KRISEN UND PRÄVENTION 3forum kriminalprävention 1 2020 Präventive Herausforderungen in der Corona Krise Experten innen nehmen Stellung Wolfgang Kahl Mitte April 2020 hat sich der Corona Ausnahmezustand stabilisiert Die Me chanismen der Krisenbewältigung sind in den unterschiedlichen Handlungs feldern angelaufen werden ausprobiert justiert und verstetigt Staat und Po litik sind wieder akzeptierte Gestalter in unübersichtlicher Lage Man spricht von der Renaissance des starken Staates der etwa beim Klimaschutz noch zögerlich agiert und nun konsequent umsetzt was die Experten der Wissen schaft sagen Die allermeisten Epidemiologen und Virologen prognostizieren weiterhin extrem dramatische Verläufe der Pandemie sollte die soziale Dis tanzierung nicht funktionieren Neben der Dramatik bei der gesundheitlichen Versorgung kündigen sich enor me volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Schäden des Stillstan des bzw Lockdowns an deren Beseitigung nicht absehbar ist Insgesamt ver schlechtert sich das Wohlergehen für sehr viele Menschen wenn sie zu Hause sind und ihre Unsicherheit verarbeiten müssen Die Debatte um den richtigen Zeitpunkt zur schrittweisen Rückkehr zum wirtschaftlichen und gesellschaft lichen Normalzustand hat begonnen Auch kriminologische Aspekte sprechen dafür vernünftige und vertretbare Lockerungen vorzunehmen Der Beitrag fasst einige generelle Überlegungen zu den aktuellen gesellschaftlichen He rausforderungen zusammen und greift die Zwischenrufe von Experten in nen im Interview mit Prof h c Erich Marks auf Evidenzbasierte Politik Politische Entscheidungen sollten auf der Grundlage der aktuellen wis senschaftlichen Daten Prognosen und Empfehlungen getroffen wer den Die derzeitigen Einschränkun gen im öffentlichen Raum haben Ex perten empfohlen Die Bevölkerung zeigt eine expertenfreundliche Stim mung und vertraut auf ihr Urteil Al lerdings Noch am 27 Februar hat der Virologe Christian Drosten Italienrei sen wegen geringer Infektionsdichte und niedriger Ansteckungsgefahr für unproblematisch gehalten Eine Ein schätzung der tatsächlichen Gefah renlage die aus heutiger Sicht eindeu tig falsch war Auf den ersten Blick ein problema tischer Befund allerdings muss be rücksichtigt werden dass sich die Er kenntnislage zum Virus und seiner Verbreitung laufend verändert hat Daher wechseln auch Expertenurtei le Was vor Tage noch unangemes sen war kann jetzt dringend geboten sein Und da die Experten beständig neue und mehr Daten bekommen ist es nur vernünftig die Bewertung die lichen kulturellen und finanz wirt schaftlichen Folgen miteinander be trachten Wie die Verbreitung des Virus werden auch die Kosten der Kri se im Zeitablauf überproportional steigen Der Stillstand wird nicht un begrenzt durchzuhalten sein Gravie rende Destabilisierungen sind in vie len Handlungsfeldern zu erwarten Die Belastungen treffen die Menschen nicht proportional Überlastungen für einzelne Berufsgruppen und in den Familien zu Hause drohen vielerorts Kurzum Schwierige Abwägungspro zesse bei unsicherer Erkenntnislage fallen nicht leicht können aber nicht allein dem medizinischen Blickwin kel unterworfen werden Es gilt das Wohlergehen des gesamten sozioöko nomischen Systems im Auge zu behal ten Zwischenmenschliche Spannun gen Gewalt Kriminalität Kriminalprävention und Opfer schutz Zwischenrufe von Experten innen beim Deutschen Präventionstag DPT 1 In der Krisenbewältigung sind es konkrete Gefahren und Probleme die Sorgen bereiten den Alltag erschwe ren und vielfachen Stress erzeugen Familiäre Belastungen münden häu figer in gewaltsame Auseinanderset zungen Unterstützungsangebote können hier helfen interpersonale Konflikte zu entschärfen und gewalt freie Kommunikationen zu ermögli chen Kriminelle nehmen keine Rück sicht Betrugsdelikte variieren und setzen den ohnehin schon vulnerab len Gruppen wie alte Menschen zu Medien und alle relevanten Akteure der Gefahrenabwehr Prävention und des Opferschutzes bauen ihr Informa tionsangebot aus Der Deutsche Präventionstag DPT hat am 20 März 2020 begonnen Ex perten innen aus unterschiedli chen wissenschaftlichen Disziplinen sen neuen Daten regelmäßig anzu passen Trotz ständiger Änderungen bleibt das jeweils aktuelle Expertenur teil die bestmögliche Entscheidungs grundlage Öffentlichkeit und Politik sollten sich weiter an ihrer begründe ten Einschätzung orientieren Experten sprechen nicht mit einer Stimme aber nicht jede Expertenäu ßerung sollte gleich viel zählen Zwei fel sind dann angebracht wenn ein großer Teil der wissenschaftlichen Kol legen zu anderen Ergebnissen kommt Vorsicht ist geboten insbesonde re wenn Expertise in Verbindung mit Verschwörungstheorien gebracht werden kann Weil die Erkenntnislage zur Ausbreitung von COVID 19 immer noch relativ unsicher ist sind nach jet zigem Stand der Dinge dramatische Verläufe der Pandemie wahrschein lich Es lässt sich aber nicht völlig aus schließen dass COVID 19 am Ende we niger gefährlich gewesen sein wird als die Mehrheit der Experten derzeit vermutet Wichtiger als die Frage nach der Ex pertenwahrheit wird sein dass Regie rungen und auch Parlamente ihre Ver antwortung weiter wahrnehmen und die gesundheitlichen gesellschaft 1 Der Link zu den DPT Zwischenrufen https www praeventionstag de nano cms dpt zwischenrufe letzter Zugriff 6 4 2020

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