abwehr von terroristischen An schlägen ist keine originäre Aufgabe der Städte Insbesondere die finanziel len Belastungen z B Sicherung von Großveranstaltungen dürfen nicht auf die Städte abgewälzt werden Die Prä vention von Radikalisierung sowie po litischem und religiös begründetem Extremismus ist ein entscheidender Faktor für die langfristige Gewährleis tung von Sicherheit im öffentlichen Raum da sind wir uns in Augsburg si cher Deswegen verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz der präventive städtebauliche Maßnahmen mit sozia len und politischen Präventionsmaß nahmen kombiniert Darin sehen wir die Voraussetzung für die Herstellung tatsächlicher und gefühlter Sicherheit im öffentlichen Raum Die Bürgerin nen und Bürger haben einen Anspruch auf einen angstfreien Aufenthalt auf den Straßen und Plätzen unserer Städ te Zwar können mögliche Risiken wie Terror und Gewalt durch die Polizei und die Kommunen minimiert wer den aber absolute Sicherheit kann in einer freien Gesellschaft nicht garan tiert werden auch nicht durch Poller und Absperrmaßnahmen Wir dürfen uns davon nicht beeinflussen lassen und müssen weiter Kultur Sport und Feste im öffentlichen Raum besuchen und genießen Nur so ist zu verhin dern dass das eigentliche Ziel von An schlägen unser freies und offenes ge sellschaftliches Leben durch Angst einzuschränken erreicht werden kann Dies macht resiliente Städte und Bürger aus Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für die Sicherheit in Städten Die Sicherheit war in den Kommu nen früher kein so wichtiges Thema das hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert und zwar sowohl in unserer Rolle als Genehmigungsbe hörde als auch als Veranstalter In den letzten Jahren erleben wir viele Verän derungen die sich gegenseitig befeu ern und befördern wie terroristische Anschläge auf unsere Lebensweise Einwanderung und Migration die Fol gen der Globalisierung und eine deut liche Verschiebung des politischen Diskurses Das alles ängstigt unsere Bürger und führt zu einem subjekti ven Unsicherheitsgefühl das aber ei gentlich nichts mit den realen Gefah ren bei uns vor Ort zu tun hat die sind nämlich gering Dennoch beob achten wir eine Übersensibilität die sich auch in einer Zunahme der Ab grenzung von Wir und Ihr und der Polarisierung der Gesellschaft zeigt Das macht mir Bauchschmerzen denn in der Forschung wurde genau das als eine Ursache von Radikalisie rung festgemacht Da müssen wir dranbleiben und die verschiede nen gesellschaftlichen Gruppen zusammenbringen Ein Dauerthe ma sind für mich auch Nutzungs konflikte im öffentlichen Raum Nicht jedes Ordnungsvergehen und jede Ruhestörung ist ein Si cherheitsproblem genauso wenig wie obdachlose Menschen Zu gleich stelle ich in Augsburg fest dass die Regeln des Zusammenlebens im mer weniger akzeptiert werden und die gegenseitige Toleranz abgenom men hat Wir müssen wieder stärker in den Dialog mit den Bürgern gehen Städte und vor allem Innenstädte müssen lebendig bleiben und Platz für alle Bürger bieten Warum macht es Sinn dass Städte in Europa zu Sicherheitsfragen zusammenarbeiten Kommunen und Städte in Europa sind vielfach mit ähnlichen Herausfor derungen konfrontiert Das gilt nicht nur für den Bereich der Sicherheitspo litik Migration und Integration sozia le Spaltung die Schaffung von aus reichend Wohnraum sind andere Beispiele Überall werden Strategien zum Umgang mit diesen Themen ent wickelt Ich gebe Ihnen ein Beispiel Die Radikalisierungsprävention ist ein Thema das für viele Kommunen noch neu ist Bei EFUS hat sich früh eine Gruppe von Städten gebildet dazu ge hörten neben Augsburg z B Brüssel Barcelona Bordeaux oder Lüttich die vorangegangen sind und im europäi schen Kooperationsprojekt Local Insti tutions Against Violent Extremism LIAISE gemeinsam ihre Strategien diskutiert und weiterentwickelt ha ben Natürlich funktioniert nicht alles überall auf die gleiche Weise aber im Austausch miteinander auch über politische Unterschiede hinweg ha ben wir alle für unsere tägliche Arbeit vor Ort viel profitieren können Ein an derer Aspekt ist das Lobbying Die kommunale Perspektive muss auf der nationalen und der europäischen Ebe ne noch viel mehr Gehör finden Die Arbeit der Praktikerinnen und Prakti ker vor Ort bei uns in Augsburg aber auch in den anderen Kommunen braucht politisch mehr Würdigung und Unterstützung Das können wir nur gemeinsam als Forum europäi scher Städte erreichen Vielen Dank für das Gespräch

Vorschau DFK forum kp 03-2018 Seite 42
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