39forum kriminalprävention 4 2018 SEXUALDELINQUENZ Psychotherapeutische Fachambu lanz für Sexualstraftäter Nürnberg Hamburger Präventionsambulanz Ergebnisse Beim Großteil der berücksichtigten Präventionsmaßnahmen handelt es sich um ambulante Psychotherapie Diese richtet sich in den meisten Fäl len an verurteilte Straftäter Eine Maß nahme richtet sich an sexuell übergrif fige Minderjährige und ein weiteres Angebot an pädophile Männer als po tenzielle Ersttäter Die übrigen Maß nahmen sind der forensischen Nach sorge für aus dem Maßregelvollzug entlassene Patienten zuzuordnen Die Maßnahmen bilden nur einen sehr ge ringen Teil des ambulanten Behand lungsangebots in Deutschland ab Bei spielsweise existieren laut Deutscher Gesellschaft für Prävention und Inter vention bei Kindesmisshandlung und vernachlässigung allein für sexuell übergriffige Minderjährige mehr als 50 verschiedene Angebote Stand No vember 2016 Die Mehrheit der ambu lanten Behandlungsmaßnahmen für die Tätergruppe wurde demnach nicht hinsichtlich ihrer Wirksamkeit über prüft Ergebnisse zur Wirksamkeit der Maßnahmen Die Wirksamkeit wurde ausschließ lich anhand der einschlägigen sowie der allgemeinen Rückfälligkeit der Teilnehmer bewertet Die Ergebnisse waren zum Teil sehr unterschiedlich so lag die einschlägige Rückfälligkeit zwischen 0 und 64 und die allge meine Rückfälligkeit bei etwa 2 bis 45 Rechnet man die Rückfallraten der Teilnehmer aller Maßnahmen zu sammen liegt die einschlägige Rück fälligkeit bei 8 und die allgemeine Rückfälligkeit bei ca 22 Aufgrund zahlreicher methodischer Schwierig keiten waren die Ergebnisse aber oh nehin kaum miteinander zu verglei chen und nur wenig belastbar weil beispielsweise die Studien unter schiedlich lange und häufig nur kurze Zeiträume untersuchten Zudem wur de die Rückfälligkeit anhand verschie dener Daten und Kriterien erfasst de ren Aussagekraft zum Teil sehr begrenzt ist In nur drei Fällen wurden die ein schlägigen und allgemeinen Rückfall raten der Teilnehmer mit der einer Kontrollgruppe verglichen In keiner Studie konnte ein relevanter d h sta tistisch signifikanter Unterschied zwi schen den Gruppen ermittelt werden Der einzige annähernd belastbare Hin weis für die Wirksamkeit einer Maß nahme fand sich im Evaluationsbe richt zum Sicherheitsmanagement SIMA in Hessen Rettenberger 2016 2017 Bei der Auswertung der MESTA 4 Einträge zeigte sich dass deutlich we niger Teilnehmer des SIMA allgemeine Gewaltrückfälle5 14 sowie sexuelle Gewaltrückfälle 10 verzeichneten als die Kontrollgruppenteilnehmer 30 bzw 19 Bei der Auswertung der Einträge im Bundeszentralregister BZR konnte der Gruppenunterschied allerdings nicht bestätigt werden Für alle anderen Präventionsmaßnahmen konnte kein Nachweis für deren Wirk samkeit erbracht werden Wenngleich die Evaluationsberichte kaum Schlüs se über die Effekte der Maßnahmen auf strafbares Verhalten zulassen ent halten sie teilweise andere relevante Erkenntnisse Im Folgenden werden diese zusammengefasst Ergebnisse in Bezug auf die Präventionsarbeit Die Autoren benennen in den Evalu ationsberichten unterschiedliche Vor aussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung potenzieller Sexualstraf täter bzw sexuell übergriffiger Min derjähriger Einige der Empfehlungen zielen direkt auf eine Verbesserung der Qualität der Maßnahmen ab Standardisierte Diagnostik Zur Strukturierung und Absicherung der eigenen Arbeit sollte behandlungs begleitend eine standardisierte Dia gnostik eingesetzt werden Als zusätzliche Informationsquelle kön nen dabei beispielsweise Prognose ins trumente dienen Sensible Zusammensetzung von Therapiegruppen Der Erfolg grup penbasierter Angebote hängt we sentlich von der Zusammensetzung der Teilnehmer ab Daher sollten verschiedene Merkmale der Teilneh mer bereits vor Beginn der Behand lung berücksichtigt werden Hierzu zählt u a die einschlägige kriminelle Vorerfahrung Z B wurde in der Eva luationsstudie zum Präventionspro jekt Dunkelfeld beschrieben dass ei nige Teilnehmer ohne vorherige Delikte im Verlauf der Behandlung erstmalig Missbrauchsabbildungen konsumierten Vermutlich lernten sie erst hier von anderen Patienten wie sie über das Internet an entspre chendes Material gelangten Beier et al 2015 Breite Anwendung des RNR Modells Die Heterogenität der Tätergruppe stellt eine Herausforderung für die konkrete Ausgestaltung der Be handlung dar Aus diesem Grund sollte das Risk Need Responsivity RNR Modell nach Andrews Bonta und Hoge 1990 konsequent ange wendet werden Das bedeutet dass Therapiepläne zeitlich flexibel an das Rückfallrisiko der Teilnehmer ange passt werden sollten Die Behand lung sollte zudem die individuellen Aspekte fokussieren die direkt oder indirekt mit dem Rückfallrisiko der Teilnehmer zusammenhängen Au ßerdem sollte die Behandlung ent sprechend der Fähigkeiten der Teil nehmer gestaltet sein Die beschriebenen Kriterien sind im Be reich der Sexualtäterbehandlung anerkannt und empirisch überprüft Qualifikationsmaßnahmen für Mit arbeiter innen Um die Qualität der Arbeit zu sichern sollten die Mit arbeiter innen des Versorgungs systems regelmäßige theoretische und praktisch ausgerichtete Weiter bildungsmaßnahmen erhalten Hier zu zählen auch patienten und teambezogene Supervisionen Ein Bedarf besteht vor allem bei nieder gelassenen Psychotherapeuten in nen Häufig verfügen diese nicht über eine spezifische Ausbildung und haben Vorbehalte gegenüber der Arbeit mit der Tätergruppe z B Pitzing 2006 Stiels Glenn 2010 Weitere Empfehlungen beziehen sich auf eine Verbesserung der gene rellen Versorgungssituation Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer effi zienteren Nutzung vorhandener Res sourcen Professionelle Indikationsstellung Weil eine Behandlung nicht in jedem Fall notwendig oder sinnvoll ist soll ten im Vorfeld die Voraussetzungen und der Bedarf der Teilnehmer für eine Behandlung sachgemäß und anhand objektiver Kriterien über prüft werden Auch Kriterien für das Ende der Behandlung sollten ent sprechend festgelegt werden um vorhandene Ressourcen sinnvoll zu nutzen Vernetzung unterschiedlicher Hilfs angebote Häufig sind an der Versor 4 Die Mehrländer Staatsanwaltschafts Automation erfasst Ermittlungsverfahren bzw angezeigte aber nicht rechtskräftig verurteilte Taten 5 D h Gewaltdelikte unabhängig ob sexuell motiviert oder nicht

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