GEWALTPRÄVENTION 21forum kriminalprävention 4 2020 vgl Rabe 2018 S 179 181 Gloss 2018 S 772 Mosser 2018 S 738 Zudem bie tet die Polizei auch Primärprävention wie bspw im Programm Polizeiliche Kriminalprävention ProPK an oder führt Informationsveranstaltungen in Flüchtlingsunterkünften durch vgl Kornmann 2019a S 2 Handlungsempfehlungen Die folgenden Handlungsempfeh lungen verstehen sich als Vorschläge um zur Optimierung der Kriminalprä vention in Flüchtlingsunterkünften beizutragen Sie beruhen z T auf den Lösungsvorschlägen aus der gewon nenen Literatur die auch von den Ex pert innen benannt werden aber auch auf neuen Überlegungen und lassen sich wie folgt untergliedern die Etablierung ganzheitlicher Präven tionsmaßnahmen in Flüchtlingsunter künften sowie eines gendersensiblen Unterstützungssystems und verbes serte Rahmenbedingungen Umsetzung einer ganzheitlichen Kriminalprävention in Flüchtlings unterkünften Gewaltschutzkonzepte sollten auf Länder und kommunaler Ebene ein richtungsspezifisch eingeführt wer den wie es gemäß dem jüngst erlas senen Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht in 44 Abs 2a AsylG vorgesehen ist vgl Kornmann 2019b S 3 Hierbei soll ten v a Punkte die in den Mindest standards bereits enthalten sind und nochmals von den Expert innen vor geschlagen werden in der kriminal präventiven Praxis umgesetzt werden vgl BMFSFJ UNICEF 2018 S 11 29 In jeder Flüchtlingsunterkunft soll ten qualifizierte und unabhängi ge Ansprechpartner innen für ge schlechtsspezifische Gewalt mit langfristigen Verträgen eingestellt werden Das weibliche Sicherheitspersonal sollte personell aufgestockt werden Das Vorlegen eines polizeilichen Führungszeugnisses für Mitarbei ter innen und Ehrenamtliche soll te bei Neueinstellungen verpflich tend sein Alle Mitarbeiter innen von Flücht lingsunterkünften sollten an Fort bildungen Schulungen zum The ma geschlechtsspezifischer Gewalt teilnehmen müssen Regionale Gewaltschutzkonzepte sollten allen Akteur innen bekannt gemacht werden die mit der Ziel gruppe arbeiten und Bewohner in nen zur Verfügung stehen Es sollten unabhängige Beschwer destellen speziell für Fälle ge schlechtsspezifischer Gewalt ein gerichtet sowie Ombudsfrauen für geschlechtsspezifische Gewalt ein berufen werden Bauliche Primärmaßnahmen wie abschließbare Zimmer und Sani tärraumtüren die Unterbringung in angemessenen hellen Zimmern und die Errichtung von Rückzugs räumen sollten als absolute Stan dards gelten Aufklärende Informationsangebo te und materialien sollten zugäng licher gemacht werden auch für Analphabetinnen was sich auch auf das Anzeigeverhalten der Flücht lingsfrauen auswirken könnte An der Schnittstelle zwischen Se kundär und Tertiärprävention sind Handlungsempfehlungen die Trans parenz in den Verfahrensabläufen bringen schriftlich zu dokumentie ren bspw in Form von Checklisten Bei Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt sollten Sanktionierungen erfolgen auch bei Mitarbeiter in nen und Ehrenamtlichen Täter innen sollten konsequent wegverteilt werden anstatt Opfer umzuverteilen Die muttersprachliche Täter innen arbeit sollte ausgebaut werden Da Täter innenprogramme sich oft auf häusliche Gewalt konzen trieren wäre es sinnvoll Program me zu gestalten die sich auch auf andere Formen geschlechtsspezi fischer Gewalt spezialisieren und auch Täterinnen mit einbeziehen z B Menschenhandel Die interdisziplinäre Kooperation sollte ausgebaut werden Für die zukünftige Präventionsarbeit ist es wichtig dass verschiedene Ak teur innen der gesamten Hilfsket te zusammen statt nebeneinander arbeiten In Flüchtlingsunterkünften sollte ein verbessertes Monitoringsys tem eingeführt werden um das Einhalten von Qualitätsstandards zu überprüfen Zusätzlich ist eine regelmäßige Eva luation durch eine unabhängige Stelle zu empfehlen Nicht zuletzt bedarf es der Finanzie rung von Supervision für alle krimi nalpräventiven Akteur innen damit sie ihr eigenes Handeln reflektieren und dadurch verbessern können Ferner schlagen die Expert innen folgende Maßnahmen für Gewalt schutzkonzepte vor die nicht in den Mindeststandards explizit aufgeführt sind Auf Ebene der Primärpräventi on sind weitere bauliche Maßnah men empfehlenswert die Gewähr leistung geschlechtergetrennter Unterbringung bspw durch ein Chipsystem für Frauentrakte Die Einrichtung von Notfallknöpfen bspw auf Fluren wäre eine weite re Maßnahme die in Betracht ge zogen werden sollte Einzelzim mer sind zu empfehlen zumal das Unterbringungsproblem im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 2016 nicht mehr besteht Weitere kriminalpräventive Ak teur innen wie die Polizei benöti gen ebenfalls eine Sensibilisierung über aufenthaltsrechtliche Belan ge und die Traumatisierung von Flüchtlingsfrauen um Opfer bes ser unterstützen zu können Informationsangebote sollten auch vermehrt an alle o g kriminalprä ventiven Akteur innen gestreut werden da diese dann Informatio nen an Flüchtlingsfrauen weiterge ben können Das Monitoring sollte so erfolgen dass soziodemografische Daten zu den Täter innen und Opfern zu Qualitätszwecken zwar erhoben nicht aber für kulturalisierende Zuschreibungen zweckentfremdet werden können bspw rassistische Debatten Zusätzlich zu Empfehlungen hin sichtlich der Mindeststandards erge ben sich folgende weitere Empfehlun gen Im Sinne der Istanbul Konvention sollten Clearingstellen in Flücht lingsunterkünften eingerichtet werden um regionale Interventi ons und Präventionsnetzwerke zu verankern und die Verweisbe ratung voranzutreiben Diese Clea ringstellen sollten durch eine Fach beratungsstelle oder Organisation besetzt und finanziell unterstützt werden Die Entwicklung einer App die di verse kriminalpräventive Maßnah men und Handlungsabläufe bein haltet sowie Bereitstellung von Kontaktadressen zu wichtigen Ak teur innen wären überlegens wert Laut der o g aufgeführten Hand lungsempfehlungen sollte ein ganz heitliches Gewaltschutzkonzept

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