MIGRATION UND PRÄVENTION 6 forum kriminalprävention 4 2018 richtungen dienten in erster Linie der Abschreckung neuer Flüchtlinge Die AnkER Zentren sollen bundesweit ein gerichtet werden Bayern machte den Anfang und widmete sieben beste hende bayerische Aufnahmeeinrich tungen um Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der bereits er probten Ankunfts und Rückführungs einrichtungen in Ingolstadt Manching und Bamberg in denen Menschen mit geringer Bleibeperspektive für eini ge Wochen bis zu ihrem Asylbescheid untergebracht wurden Allerdings zeigen sich die übrigen Länder bis her verhalten nur in Sachsen und im Saarland wurde je eine Unterkunft als AnkER Zentrum umbenannt In den AnkER Zentren sollen nun alle asylsuchenden Menschen bis zu 18 Monate Familien mit minderjäh rigen Kindern maximal sechs Monate untergebracht werden obwohl das 47 I AsylG von wenigen eng einge schränkten Ausnahmen abgesehen eigentlich eine Unterbringung von zwischen sechs Wochen und sechs Monaten vorsieht Der Masterplan Mi gration widerspricht sich mit der Aus weitung der Verweildauer in den Un terkünften auch selbst sieht er doch vor die Aufenthaltszeiten für Men schen in den Einrichtungen so kurz wie möglich zu halten In den Aufnahmeeinrichtungen sol len bis zu 1500 Menschen gemeinsam untergebracht werden anstelle von Geldleistungen sollen vorwiegend Sachleistungen gezahlt werden Zu dem dürfen Flüchtlinge während ih res Aufenthalts dort nicht arbeiten zur Schule gehen oder an Integrati onskursen teilnehmen Erste Erfah rungen zeigen zudem dass kaum Kon takte zwischen Zivilgesellschaft und den Bewohnern möglich sind In unserer Studie kommen wir zu dem Schluss dass größere Gemein schaftsunterkünfte per se konflikt trächtig sind Menschen müssen über einen unbestimmten Zeitraum mit ihnen fremden Personen auf häufig engstem Raum und unter der Aufsicht von Personal zusammenleben Privat sphäre gibt es in Gemeinschaftsunter künften kaum der Alltag ist geprägt von Enge und Lärm Zudem wird die Autonomie geflüchteter Personen eingeschränkt Es steht zu befürch ten dass dies in den AnkER Zenten noch zugespitzt wird So sind auf grund fehlender Geldleistungen und der baulichen Gegebenheiten so gar die geringsten Möglichkeiten der Selbstbestimmung etwa eigenes Essen zuzubereiten beeinträchtigt Möglichkeiten zur Strukturierung des Alltags etwa durch Sprachkurse oder Arbeit gibt es nicht Der Kontakt zur Zivilgesellschaft und damit auch die Inanspruchnahme ehrenamtlicher An gebote und der Aufbau von Kontak ten zu Einheimischen sind auf ein Mi nimum beschränkt Für die Bewohner gestaltet sich das Leben entsprechend wie in einer Warteschleife ohne Per spektiven und Möglichkeiten Die Frustration über ein solches Leben bietet einen Nährboden für Konflikte Zudem ist es wahrscheinlich dass vie le Bewohner der Unwirtlichkeit dieser Zentren entfliehen werden und sich somit Konflikte auch in das Wohn umfeld der AnkER Zentren verlagern könnten Insbesondere von gelang weilten und teils frustrierten Gruppen junger Männer die keine Perspektive in Deutschland haben geht potenziell ein hohes Kriminalitäts und Gewaltri siko aus welches nicht nur für die Be wohner der Zentren sondern auch für das Umfeld zur großen Belastung wer den kann So musste ein Pilotprojekt des Landes NRW zur gemeinsamen Un terbringung ausreisepflichtiger Dub lin Flüchtlinge mit Neuankömmlingen bereits nach kurzer Zeit aufgegeben werden nachdem es zu Beschwerden seitens der Nachbarschaft aber auch zu Gewalttaten innerhalb und außer halb der Unterkunft gekommen war Auch wenn empirische Daten insbe sondere zur Kriminalitäts und Gewalt belastung noch nicht vorliegen lassen unsere Untersuchungsergebnisse be fürchten dass sich die AnkER Zentren zu problematischen Entstehungsor ten von Konflikten entwickeln bzw verfestigen könnten Fehlentwicklun gen in den AnkER Zentren wären ein Geschenk an jene politischen Kräfte welche Gewalttaten von Zuwanderern für ihre politische Agenda instrumen talisieren während gleichzeitig die Aufnahme Schutzsuchender in den Augen der Bevölkerung weiter dele gitimiert würde Gleichzeitig würden sie eine erhebliche Belastung für die Mitarbeiter in den Zentren und die Si cherheitsbehörden bedeuten Vorschläge für eine sinnvolle Konfliktprävention Eine sinnvolle Konfliktprävention muss bei der Förderung von Selbst wirksamkeit und Autonomie der Be wohner ansetzen Dies kann auf un terschiedlichster Ebene geschehen Die Menschen sollten die Möglichkeit erhalten ihre Zimmer und Gemein schaftsräume nach eigenen Vorstel lungen gestalten zu können und ihr eigenes Essen zuzubereiten anstel le täglich drei Mal auf Catering an gewiesen zu sein Sie könnten auch in die Entscheidungsstrukturen der Einrichtungen eingebunden werden etwa durch unabhängige Beschwer demechanismen Bewohnerräte oder Flursprecher Hierfür existieren in einzelnen Kommunen schon erste Er folg versprechende Pilotprojekte Der fehlenden Privatsphäre sollte durch Rückzugsmöglichkeiten und Ruhe sowie Gemeinschaftsräume begeg net werden Auch das Angebot von betreuten Männer und Frauengrup pen welche die Bewohner bei ihren ersten Schritten in Deutschland be gleiten ist sinnvoll auch um die Fol gen des Kulturschocks abzumildern Am wichtigsten sind jedoch Gleichbe handlung und Transparenz Wie un sere Studie zeigte entstehen vie le Konflikte durch tatsächliche oder von den Bewohnern als solche wahr genommene Ungleichbehandlung in den Unterkünften und einen Mangel an Informationen Auch die Effekte des Asylsystems welche in den eng belegten Unterkünften zu Gefühlen von Neid und Ungerechtigkeit füh ren könnten durch Transparenz bei der Entscheidungsfindung und eine bessere Informationspolitik gegen über den Bewohnern zumindest abge mildert werden Die seit 2016 wirken de Initiative Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünf ten erprobt in Modellprojekten die Umsetzung von Schutzkonzepten 1 Aus wissenschaftlicher Sicht ist eine dezentrale Unterbringung Ge flüchteter mit guter Betreuung wel 1 Die von UNICEF und dem Bundesfamilienministerium BMFSFJ ins Leben gerufene Bundesinitiative Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunter künften fördert bundesweit 100 Standorte für die Umsetzung von Schutzkonzepten in Flüchtlingsunter künften Ziel der Initiative ist es durch die Einrichtung von Koordinationsstellen die Sicherheit von Frauen Kindern und Jugendlichen und anderen besonders schutzbedürftigen Personen in Not und Gemein schaftsunterkünften zu verbessern www gewalt schutz gu de Als Leitlinie für die Erstellung und Um setzung von Schutzkonzepten in den Einrichtungen dienen die im Juli 2016 von UNICEF Bundesfamilien ministerium und weiteren Partnern veröffentlichten Mindeststandards Die Koordinatorinnen und Koordi natoren entwickeln und implementieren die Schutz konzepte und sind die zentralen Ansprechpersonen für Bewohnerinnen und Bewohner und Beschäftigte in den Flüchtlingsunterkünften Zu ihren weiteren Aufgaben gehören die Sensibilisierung der in der Einrichtung tätigen Personen zu Fragen des Kinder schutzes und die Verankerung von standardisierten Verfahrensweisen bei Gewalt und Gefährdungssitu ationen Zudem organisieren die Koordinatorinnen und Koordinatoren die Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort und informieren die Bewohnerinnen und Be wohner über ihre Rechte und über Hilfs und Unter stützungsangebote

Vorschau DFK forum kp 04-2018 Seite 8
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