39forum kriminalprävention 3 2020 SEXUELLER MISSBRAUCH Befragungsformate ein die auf offe nen Fragen basieren und einen aus führlichen freien Bericht fördern der anschließend auch in dieser Form do kumentiert wird Nur auf dieser Ba sis lassen sich über inhaltsanalytische Kriterien erlebnisbasierte von nicht erlebnisbasierten Schilderungen un terscheiden Volbert Steller 2014 Nähere Befragungen zu möglichen Missbrauchshandlungen sollten da her ausschließlich von diesbezüglich speziell geschulten Personen erfol gen Wissenschaftliche Untersuchun gen deuten hierbei noch auf einen er heblichen Schulungsbedarf innerhalb der Polizei hin ausführlich hierzu Nie haus Volbert Fegert 2017 ergän zend Volbert May 2016 Anhand der Tatbegehungsklasse 2 Sexuelle Kontakthandlungen an be kannten allerdings außerfamiliären und häufig männlichen Opfern von Tatverdächtigen zu denen nicht sel ten parallel mehrere Missbrauchsfäl le ermittelt werden wird die Rele vanz der Vorbereitung von Kindern und der Sensibilisierung des Umfelds hinsichtlich zweier Grundkonstellati onen ersichtlich Die eine Konstellati on betrifft das Ausnutzen spezifischer Stellungen und Positionen in Instituti onen bspw in Schulen Kindergärten Vereinen Kirchen zur Ermöglichung sexueller Missbrauchshandlungen Dabei gilt zu berücksichtigen dass die geschädigten Kinder der Bezie hung zum Täter nicht so ohne Wei teres entfliehen können weil sie sich in einem besonderen Abhängigkeits verhältnis zum Täter befinden in dem sie eigentlich Unterstützung und Hil fe und nicht sexuelle Übergriffe er warten durften Eine andere Varian te dieser Klasse nutzt Lockstrategien im Sinne des sogenannten Groomings Craven et al 2006 zur Annäherung an das spätere Opfer Durch diese Strategien werden gerade auch ältere Kinder die sich ihre Welt zunehmend außerhalb des Einflussbereichs der El tern erschließen emotional an die Tä ter gebunden und im Rahmen eines schrittweisen gewöhnlich gewaltlo sen Vorgehens an sexuelle Handlun gen im Austausch gegen Belohnun gen wie Aufmerksamkeit Geschenke etc gewöhnt sexuelle Desensibili sierung Dabei verweist diese Klasse in Übereinstimmung mit bisherigen Untersuchungen auf eine besonde re Gefährdung von Jungen Bieder mann 2014 Brandes Gusy Kleiber 2004 Präventionsansätze sollten sol che Grooming Strategien und Mög lichkeiten sich diesen zu entziehen gezielt bei den gefährdeten Opfer gruppen thematisieren und somit eine Art Immunisierung erzielen sie he von Brisinski 2014 für ein entspre chendes Programm in Berlin Die Klassen 3 und 6 betonen beide die Gefährdung pubertierender weib licher Opfer an der Schwelle zum Ju gendalter Demnach sind in Klasse 3 Singuläre sexuelle Übergriffe durch jugendliche Tatverdächtige an weibli chen Opfern an der Schwelle zum Ju gendalter Taten von Tatverdächti gen unter 18 Jahren repräsentiert die der Peergruppe der Opfer zuge hörig oder nur unwesentlich älter als die Opfer sind Hierdurch ergeben sich teilweise spezifische Risikokonstellati onen wenn sich die Geschädigten ge meinsamen in einem Freizeitkontext außerhalb der Kontrolle erwachsener Personen bewegen und gegebenen falls zudem eine Beeinflussung durch berauschende Substanzen gegeben ist In Klasse 6 Schwere Missbrauchs handlungen an weiblichen Opfern an der Schwelle zum Jugendalter von mit dem Opfer bekannten Tatverdächti gen im jungen Erwachsenenalter waren die Tatverdächtigen bereits im jungen Erwachsenenalter kannten das Opfer allerdings ebenfalls schon im Vorfeld der Tat Bei beiden Klassen ergaben sich Tatvarianten gegen den Willen der Geschädigten mitunter un ter Einsatz von Nötigungsmitteln in Abgrenzung von als einvernehmlich beschriebenen sexuellen Handlungen In Bezug auf geeignete Präventi onsstrategien zur Verhinderung die ser Taten erscheinen mehrere Ansatz punkte bedeutsam So sollten bei sich in der Pubertät befindenden Kindern gezielt Risikosituationen für sexu elle Übergriffe und entsprechende Reaktionsmöglichkeiten bei sich an bahnenden oder initialen Übergrif fen thematisiert werden In diesem Kontext verweisen Studien darauf dass massive Widerstandshandlun gen physischer Art wie Kämpfen Flüchten Stoßen wie auch verbaler Art wie Schreien laut um Hilfe ru fen effektiver in der Abwehr sexu eller Übergriffe als schwächere Wi derstandsformen wie Flehen Bitten Weinen sowie argumentative Stra tegien sind Gleichzeitig gehen die se Widerstandshandlungen nicht mit einem erhöhten Verletzungsrisiko einher wenngleich die empirische Be fundlage hierzu noch nicht als ausrei chend betrachtet werden kann Ull man 2007 Bei der Verhinderung der seitens der Geschädigten als einvernehm lich beschriebenen Taten sollte be rücksichtigt werden dass sich Kinder in der Pubertät zwar zunehmend für sexuelle Handlungen interessieren aufgrund einer mangelhaft ausge prägten sexuellen Selbstbestimmung allerdings in Überforderungssituati onen geraten welche entsprechend von Täterseite ausgenutzt werden Zur Entwicklung der sexuellen Selbst bestimmung benötigen Kinder des halb die Unterstützung durch Bezugs personen um ihre Vorstellungen über Sexualität kritisch zu hinterfragen Risiken beispielsweise Schwanger schaften in der Jugend bewusst wer den zu lassen und den eigenen Weg in das geschlechtliche Leben zu finden Eine derartige Sexualerziehung sollte überdies auch an die potenziellen Tä ter gerichtet werden Denn neben der Wahrnehmung und Verteidigung der eigenen sexuellen Selbstbestimmung müssen Kinder im Rahmen der Puber tät auch lernen die sexuelle Selbstbe stimmung des anderen adäquat zu re spektieren vgl Ward Beech 2006 Anhand von Klasse 4 Onlinebasier te Missbrauchstaten mit überwiegend weiblichen Opfern an der Schwelle zum Jugendalter die sich nicht selten über einen längeren Zeitraum erstrecken wurde die zunehmende Bedeutung des Internets als Tatmittel beim sexu ellen Missbrauch ersichtlich Ebenso wie bei den Klassen 3 und 6 sind auch hier weibliche Opfer zwischen 12 und 13 Jahren besonders gefährdet Bei den Tatverdächtigen ergab sich eine Tatkonstellation mit jugendlichen Tat verdächtigen sowie eine Konstellation mit deutlich älteren Tatverdächtigen die zielgerichteter und strategischer vorgingen um das Opfer mit Be lohnungsanreizen beziehungswei se kommunikativen Lockstrategien zur Vornahme sexueller Handlungen zu bewegen In beiden Varianten er streckt sich der Tatzeitraum nicht sel ten über einen längeren Zeitraum und die Anzeigenerstattung erfolgt nicht unmittelbar nach den ersten Vor kommnissen Dieser Umstand deutet darauf hin dass die betroffenen Mäd chen initial überfordert sind auf das Einwirken der Tatverdächtigen bei spielsweise hinsichtlich des Übersen dens aufreizender Fotos adäquat zu reagieren Neben der oben erwähn ten Unterstützung bei der Entwick lung der eigenen sexuellen Selbst bestimmung sollte ein spezifisches Training der Medienkompetenz dazu

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