34 forum kriminalprävention 2 2019 Betrugsdelikte durch falsche Polizeibeamte Vorgehensweisen international agierender Betrügerbanden und Präventionsansätze Harald Frießner Werner Gloss In Deutschland nimmt seit einigen Jahren der Callcenterbetrug zum Nach teil von Senioren weiter zu wie Zahlen aus Bayern und Nordrhein Westfalen belegen Der Modus Operandi ist wiederkehrend und bietet Ansätze zur Prä vention Dennoch bleibt eine Verwundbarkeitslücke die von den Tätern im mer wieder ausgenutzt wird Der folgende Artikel beschreibt die Phänome nologie und die polizeiliche Präventionsarbeit Der Hauptmann von Köpenick Bereits im Jahr 1906 verkleidete sich der Hochstapler Wilhelm Voigt als Hauptmann des preußischen 1 Garde Regiments und ergaunerte durch diese Maskerade die Stadtkas se von Köpenick Er befahl zudem im Namen Seiner Majestät einem Trupp Gardesoldaten den Oberstadtsekre tär und den Bürgermeister der Stadt Köpenick unter anderem wegen Un terschlagung von Staatsgeldern zu verhaften Die von Voigt alias Garde hauptmann beschlagnahmte Kasse enthielt einen Barbestand von über 3500 Mark heutiger Wert ca 22 000 Euro Erhofft hatte sich Wilhelm Voigt jedoch eine weit größere Beu te nämlich zwei Millionen Mark heu tiger Wert rund 13 Millionen Euro die sich angeblich im Panzerschrank vom Köpenicker Rathaus befinden sollten Das im Jahr 1930 von Carl Zuckmeier in einer Tragikomödie veröffentlichte Gaunerstück ist in seiner von Betrü gern weiterentwickelten Form in der Legende als Falscher Polizeibeamter für alle Betroffenen nur tragisch und alles andere als eine Komödie Denn nicht selten verloren die Betrogenen durch ihr Vertrauen in die Obrigkeit ihr gesamtes Vermögen Die Polizei ist für viele Seniorinnen und Senioren neben dem Arzt und dem Pfarrer nach wie vor noch unantastbar und nicht infrage zu stellen Und genau dieses Vertrauen nutzen die Betrüger skru pellos aus Falsche Polizeibeamte und Callcenter In der näheren Vergangenheit han delte es sich bei den Betrügern zu meist um reisende Täter die an den Türen alter Menschen klingelten ei nen falschen Polizeiausweis vorzeig ten und sich unter einem Vorwand Geld Schmuck und andere Wertge genstände aushändigen ließen Die se Masche wird vereinzelt auch heute noch durchgeführt Zu einem anhaltenden Problem mit bis dahin ungeahntem Ausmaß wurde der Trickbetrug mit der Legende Fal scher Polizeibeamter jedoch durch gut organisierte international agie rende mafiaähnlich strukturierte Be trügerbanden Der entscheidende Unterschied zur früheren Begehungsweise ist die Tat sache dass die organisierten Täter den Betrug nicht mehr als Wohnungs zugangstrick ausüben sondern nun über professionell geführte Callcen ter telefonisch agieren Zu diesem Zweck bauten die Täter bereits ab dem Jahr 2006 mehrere Call center in der Türkei auf und handel ten zunächst nur dort Um an das Geld ihrer Opfer zu kommen erklärten die Täter am Telefon dass sie von der Poli zei oder der Staatsanwaltschaft seien Im Rahmen von Ermittlungen hätten sie festgestellt dass deren Bankkon ten von terroristischen Organisatio nen wie PKK der kurdischen Partei PYD oder der kurdischen Volksvertei digungseinheit YPG genutzt würden Um dies zu verhindern und Haftbefeh le gegen den Betroffenen wegen der Unterstützung terroristischer Verei nigungen abzuwenden wäre es zwin gend erforderlich alle auf den Konten befindlichen Gelder abzuheben und durch den Staat sicherstellen zu las sen Das Geld sollte zu diesem Zweck zumeist in Plastiktüten einem Polizis ten an der Wohnungstür gegen Quit tung übergeben werden Nach einer angeblich groß angelegten Polizeiak tion gegen die terroristische Vereini gung würden die Betroffenen ihr Geld natürlich wieder erhalten 1 Aus der Türkei wird diese Art von Callcenterbetrug schließlich spätes tens auch ab 2017 im großen Stil nach Deutschland exportiert Diese Fest stellung lässt sich unter anderem auch durch zwei Meldungen aus dem Landeskriminalamt Bayern und Nord rhein Westfalen belegen Mit der Bezeichnung Callcenter betrug wurden im Tatzeitraum 2016 bayernweit ca 2300 Vorgänge erfasst davon handelt es sich in ca 1600 Fällen um Anzeigen Der entstandene Scha den betrug etwa 3 5 Millionen Euro Demgegenüber stehen die Fallzahlen aus dem Jahr 2017 mit ca 10 800 Vor gängen darunter ca 7300 Anzeigen mit einer Gesamttatbeute von mehr als 10 8 Millionen Euro Bei Fallgestal tungen im Zusammenhang mit per sönlich bei Geschädigten auftreten den Abholern kam es zu besonders hohen Schäden bei bayernweit 75 Fäl len wurden Bargeld und Wertgegen stände von über 7 Millionen Euro an die Täter übergeben 2 Die Zahl der Opfer die sich laut An gaben des Landeskriminalamts Nord rhein Westfalen bei der Polizei ge meldet haben hat sich von 2016 auf 2017 mehr als verdoppelt Sie stieg um 124 Prozent auf rund 11 700 Einzelfäl 1 Ausarbeitung Betrug durch Kommunikation des Innenministeriums der Republik Türkei 2 Phänomenlage Callcenterbetrug Falsche Bedienstete u a Falsche Polizeibeamte POLIZEILICHE PRÄVENTION

Vorschau DFK forum kp 02-2019 Seite 36
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.