GEWALTPRÄVENTION 17forum kriminalprävention 2 2021 Deutschland hat viele Verbesserun gen im Sinne der Istanbul Konvention sowie der nationalen Aktionspläne erreicht Staatliche Interventionen werden durch ein ausdifferenziertes spezialisiertes und professionalisier tes nichtstaatliches Unterstützungs system für gewaltbetroffene Frauen z B Frauen und Kinderschutzhäu sern Schutzwohnungen Frauenbe ratungs und Interventionsstellen Frauennotrufe und Fachberatungs stellen bei sexualisierter Gewalt Frauenflüchtlingshäuser sog Mäd chenhäuser bzw Jungenbüros das Kinderschutztelefon Opfer und Trauma Ambulanzen mit Beratungs angeboten sowie durch das vom Bund finanzierte deutschlandweite Hilfetelefon ergänzt Allerdings blei ben wesentliche Anforderungen noch nicht hinreichend erfüllt etwa die be darfsgerechte Bereitstellung und ab gesicherte Finanzierung des Hilfesys tems sowie die Versorgung einzelner Gruppen etwa von psychisch erkrank ten oder suchtkranken Frauen Die fö derale Struktur Deutschlands führt zu unterschiedlichen Schutz und Maß nahmenniveaus Im Sinne einer bun desweiten Gleichbehandlung von Ge waltbetroffenen wären Anpassungen der Aktionspläne und der Ressourcen bereitstellungen in den Bundeslän dern hilfreich Prävention von Gewalt in der Erziehung und beim Kinderschutz Im Eltern Kind Verhältnis das über sehr lange Zeit bis in das letzte Drittel des 20 Jahrhunderts hinein durch die kindliche Unterordnung unter Macht und Willen der Eltern vor allem der Väter geprägt war konnte ein grund legender Wandel erreicht werden Maywald 2016 Die UN Kinderrechts konvention von 1989 verpflichtet die Vertragsstaaten Kinder umfassend vor körperlicher oder psychischer Ge waltanwendung oder anderen Scha denszufügungen zu schützen Die Konvention trat 1992 in Deutschland in Kraft und löste weitere Schritte des Kinderschutzes aus Körperliche Züch tigung galt lange als elterliches Ge wohnheitsrecht bis sie letztendlich 1998 verboten wurde Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung Körperliche Bestrafungen seelische Verletzungen und andere entwürdi gende Maßnahmen sind unzulässig 1631 Abs 2 BGB Gewaltfreiheit hat sich in den letzten 30 Jahren zum Standard elterlicher Erziehung entwi ckelt und trägt zur gesellschaftlichen Zivilisierung bei Verstoßen Eltern gegen das Ver bot wird ihnen und den betroffenen Kindern Hilfe angeboten Raab Heck 2016 Der staatliche Schutzauftrag und die familiengerichtlichen Mög lichkeiten des Eingreifens sind 2005 und 2008 gesetzlich erweitert worden Befinden sich Kinder oder Jugendliche in einer akuten Gefährdungslage und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage diese Gefahr abzuwenden so müssen Jugendamt und Familien gericht gemäß differenzierter Verfah rensregeln tätig werden um die Ge fährdeten in Obhut zu nehmen 8a Sozialgesetzbuch VIII Mit dem Bundeskinderschutzge setz wird 2012 das Präventionsver ständnis erweitert Der Staat soll nicht erst dann tätig werden wenn eine Ge fährdung des Kindeswohls eingetre ten ist sondern bereits weit zuvor kommend etwa durch eine beratende und unterstürzende Stärkung der El ternverantwortung Seit 2007 gibt es ein Nationales Zentrum Frühe Hil fen www fruehehilfen de das dabei hilft vor Ort ein möglichst frühzeiti ges koordiniertes und multiprofes sionelles Angebot für Eltern von der Schwangerschaft bis in die ersten Le bensjahre ihrer Kinder zu etablieren 16 Abs 3 SGB VIII Die Jugendäm ter koordinieren in der Regel die ört lichen Leistungsangebote Sie arbei ten dabei mit den Trägern der freien Jugendhilfe zusammen 4 SGB VIII Leider überschatten spektakulä re Fälle von Behördenversagen wie etwa infolge des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in Lügde zwischen 2008 und 2018 die insgesamt positi ve strukturelle Fortentwicklung von Hilfen und Interventionen im Erzie hungskontext Risiken bestehen nicht nur in der elterlichen Erziehung und in ihrem familiären Umfeld Auch in pädago gischen Kontexten von Institutionen wie etwa Kirchen Internats Schu len Sportvereinen sind insbesondere schwere sexualisierte Gewaltformen zutage getreten die einerseits rück blickend grundlegend aufgearbeitet werden und andererseits im Fokus von aktuellen Präventionsanstren gungen und Schutzkonzepten ste hen Wesentlicher Motor für eine Viel zahl von Aktivitäten und Angeboten ist seit 2010 der Unabhängige Beauf tragte für Fragen des sexuellen Kindes missbrauchs www beauftragter missbrauch de Am 1 Juli 2020 hat das BMJV ein Reformpaket auf den Weg gebracht um Kinder besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen und den Verfol gungsdruck auf die Täter zu erhöhen Gesetzentwurf 19 23707 im Gesetz gebungsverfahren Ahndung des se xuellen Kindesmissbrauchs bereits im Grundtatbestand als Verbrechen ebenfalls die Verbreitung der Besitz und Besitzverschaffung von Kinder pornografie Zudem soll auch die Prä vention gestärkt werden um Fälle des Kindesmissbrauchs möglichst zu ver hindern z B sollen Registereinträge einschlägig Verurteilter später oder gar nicht gelöscht werden Prävention von Gewalt bei älteren Menschen in Pflegekontexten Im Bereich der häuslichen Pflege älterer Menschen weisen Studien bei hohem Dunkelfeld darauf hin dass Prävalenzen der Viktimisierung von Pflegebedürftigen durch Angehöri ge oder Pflegedienstpersonal über das Maß von Einzelfällen deutlich hi nausgehen Auch in der institutionel len Pflege ist von einem Risiko pflege rischer Vernachlässigung körperlicher Übergriffe und psychischer Misshand lungen auszugehen Görgen 2016 Im Zusammenhang mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 und ihrer Ergänzungsgesetze in den Folgejahren bis 2016 sind Regelungen zur Qualitäts steigerung in der Pflege durch verbes serte Arbeitsbedingungen und Stan dards festgeschrieben worden 2014 hat die Bundesregierung eine Beauf tragte für die Belange der Patientinnen und Patienten www patientenbeauf tragte de sowie eines Bevollmächtig ten für die Pflege www pflegebevoll maechtigter de berufen Bereits seit den 1990er Jahren gibt es vielfältiges aber noch nicht hinrei chende Initiativen auf regionaler oder kommunaler Ebene um Pflegemiss stände zu reduzieren und Pflegebe dürftige Pflegende und Angehörige zu unterstützen Derzeit 15 lokale Beratungsstel len zum Teil mit Beschwerdetelefo nen haben sich in der 1999 begründe ten Bundesarbeitsgemeinschaft der Krisentelefone Beratungs und Be schwerdestellen für alte Menschen www beschwerdestellen pflege de mit dem Ziel der Verbesserung der Le benssituation alter Menschen zusam mengeschlossen Seit 2011 gibt es ein Pflegetelefon beim BMFSFJ www wege zur pflege de
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