GEWALTPRÄVENTION 7forum kriminalprävention 4 2020 koanalyse eine Gefährdung frühzeitig identifiziert werden Die mittlerwei le in allen Bundesländern existieren den und zwischenzeitlich optimierten unterschiedlichen Ansätze und Ana lysetools bedürfen einer kontinuier lichen interdisziplinären Zusammen arbeit und Austausch mit staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen Fortgesetzte gewalttätige Handlun gen und Morddrohungen im Kontext häuslicher Gewalt können vorherge sagt werden wenn ein standardisier tes multiprofessionelles behörden übergreifendes und auf den Einzelfall bezogenes Risikomanagement im Sin ne von Artikel 51 der Istanbul Konven tion erfolgt Bei einer akuten Gefah renlage sollte stets die Polizei unter Notruf 110 verständigt werden Fazit und Ausblick Bei einer Betrachtung der Präven tion und Intervention häuslicher Ge walt der letzten vier Jahrzehnte kann festgestellt werden dass sich eine Vielzahl von Maßnahmen Program men und gesetzlichen Regelungen etablieren konnten Erfolge und Defizite Zur erfolgreichen Umsetzung der präventiven und repressiven Maßnah men haben unter anderem auch eine verbesserte Aus und Fortbildung so wie Sensibilisierung bei Polizei Ju gendämtern Ärzteschaft Staatsan waltschaft und auch innerhalb der Gesellschaft beigetragen Der Polizei wird bei der Bekämp fung und somit aber auch bei der Verhinderung von häuslicher Gewalt eine Schlüsselrolle zugeschrieben Europaweit hat die Polizei ihre Kon zepte zur Prävention Intervention und zum Schutz von Betroffenen von häuslicher Gewalt ausgebaut und an gepasst Von den europäischen Staa ten werden unterschiedliche Ansätze favorisiert Beispielsweise interdiszi plinäre Teams von Polizei und Sozial arbeit oder eine engmaschigere Be treuung der Opfer und deren Kinder nach Bekanntwerden einer Gewalttat Einigkeit besteht darüber dass die Anzahl der im Kontext häuslicher Ge walt Getöteten und Schwerverletzten nicht mehr länger akzeptabel ist und Gefährdungsanalyse sowie Risikoma nagement verstärkt angewandt und operative Opferschutzmaßnahmen ausgebaut werden müssen Vernetzung und Kooperation sind inzwischen für nahezu allen mit häus licher Gewalt betrauten Akteuren an der Tagesordnung Die vor Ort han delnden Akteure kennen sich und sind sich darüber bewusst dass eine Redu zierung der Gewalt nur durch gemein same Bestrebungen die auf Nachhal tigkeit ausgelegt sind und sich auf verbindliche Qualitätsstandards stüt zen wirksam sein können Auch wenn eine oftmals hohe Fluktuation der An sprechpartnerinnen und Ansprech partner eine Kontinuität der Zusam menarbeit erschwert haben sich inzwischen fest installierte verbindli che Vernetzungs und Kooperations strukturen mehr oder weniger flä chendeckend etabliert Die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention ist Teil des bun desweiten Netzwerkes und trägt dazu bei Neuerungen bekannt zu machen und Schnittstellenprobleme zu erken nen und abzubauen Obwohl auf nationaler und auf in ternationaler Ebene umfangreiche Verbesserungen im Hinblick auf Un terstützung Rechtsgrundlagen und der Intervention geschaffen wurden ist die Prävalenz bei häuslicher Ge walt immer noch hoch nach den vor liegenden Auswertungen zum Hell und Dunkelfeld sogar angestiegen Unzureichend ist noch immer der Stand gesicherten empirischen Wis sens zum tatsächlichen Ausmaß und den Erscheinungsformen häuslicher Gewalt bei weiblichen und insbeson dere auch bei männlichen Opfern Er forderlich sind daher weiterführen de empirische Studien die auch auf männliche Opfer ausgedehnt werden müssen Vernetzungen und Kooperationen von Polizei Jugendamt und Justiz sind für die Prävention und Bekämp fung von häuslicher Gewalt von essen zieller Bedeutung und bedürfen des weiteren Ausbaus Gezielte Präven tionsmaßnahmen für Kinder und Ju gendliche um mit ihnen an Rollenbil dern Konfliktlösungsstrategien und Selbstbehauptung arbeiten zu kön nen sind notwendig Auch die Un terstützung der Eltern die mit dieser Aufgabe überfordert sind Die Zusammenarbeit zwischen Bund Ländern und Kommunen sowie den verschiedenen zuständigen Mi nisterien hat sich in den letzten Jah ren und im Rahmen der Umsetzung der Anforderungen der Istanbul Kon vention verbessert muss jedoch noch weiter intensiviert werden Ergänzende Handlungserfordernisse Es fehlen wirksame auf Dauer an gelegte Präventionsprogramme und maßnahmen Die Begleitung von Op fern häuslicher Gewalt und ihren Kin dern gilt es zu verbessern sowie ein flächendeckendes Angebot für die Arbeit mit Täterinnen und Tätern zu schaffen 47 Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vielzahl von Maßnahmen sind größtenteils vorhanden Nun gilt es diese konsequent auf allen Ebenen von allen Akteuren anzuwenden und umzusetzen Das Gewaltschutzge setz und die Istanbul Konvention bie ten beispielsweise viele Möglichkei ten die noch nicht in vollem Umfange ausgeschöpft worden sind Neben der Hilfe und Unterstützung offiziell handelnder Akteure sind auch die ge sellschaftliche Solidarität mit den Op fern und die Einsicht dass Partner schaftsgewalt nur dann erfolgreich bekämpft werden kann wenn eine tatsächliche Gleichstellung von Frau en und Männern erfolgt wichtige Vo raussetzungen bei der Prävention und Intervention von häuslicher Gewalt Forderungen Weiterhin besteht die Herausforde rung auf häusliche Gewalt in Familien mit Migrationshintergrund angemes sen reagieren zu können Beziehen sich die meisten Maß nahmen in erster Linie auf häusli che Gewalt gegen Frauen so ist es auch notwendig Männer als Opfer von häuslicher Gewalt in den Blick zu nehmen Handlungsbedarf be steht bei der Erforschung des Aus maßes der Art der erfahrenen Ge walt und der Bedarfe von männlichen Opfern häuslicher Gewalt Eine im Jahr 2019 geschlossene Kooperation der Bundesländer Bayern und Nord rhein Westfalen zum Aufbau einer Männerunterstützungsstruktur und der Installation eines bundesweiten Hilfetelefons Gewalt an Männern hat deutlich gemacht dass Beratungs und Hilfeangebote für männliche Op fer von Gewalt ebenfalls dringend be nötigt werden 48 Es gilt hierbei noch immer vorhandene Geschlechterkli schees zu überwinden da weder Frau en noch Männer einseitig auf Opfer 47 www bag taeterarbeit de 48 https www maennerhilfetelefon de kooperation bayern nordrhein westfalen

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