GEWALTPRÄVENTION 32 forum kriminalprävention 3 2022 Training deeskalierenden Verhaltens in Konfliktsituationen Ein Programm zur Prävention reaktiver Aggression im Kindes und Jugendalter Janine Neuhaus Diana Schühner Der Beitrag stellt das Training deeskalierenden Verhaltens in Konfliktsituationen für Schulklassen ab Jahrgang 5 vor welches in Zusammenarbeit von Schule Polizei und Wissenschaft entstand Neuhaus 2018a Es folgt dem Motto Lass dich nicht zum zur Täter in machen Im Mittelpunkt des Trainings stehen Einstellungen und Verhaltensweisen die in der Reaktion auf sozial herausfordernde Situationen zu einer Deeskalation führen Das Programm ist aus den vierstündigen Anti Gewalt Veranstaltungen der Polizei Berlin hervorgegangen welche seit 1992 an Berliner Schulen angeboten werden Diese wurden von 2013 bis 2014 wissenschaftlich be gleitet und nachfolgend zeitlich und inhaltlich erweitert Das neu entstandene Training umfasst zehn Schulstunden die auf vier Module verteilt sind Es verfolgt neben der Prävention von Kinder und Jugendgewalt das Ziel die Zusammenarbeit von Schule und Polizei in der Präventionsarbeit zu stärken Die Bedeutung von Konflikten in der Schule Wo viele Menschen auf engem Raum zusammen Zeit verbringen zählen Kon flikte zum Alltag Konflikte bedeuten für eine soziale Gemeinschaft nicht nur Risiken sondern sind auch natürlicher Bestandteil der menschlichen Interak tion Sie stellen für Kinder und Jugend liche eine Herausforderung dar an der sie wachsen und ihre Persönlichkeit weiterentwickeln können Wasmuth 1992 bezeichnet einen Konflikt als ein soziales Verhalten bei dem mindes tens zwei Personen in eine Kommuni kationsbeziehung treten und mindes tens eine dieser Personen befürchtet durch ein Gegenüber beeinträchtigt oder geschädigt zu werden Konflikte sind diesem Verständnis folgend kein objektiver Zustand sondern entste hen durch die subjektive Deutung der Situation durch die beteiligten Perso nen Kinder und Jugendliche erleben in der Schule häufig konfliktträchti ge Situationen mit denen sie lernen müssen umzugehen Reagieren sie mit Aggression wie Beleidigen oder Schub sen weist dieses Verhalten auf unzu reichende Fähigkeiten hin den Konflikt in kompetenter also deeskalierender Form zu lösen Das bewusste Übertreten sozialer Regeln und der damit verbundene An stieg aggressiven und delinquenten Verhaltens gelten als jugendtypisches Phänomen Moffitt 1993 Bei der Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen bildet sich das problematische Verhal ten während ihrer sozialen und kogni tiven Entwicklung zurück ohne dass es einer Intervention bedarf Lösel 2012 Petermann Petermann 2007 Stu dien weisen jedoch darauf hin dass mindestens ein Viertel der betroffe nen Kinder und Jugendlichen einem höheren Risiko unterliegt im Erwach senenalter mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten Farrington et al 1990 Da rüber hinaus steigt das Risiko geringe re schulische und berufliche Qualifika tionen zu erlangen Sampson Laub 1993 Eine noch im Kindesalter anset zende Prävention sozialer Fehlentwick lungen dient somit nicht nur der Her stellung von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sondern senkt auch die langfristigen volkswirtschaft lichen Kosten die mit gesellschaft licher Desintegration verbunden sind Risiko und Schutzfaktoren in der sozialen Entwicklung von Kindern Die Entstehung aggressiven Ver haltens ist nicht auf einzelne Ursa chen zurückzuführen sondern als ein komplexes Bedingungsgeschehen in der kindlichen Entwicklung zu be trachten Ganz allgemein formuliert besteht das Ziel präventiver Maßnah men in der Reduktion von Risikofakto ren und Stärkung von Schutzfaktoren u a Heinrichs et al 2002 die auf Ebe ne des Kindes der Familie und des so zialen Umfeldes verortet werden kön nen vgl im Folgenden Petermann Lehmkuhl 2010 Zu den bekanntesten Risikofakto ren aggressiv dissozialen Verhaltens zählen 1 auf Ebene des Kindes biolo gische Faktoren wie Temperament ein hoher Testosteronspiegel nega tive Bindungserfahrungen eine ge ringe emotionale Kompetenz sowie Defizite in der sozialen Informations verarbeitung Helmsen Petermann 2010 2 auf Ebene der Familie ein negatives Erziehungsverhalten Ehe oder Partnerprobleme psychische Störungen der Eltern wie Depressi on ein geringes Bildungsniveau und finanzielle Pro bleme der Eltern Koglin Petermann 2008 Wiegand Grefe et al 2009 sowie 3 auf Ebene des sozi alen Umfeldes eine Ablehnung durch Gleichaltrige Misserfolge in der Schu le sowie Kriminalität und Gewalt in der Nachbarschaft Petermann Lehmk uhl 2010 Zu den Schutzfaktoren zählen 1 auf Ebene des Kindes prosoziale Einstellun gen Carlo et al 2014 gute Emotions regulationsfähigkeiten und emotiona le Intelligenz Dunsmore et al 2013 Rivers et al 2013 Rydell et al 2003 2 auf Ebene der Familie eine vertrau ensvolle und stabile Eltern Kind Be

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