EDITORIAL 2 forum kriminalprävention 2 2021 Liebe Leserin lieber Leser neben aller fachlichen Informa tionsmöglichkeiten hat das per sönliche Zusammentreffen der Teilnehmenden beim Deutschen Präventionstag DPT einen be sonderen Stellenwert und fördert den Zusammenhalt der Menschen die in unterschiedlichen Hand lungsfeldern der Prävention zu sammen arbeiten Es wird in der Sache durchaus kontrovers disku tiert und gleichzeitig entsteht ein spürbares Kooperationsverständ nis das überall der täglichen Zusam menarbeit zugutekommt Digitale Formate können den persönlichen Kontakt und Austausch nicht ersetz ten und sind allenfalls eine zeitgemä ße Ergänzung bzw in Coronazeiten ein lageangepasster bzw alternativ loser Ersatz Der jährliche Präventionskon gress findet 2021 erneut digital statt Die Veranstalter innen des DPT haben mit großem Engagement und beachtlicher Kreativität ein viel fältiges Programm wie auch zahlrei che neue Elemente wie Ideenbox Plauderecke Previews Umfragen ins Leben gerufen Ein herzlicher Dank dafür an Erich Marks Claudia Heinzelmann und das ganze DPT Team Historisch betrachtet ist der menschliche Wunsch nach einem Ori entierungsrahmen eine anthropo logische Konstante Religionen und seit der Neuzeit auch andere Weltan schauungen geben vielen Menschen den notwendigen Halt um mit den Unsicherheiten und Schwierigkeiten des Lebens besser zurechtzukom men Sie geben Erklärungsangebote und Hoffnungsperspektiven für die Entwicklungen die der einzelne be sonders in Krisen kaum selbst be einflussen kann In der modernen Wohlstandsge sellschaft in der die Lebensrisiken ge ringer und individuelle Gestaltungs möglichkeiten für das eigene Leben größer geworden sind gibt es den Trend einer Loslösung von gemein sam geteilten Glaubensbotschaften Individuelle Resilienz gegenüber den Unwägbarkeiten des Lebens speisen sich aus dem Rationalitätsvorsprung der heutigen Zeit und der Vorstellung für den eigenen Lebensweg auch in Solidarität mit anderen verantwort lich zu sein Vernunft ist als Gegenpol zu unreflektierter Gläubigkeit immer mehr zum Leitbild individueller und kollektiver Entscheidungsprozesse geworden Dennoch zeigt sich besonders in Krisen dass in Teilen der Gesell schaft en die Tendenz zur Verein fachung komplexer gesellschaft licher politischer ökonomischer medizinischer oder ökologischer Zusammenhänge zunimmt Interes santerweise ist es die Dynamik der sozialen Medien die Infragestellun gen Falschmeldungen Verschwö rungsmythen Wissenschaftsskep sis Vorurteile und Extremismen in sich formierenden Echokammern immer schneller verbreitet kommu nikative Revolu tion Solches Kom munikationsverhalten führt zu einer Geschlossenheit der neuen Gläubi gen und Querdenker die wenig Spielraum für einen politischen und gesellschaftlichen Diskurs lässt der sich an den Idealen einer offenen Gesellschaft und ihrem kritischen Rationalismus orientiert Im ersten Beitrag werden insbe sondere die Überlegungen von Gina Wollinger aus ihrem DPT Gutachten vorgestellt die der Frage nachge hen inwieweit die Corona Krise für die Gesellschaft problematische Ent wicklungen verursacht oder die Krise vielmehr etablierte Strukturen und Haltungen verstärkt sichtbar macht Den Zusammenhang zum Rechtsex tremismus erläutert Stefan Goertz Die Mechanismen mit den denen Hassnachrichten der Identi tären Be wegung bei Twitter verbreitet wer den erläutern Ruben Wienigk Den nis Klinkhammer und zeigen welche Interventionen präventiv wirken können oder unwirksam bleiben Bei der Suche nach Orientierung hat ein starker Zusammenhalt der Gesellschaft eine stabilisierende Funktion Allerdings zeigt sich dass in Folge der fortschreitenden Aus differenzierung gesellschaftli cher Milieus die Kohäsion immer weiter erodiert Wie kann eine Auseinan dersetzung um Bedürfnisse nach so zialer und kultureller Beheimatung einerseits mit entschiedener Haltung gegenüber den Feinden der offenen Gesellschaft und andererseits im Sin ne konstruktiver Weiterentwicklung kultureller Zugehörigkeitsaspekte aussehen war bereits im Editorial Anfang des Jahres eine leitende Fra gestellung Ergänzend zu den genannten Be funden weisen wissenschaftliche Beobachter auf die Rolle der Zivilge sellschaft als gestaltende Kraft für den gesellschaftlichen Zusammen halt hin Kann sie dazu beitragen ei ner Desintegra tion der Gesellschaft vorzubeugen In Deutschland gibt es rund 800 000 Bewegungen Or ganisationen und Institutionen der Zivilgesellschaft die sich selbst or ganisieren keine staatlichen bzw hoheitlichen Aufgaben wahrneh men und nicht primär auf Gewinn erzielung sondern subjektiv auf die Förderung des Allgemeinwohls aus gerichtet sind Sie sind auf materiel le Hilfe angewiesen und stützen sich auf solidarisches unentgeltliches En gagement Die Engagierten erfahren in ihrer Kooperation wie gegensei tiges Vertrauen wächst und wie sich dann Konflikte und Probleme besser lösen sowie Kompromisse leichter aushandeln lassen Verbundenheit nimmt zu Gefahr droht wenn zivile Bin dungen auf sehr dezidierten sich von anderen Menschen gruppen abgrenzende weltanschaulichen Überzeugungen beruhen Fehlen des Interesse an der Pluralität des Zusammenlebens und unversöhn liche Standpunkte tragen dazu bei die Gesellschaft zu spalten Zivilge sellschaft garantiert daher nicht au tomatisch die Stärkung zwischen menschlichen Vertrauens und Zusammenhalts in einer offenen Ge sellschaft Aktives Entgegenwirken und die Fähigkeit sich mit den ge sellschaftlichen Herausforderun gen konstruktiv auseinanderzuset zen können die destruktiven Kräfte bremsen und den Zusammenhalt fördern Die Beiträge zur Gewalt und Mob bingprävention sowie zur kommuna len Präventionsarbeit und ihrer Stär kung zeigen wie die Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement Partizipationsangeboten und Ge meinschaftsaktivitäten in Deutsch land zunimmt Prävention gestaltet also Zu kunft Anregungen dafür was jetzt zu tun ist damit es zukünftig gut wird finden Sie in den Beiträgen und erhalten Sie im vielfältigen Angebot des 26 Deutschen Präven tionstages Ich wünsche Ihnen eine entspannte Lektüre bei passender Gelegenheit Ihr Wolfgang Kahl
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