40 forum kriminalprävention 3 2020 SEXUELLER MISSBRAUCH führen dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeiten der neuen Medien nutzen können und gleichzeitig deren Gefahren erkennen vgl Neutze et al 2018 Im Sinne einer digitalen Gene ralprävention fordert Rüdiger 2019 ferner dass diese Medienkompetenz mit einer aktiveren Normenkontrolle durch staatliche Sicherheitsakteure wie die Polizei einem wirksamen Ju gendmedienschutz sowie verpflich tenden Schutzmaßnahmen der Betrei ber von Plattformen sozialer Medien verzahnt werden sollte Aus dem Blickwinkel von Präventi onsansätzen ist bei Klasse 5 Exhibiti onistische Handlungen oder sexuelle Kontakthandlungen durch ältere Tat verdächtige mit überwiegend frem den Opfern außerhalb von Wohnräum lichkeiten vor allem bedeutsam die Geschädigten auf diese Situationen durch die Vermittlung geeigneter Re aktionsmöglichkeiten vorzubereiten Dabei mögen initiale exhibitionisti sche oder Berührungshandlungen für die Geschädigten nur schwer zu verhindern sein da sie überraschend und unvermittelt erfolgen Indessen erscheint es wichtig dass die Geschä digten in einer solchen unerwarteten Situation nicht in reaktionslose Starre verfallen sondern sich der Situation zu entziehen versuchen und Außen stehende um Hilfe bitten Mit Klasse 7 Missbrauchshandlun gen mit weiblichen Tatverdächtigen sozial verwandten Opfern und teil weise gemeinschaftlicher Tatbege hung konnte eine kleine Klasse mit 3 der Fälle identifiziert werden die sich durch weibliche Tatverdächtige auszeichnet Die Analyse typischer Fallbeispiele verwies auf zwei unter schiedliche Varianten von Fallkonstel lationen in dieser Klasse welche auch im Bereich von Präventionsbemühun gen zu unterscheiden sind So traten weibliche Tatverdächtige einerseits als Unterstützerinnen Mittäterin nen im Zusammenwirken mit einem männlichen Tatverdächtigen in Er scheinung wobei die sexuellen Miss brauchshandlungen das eigene Kind oder anderweitige kindliche Angehö rige betrafen In Bezug auf die Verhin derung oder die möglichst schnelle Unterbindung von Folgetaten stellt sich hier als besonderes Problem dass sich das Kind innerhalb der eige nen Familie in einer isolierten und hilf losen Position befindet wenn gleich zwei direkte Bezugspersonen in den Missbrauch verwickelt sind Hierdurch gewinnen Kontakte außerhalb der Fa milie an Bedeutung denen sich das Kind anvertrauen kann z B Bezugs personen aus Kindergarten Schule oder Freizeitvereinen vgl die obigen Ausführungen zu Klasse 1 Die andere Variante dieser Klas se betraf Gefährdungen des Kindes durch den Anblick sexueller Handlun gen der weiblichen Tatverdächtigen mit dem Lebenspartner oder durch den freizügigen Umgang mit porno grafischem Material bspw auf dem Smartphone der Mutter Hier stellt sich für die Prävention die Frage nach konkreten Empfehlungen und Infor mationsveranstaltungen für erwach sene Personen um Kinder von nicht adäquaten Konfrontationen mit sexu ellen Handlungen fernzuhalten In die sem Rahmen sollte auch an schwieri ge Konstellation gedacht werden die beispielsweise durch beengte räumli che Verhältnisse gekennzeichnet sind Limitationen und zukünftige Forschungsbestrebungen Bei der Interpretation der erziel ten Ergebnisse dieser Untersuchung ist einschränkend zu berücksichti gen dass diese auf polizeilichen Anzei gen von sexuellen Missbrauchsdelik ten basieren Möglicherweise können spezifische Charakteristika von De likten aus dem sogenannten Dun kelfeld der Kriminalität somit nicht abgebildet werden Bundeskriminal amt 2019a Ferner wurden gerichtli che Entscheidungen bezüglich der an gezeigten Fälle nicht berücksichtigt so dass der Wahrheitsgehalt der An schuldigungen und ihrer Repräsen tationen in den polizeilichen Daten banksystemen nicht weiter überprüft werden konnte Auf der anderen Sei te können Verfahrenseinstellungen oder fehlende Verurteilungen auch nicht ohne Weiteres als Kriterium für einen nicht vorhandenen Wahrheits gehalt der angezeigten Handlungen gewertet werden vgl Hartmann et al 2015 Darüber hinaus fiel die Qua lität der Freitextschilderungen in der POLAS Datenbank unterschiedlich aus und ließ nähere inhaltliche Analysen relevanter Tathintergründe teilwei se nur bedingt zu Dieser Problema tik sollte durch den Einbezug einer je weils relativen großen Anzahl von 25 typischen Fällen pro Klasse entgegen gewirkt werden Zukünftige Untersuchungen soll ten sich unter anderem der Frage wid men wie sich der weitere Fortgang der staatsanwaltschaftlichen und ge richtlichen Entscheidungen zu den angezeigten Fällen entwickelt Da durch könnte herausgearbeitet wer den welche Fälle tatsächlich zu einer rechtskräftigen Verurteilung füh ren aus welchen Gründen eine sol che Verurteilung ausbleibt und in wiefern hieraus Rückschlüsse für eine Optimierung der polizeilichen Arbeit gezogen werden können Zudem er scheint untersuchenswert inwie fern sich aus der erzielten Klassifikati on Rückschlüsse auf die Rückfälligkeit der Tatverdächtigen im Sinne erneu ter sexualdeliktbezogener polizeili cher Ermittlungen nach Abschluss eines entsprechenden Ermittlungs vorgangs erzielen lassen Diese Er kenntnisse wären insbesondere auch für polizeiliche Konzepte wie HEADS in Brandenburg Haft Entlassenen Aus kunfts Datei Straftäter oder S P R E E Sexualstraftäter Prävention bei Rück fallgefahr durch Eingriffsmaßnahmen und Ermittlungen in Berlin die der Rückfallgefahr von Sexualstraftätern durch täterorientierte Maßnahmen entgegenwirken wollen von Relevanz Prof Dr Jürgen Biedermann forscht und lehrt an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg Kontakt juergen biedermann hpolbb de Prof Dr Klaus Peter Dahle forscht und lehrt an der Universität Hildesheim Kontakt dahlek uni hildesheim de

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