EXTREMISMUSPRÄVENTION 10 forum kriminalprävention 3 2019 Sowohl zivilgesellschaftliche als auch staatliche Träger bieten Maß nahmen der selektiven oder indizier ten Rechtsextremismusprävention an Insgesamt überwiegen in die sen Präventionsbereichen Fachkräf te aus erzieherischen Berufen dabei vor allem aus dem Bereich der Sozi alen Arbeit und der Sozialpädagogik Daneben sind Berufsgruppen aus den Feldern des Verfassungsschutzes und der Bewährungshilfe vertreten Die Arbeitsfelder in denen Maßnahmen zur selektiven und indizierten Präven tion umgesetzt werden sind vielfäl tig beispielsweise Ausbildungsbetrie be Schulen Freizeiteinrichtungen Jugendstrafvollzug Innerhalb der einzelnen Arbeitsfelder stellen die Maßnahmen üblicherweise keine Re gelleistungen dar sondern werden häufig aus zeitlich befristeten Pro grammen zur Extremismuspräven tion und Modellprojektförderung fi nanziert Die 23 Einzelmaßnahmen sind fünf zugrunde liegenden allgemeinen Prä ventionsansätzen zuzuordnen Dies sind Aufsuchende Arbeit Ausstiegs hilfe Deradikalisierung Multiplikato renschulung und Soziale Trainingskur se siehe Tabelle 1 Zur Differenzierung der Evaluationsansätze Abhängig von ihrer Funktion lassen sich idealtypisch verschiedene Arten von Evaluationen unterscheiden Pro zessevaluationen konzentrieren sich auf die internen Dynamiken sowie ak tuellen Umsetzungen einer Maßnah me und analysieren ihre Stärken und Schwächen wohingegen Wirkungs bzw summative Evaluationen die Wirksamkeit und den Nutzen von Maß nahmen ermitteln Univation 2004 In der Praxis sollen Evaluationen vielfach beide Funktionen in unterschiedlicher Gewichtung erfüllen Von den berücksichtigten zwölf Evaluationen ist lediglich eine Unter suchung als Wirkungsbilanzierung an gelegt Neumann 2005 Bei den übri gen elf Studien handelt es sich um Prozessevaluationen Von diesen elf Evaluationen überprüfen fünf die Konzeption und Implementierung der entsprechenden Maßnahme um damit zu deren Feinanpassung und Entwicklung beizutragen Die übri gen sechs Evaluationen untersuchen meist durch Vorher nachher Betrach tungen die intendierten und oder nicht intendierten Wirkungen in den durch die Maßnahme definierten Ziel gruppen und Zielstellungen In Anbetracht der Vielzahl von Pro jekten und Maßnahmen sowie des langjährigen Engagements staatli cher und zivilgesellschaftlicher Ak teure im Bereich der Rechtsextre mismusprävention konnte nur eine geringe Anzahl an Evaluationen ermit telt werden Wirkungsuntersuchun gen entsprechender Maßnahmen stel len eine seltene Ausnahme dar Auch das Bundeskriminalamt kommt in ei ner Bestandsaufnahme zur Extremis musprävention in Deutschland zum Ergebnis dass zwar drei Viertel von 721 ermittelten Projekten der Prä vention von Rechtsextremismus ge widmet seien Gruber Lützinger 2017 S 17 jedoch ein Mangel an ver öffentlichten Evaluationen bestehe Bedenkt man dass selektive und in dizierte Prävention auf die Vermei dung möglicherweise strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen mit ent sprechenden Risiken für Individuum und Gesellschaft abzielt erscheint der Mangel an Wissen über die Wirksam keit von Präventionsangeboten frag würdig Im Folgenden werden die unter suchten Evaluationen aus zwei ver schiedenen Perspektiven beleuchtet Im ersten Abschnitt werden Erkennt nisse im Hinblick auf die verschiede nen Präventionsansätze vorgestellt Es folgt die Betrachtung präventions praktischer Erkenntnisse Die Erörte rung der Evaluationen vor dem Hinter grund der verwendeten Gütekriterien ist in diesem Artikel nicht dargestellt und kann in dem zugrunde liegenden Bericht ausführlich nachvollzogen werden Ergebnisse zu Präventionsansätzen Die untersuchten Maßnahmen der selektiven und indizierten Prävention von Rechtsextremismus lassen sich einer überschaubaren Anzahl von An gebotsformaten zuordnen Dabei sind Ansätze der Aufsuchenden Ar beit der Ausstiegshilfe der Deradika lisierung Multiplikatorenschulungen sowie Soziale Trainingskurse zu un terscheiden Auch wenn die Vielzahl der Prozessevaluationen keine kau salen Wirkungsrückschlüsse erlaubt bieten diese dennoch praxisrelevante Hinweise zu möglichen Effekten ein zelner Präventionsansätze Aufsuchende Arbeit häufig auch mobile Jugendarbeit oder Street work genannt ist ein niedrigschwel liger sozialraumbezogener Präventi onsansatz der sich an benachteiligte und gefährdete Jugendliche richtet Ziel ist es durch sozialpädagogische Betreuung rechtsextreme und men schenfeindliche Orientierungen abzu bauen und damit ein Abgleiten in ex tremistische Szenen zu verhindern Zur Wirksamkeit Aufsuchender Arbeit schwelen bereits seit den 90er Jah ren Debatten die sich vor allem auf die Erfahrungen aus dem ersten Bun desprogramm zur Rechtsextremis musprävention Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt AgAG beziehen Dierbach 2014 Erste out come bezogene Ergebnisse konnte lediglich eine Studie von Gulbins et al 2007 liefern Die Autoren kommen zu dem Schluss dass im Rahmen einer Maßnahme der Aufsuchenden Arbeit eine Distanzierung von rechtsextre men und menschenfeindlichen Ein stellungen und damit verbundenen Auffälligkeiten z B Kleidung Musik bei Jugendlichen zu beobachten sei Die Reduktion rechtsextremer Einstel lungen lasse sich allerdings erst nach eineinhalb bis drei Jahren feststellen Problematische Effekte erzeuge auf Dauer die Konzentration rechtsex tremer Cliquen in den Räumlichkei ten des Maßnahmenträgers Sie habe einen negativen Effekt auf die Stabi lität der Einstellungsänderungen Je doch lässt die Evaluation im Einzelnen offen wie bei wem und über welchen Zeitraum rechtsextreme oder men schenfeindliche Einstellungen gemes sen wurden Ausstiegshilfen zielen darauf ab über individuelle Beratung eine dau erhafte Abkehr aus rechtsextremen Szene und Orientierungszusam menhängen zu erreichen und so de linquentem Verhalten vorzubeugen Hierzu kommen zwei Studien zu dem Ergebnis dass die entsprechenden Maßnahmen Ausstiegsprozesse aus der rechtsextremen Szene befördern können Möller et al 2015 weisen da rüber hinaus eine hohe Bewährungs rate bei den aus dem Programm ent lassenen Teilnehmern nach 94 bzw 23 Personen Becker et al 2014 un tersuchten 15 zivilgesellschaftliche Projekte die zwischen 2009 und 2014 insgesamt 566 Personen erreichen konnten In ca 66 374 Personen der Fälle ist der Untersuchung zufolge eine dauerhafte oder zeitweise Integ ration in den Arbeitsmarkt bei gleich

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