EXTREMISMUSPRÄVENTION 16 forum kriminalprävention 1 2021 keit strukturelle Diskriminierung u a m Die Anerkennung des politischen Interesses Jugendlicher und jun ger Erwachsener kann eine Stei gerung des subjektiven Bedeut samkeitsgefühls zur Folge haben ihr Selbstbewusstsein stärken so wie Resilienz gegenüber extremis tischen Ideologien erzeugen Durch eine Förderung des bereits beste henden politischen Interesses von Jugendlichen kommt diesen ein po sitives Gefühl der Bedeutsamkeit in der Gesellschaft zu was wiederum vor einer Hinwendung zu extre mistischen Einstellungen und Ver halten schützen kann In diesem Sinne braucht es immer wieder an aktuelle Themenfelder der Jugend lichen anknüpfende Partizipations angebote Prävention von Extremismus all gemein Linksextremismus im Be sonderen muss verstärkt in den sozialen Medien stattfinden Der Medienkonsum erweist sich als re levanter Risikofaktor für eine Radi kalisierung Hier müssen Präventi onsprojekte ansetzen Im Bereich des islamistischen Extremismus fin den sich nachweislich wirksame An gebote für Gegen und alternative Narrative Diese sind auch für den Linksextremismus zu entwickeln Zudem wird es zukünftig umso mehr nötig sein bspw in Form von digital aufsuchender Sozialarbeit Jugendliche in den Sozialen Medien zu erreichen und vor einer Radika lisierung zu schützen Hierfür sind mit Pilotprojekten die notwendi gen Grundlagen zu schaffen Für die Umsetzung langfristig an gelegter Präventionsmaßnahmen empfiehlt es sich zudem einer seits mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zusammenzuarbei ten und andererseits auf pädagogi sche Fachkräfte aus den Bereichen Soziale Arbeit Sozial Pädagogik u a m zu setzen Für diese Perso nengruppen sind daher entspre chende Weiterbildungsangebote dauerhaft anzubieten Zudem ist zu beachten dass Ex tremismus teilweise vergleichbare Ursachen aufweist wie nicht extre mistische Gewalteinstellungen bzw nicht extremistisches Gewaltverhal ten Stichwort Delinquenzpfad Dies bedeutet dass Gewaltpräven tionsprojekte von denen eine Rei he nachgewiesenermaßen effektiver Programme existiert auch bedeut sam sind für die Extremismusprä vention An diese Erkenntnis schließt sich die Folgerung an dass Gewalt prävention weiterhin umfassend im Schul und Freizeitbereich zu fördern ist wobei sich solche eine Förderung auf die effektiven Maßnahmen fo kussieren sollte Für den Bereich der selektiven und indizierten Präventi on lässt sich Folgendes formulieren Um vulnerable Jugendliche zu errei chen müssen diese zunächst identifi ziert werden Dies können am ehesten jene Personen die mit Jugendlichen arbeiten im schulischen wie im au ßerschulischen Bereich Diese Perso nen sind daher als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren dahingehend aus zubilden eine Radikalisierung frühzei tig zu erkennen und adäquat auf die se zu reagieren Ein regelstrukturelles Angebot aus speziellen Schulungen und Trainings ist daher zu empfeh len Eine Implementierung der Schu lungen und Trainings in die berufliche Aus und Fortbildung wäre besonders wünschenswert Ein indirekter selektiver Ansatz be trifft die polizeiliche Einsatzgestal tung bei Demonstrationen im öffent lichen Raum weil ein bedeutsamer Anteil der polizeilich registrierten Straftaten im Bereich linksextremer Gewalt die Konfrontation mit der Po lizei zumeist bei Protestaufzügen aus macht Obwohl die Polizei immer wie der versucht bei solchen Ereignissen mit Deeskalationsstrategien zu arbei ten kommt es dennoch zu gewalt samen Auseinandersetzungen Die se als Repression von linksextremer Seite klassifizierten Auseinanderset zungen können einerseits dazu füh ren dass sich Personen weiter radi kalisieren andererseits dienen sie bislang unbeteiligten jungen Men schen als Identifikationsmoment und damit ggf als Auslöser für einen Ein stieg in die radikalere linke Szene da das polizeiliche Vorgehen bspw als ungerecht empfunden wird Eine Fol gerung mit Blick auf die Polizei lau tet daher dass sie sich dieser mög lichen Folgen des eigenen Wirkens bewusst sein sollte und weiterhin al les tun sollte um Eskalationen die im Nachhinein als ungerechtfertigt und ungerecht bewertet werden können zu vermeiden Workshops mit Polizis ten unterschiedlicher Hierarchiestu fen oder andere Maßnahmen über die ein Bewusstsein für Erscheinungsfor men und Ursachen linksextremen En gagements geschaffen wird erschei nen daher als ein möglicher Baustein einer gesamtgesellschaftlichen Prä ventionsstrategie gegen Linksextre mismus Interventionsmaßnahmen sind im Feld des Linksextremismus bis lang kaum existent Wenn sich regi onal eine Szene radikalisiert wie dies bspw in Berlin oder Leipzig der Fall ist wird meist mit Repression versucht die Szene zu beeinflussen Der Erfolg repressiver Maßnahmen ist dabei be grenzt Interventionsprojekte sehen sich mit der zentralen Herausforde rung konfrontiert dass sie die Ziel gruppe nur ausgesprochen schwer er reichen Bislang wird im Wesentlichen versucht intervenierend mittels Aus steigerprogrammen zu agieren Dies erscheint jedoch nicht als vielverspre chender Weg u a aufgrund der Dis tanz gegenüber staatlichen Akteuren welche gewöhnlich die Programme organisieren Hinsichtlich der Frage wie geeignete Intervention im Bereich des Linksextremismus beschaffen sein könnte bedarf es daher in ers ter Linie weiterer wissenschaftlicher Forschung die bspw systematisch die Ausstiegsverläufe und prozesse aus der Szene untersuchen könnte Derar tige Desistance Forschung hat im Be reich der allgemeinen Kriminalität in der Vergangenheit zu wichtigen Ein sichten bspw in Bezug auf die Rolle von Familienbeziehungen oder der Berufstätigkeit geführt Die Ergeb nisse dürften sich nicht eins zu eins auf den Extremismusbereich übertra gen lassen weshalb zusätzliche Stu dien zum Ausstieg aus dem Extremis mus notwendig erscheinen Laura Treskow wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen Kontakt Laura Treskow kfn de Prof Dr Dirk Baier Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewand te Wissenschaften Kontakt Baid zhaw ch Literatur Backes U 2008 Linksextremismus im vereinten Deutschland Bundeszentrale für Politische Bil dung Online abrufbar unter https www bpb de politik extremismus linksextremismus 33615 links extremismus im vereinten deutschland p all Bundesamt für Verfassungsschutz o J Linksex tremismus Online verfügbar unter https www verfassungsschutz de de arbeitsfelder af linksex tremismus aussteiger programm linksextremismus Cohen J 1988 Statistical power analysis for the be havioral sciences 2nd ed Hillsdale N J L Erlbaum Associates Gmeiner J Micus M 2018 Radikalismus der Tat Lin ke Militanz oder die Ethnologie der Post Autono men In Institut für Demokratieforschung Hrsg Werkstattbericht der Forschungs und Dokumentati onsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extre mismen in Niedersachsen FoDEx Göttingen S 2 18 Gruber F Lützinger S 2017 Extremismuspräven tion in Deutschland Erhebung und Darstellung der Präventionslandschaft Bundeskriminalamt

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