38 forum kriminalprävention 2 2019 Die im GG verankerte Verfassungs norm der Religions und Gewissens freiheit findet sich im 1 des Geset zes über die religiöse Kindererziehung wieder das besagt dass über die religi öse Erziehung eines Kindes die freie Ei nigung der Eltern zu bestimmen habe Die einschlägigen Gesetzesbestim mungen finden überdies nach 6 auf die Erziehung der Kinder in einer nicht bekenntnismäßigen Weltanschauung entsprechende Anwendung Auch der Art 14 der UN Kinderrechtskonventi on hebt diesen Sachverhalt hervor und verpflichtet die Vertragsstaaten das Recht des Kindes auf Gedanken Ge wissens und Religionsfreiheit zu ach ten Die Vertragsstaaten achten die Rechte und Pflichten der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds das Kind bei der Ausübung dieses Rechts in einer seiner Entwicklung entspre chenden Weise zu leiten Die Freiheit seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden darf daher nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen einge schränkt werden in denen die öffent liche Sicherheit Ordnung Gesundheit bzw Sittlichkeit oder die Grundrech te und freiheiten anderer zu gewähr leisten sind Zugleich kodifiziert 1 Abs 1 SGB VIII KJHG das Recht junger Menschen auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverant wortlichen und gemeinschaftsfähi gen Persönlichkeit Die staatliche Gemeinschaft hat daher über die Ein haltung dieses Rechts zu wachen und zu dessen Verwirklichung Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen Hier übt der Staat seine Funktion des Wächteramtes aus Wäh rend SGB VIII KJHG einem sozialpäda gogischen Ansatz bzw Auftrag folgt Förderungsverpflichtung der Perso nensorgeberechtigten und des Staa tes hat das Kindeswohl im GG Ver fassungsrang 5 Hier dominiert die rechtliche Position der Fürsorge und Anwartschaft Das Kind hat als Grund rechtsträger Anspruch auf den Schutz des Staates der Staat ist zum Schut ze des Kindes verpflichtet 6 bzw das Kind hat ein Recht auf staatliches Ein schreiten bei elterlichem Versagen Das Elternrecht erweist sich demge genüber als ein fremdnütziges Recht im Interesse und zum Wohle der Kin der 7 Die Kinder und Jugendlichen sol len zugleich im Sinne eines emanzipa torischen Ansatzes lernen sich selbst vor Gefahren zu schützen Das Kindschaftsrecht und die Funk tionen des staatlichen Wächteramtes sind im BGB zusammengefasst Nach 1626 haben die Eltern die Pflicht und das Recht für das minderjährige Kind zu sorgen elterliche Sorge Die elter liche Sorge umfasst die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes Personen und Vermögenssorge Zu gleich sollen die Eltern bei der Pflege und Erziehung die wachsende Fähig keit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwor tungsbewusstem Handeln berück sichtigen und Einvernehmen in Erzie hungsfragen soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist an streben Mit Blick auf die religiöse Kin dererziehung hieße es bspw dass das Kind nicht gegen seinen Willen in ei nem anderen Bekenntnis als bisher er zogen werden darf wenn es das 12 Lebensjahr vollendet hat Nach der Vollendung des 14 Lebensjahrs steht dem Kinde die Entscheidung darüber zu zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will 5 RKEG Das Recht der Eltern auf Personen sorge stößt allerdings an seine Gren zen sobald das Wohl des Kindes als verfassungsmäßiges Recht durch die Vernachlässigung der Förderungs und Schutzverpflichtungen als ge fährdet gilt So haben die Kinder nach 1631 des BGB ein Recht auf gewalt freie Erziehung Demnach sind körper liche Bestrafungen seelische Verlet zungen und andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig Kindeswohlgefährdung als unbestimmter Rechtsbegriff 1666 Abs 1 des BGB definiert drei Bestandteile körperlich seelisch und geistig des Kindeswohls Zwar handelt es sich hierbei um einen un bestimmten Rechtsbegriff sowie um ein rechtliches und normatives Kons trukt der im Einzelfall bestimmt und durch eine Bewertung der vorliegen den Sachverhalte ausgelegt werden muss Dennoch ermöglicht er auch trotz möglicher Interpretationsspiel räume staatliche Eingriffe in das El ternrecht zum Schutze des Kindes und gilt zugleich als sachliche Richt schnur bei Gerichtsverfahren 8 Im Fall einer Gefährdung des Kindeswohls wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind die Gefahr ab zuwenden obliegt es dem Familien gericht die erforderlichen Maßnah men zur Abwendung der Gefahr zu treffen Im Einzelnen handelt es sich hierbei nach 1666 Abs 3 um 1 Gebote öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder und Jugendhilfe und der Gesundheits fürsorge in Anspruch zu nehmen 2 Gebote für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen 3 Verbote vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwoh nung oder eine andere Wohnung zu nutzen sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen an denen sich das Kind regelmäßig aufhält 4 Verbote Verbindung zum Kind auf zunehmen oder ein Zusammentref fen mit dem Kind herbeizuführen 5 die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge 6 die teilweise oder vollständige Ent ziehung der elterlichen Sorge Die gerichtliche Entscheidung muss sich am Grundsatz der Verhältnismä ßigkeit orientieren und das Untermaß sowie Übermaßverbot beachten 9 Eine Gefährdung des Kindeswohls umfasst dabei Situationen bei deren Fortbe stehen eine erhebliche Schädigung für das körperliche geistige und see lische Wohl des Kindes mit hoher Si cherheit zu erwarten ist 10 Laut BGH erfasst der Begriff der Kindeswohl gefährdung eine gegenwärtige und zwar in einem solchen Maße vorhan dene Gefahr dass sich bei der wei teren Entwicklung der Dinge eine er hebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt 11 Bei der Einschätzung der Kin deswohlgefährdung handelt es sich somit um fachlich geleitete indikato rengestützte probabilistische Aussa gen über Art sowie Erheblichkeit von Schädigungen für das Kind und keine Möglichkeitsannahmen Aussagen wie es können folgende Verhaltenswei sen in salafistischen Familien das Kin deswohl möglicherweise gefährden SOZIALE ARBEIT UND PRÄVENTION 5 Rätz Schröer Wolff Lehrbuch Kinder und Jugendhil fe S 49 6 Vgl Reinhold Schone Kindeswohlgefährdung Was ist das In Ders Wolfgang Tenhaken Hrsg Kinder schutz in Einrichtungen und Diensten der Jugendhilfe Ein Lehr und Praxisbuch zum Umgang mit Fragen der Kindeswohlgefährdung Weinheim 2015 S 13 49 hier S 18 7 Kerstin Feldhoff Rechtliche Aspekte des Kinderschut zes durch freie Träger In Reinhold Schone Wolfgang Tenhaken Hrsg Kinderschutz in Einrichtungen und Diensten der Jugendhilfe Ein Lehr und Praxisbuch zum Umgang mit Fragen der Kindeswohlgefährdung Weinheim 2015 S 13 49 hier S 87 8 Schone Kindeswohlgefährdung Was ist das S 19 9 Vgl Feldhoff Rechtliche Aspekte des Kinderschutzes durch freie Träger S 91 10 Feldhoff Rechtliche Aspekte des Kinderschutzes durch freie Träger S 79 11 IV ZB 32 56 14 07 1956

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