KOMMUNALE PRÄVENTION 14 forum kriminalprävention 4 2022 biliars sensibilisiert Angesichts einer skandalisierenden Medienberichter stattung über Vandalismusschäden am Neuen Döppersberg konnte der Stigmatisierung des neu entstande nen Stadtraums mit einer versachli chenden Pressemitteilung des KoSID Verbunds entgegengewirkt werden Durch eine stärkere Präsenz von Poli zei und kommunalem Ordnungsdienst wurden aggressive Belästigungen durch Jugendliche verhindert Gegen das öffentliche Urinieren half der Ein satz eines Dixi Urinals das im Rahmen einer Zwischennutzung auf einem Bau feld am Neuen Döppersberg errichtet werden konnte Die Erfahrungen aus dem Projekt KoSID lassen sich in vier zentralen Empfehlungen für den Umgang mit subjektiv unerwünschten Verhaltens weisen zusammenfassen die in ihrer generalisierten Form auch als Hand lungsorientierung für andere Städte und Kommunen dienen können 1 Grundsätzlich ermöglicht eine wis senschaftlich fundierte Risiko und Bedarfsanalyse die systema tische Erhebung von Problemlagen und Handlungspotenzialen Wissen schaftliche Methoden in Form von Befragungen Interviews und Grup pendiskussionen ermöglichen die Evaluierung verschiedener Perspek tiven Erwartungen und Bedürfnisse von Nutzer innen des öffentlichen Raums Auf diese Weise werden Per spektiven sichtbar die als Grundlage und Bereicherung für eine bedarfs gerechte Maßnahmenkonzeption dienen können Insbesondere die Analyse von Bedarfen marginalisier ter Personengruppen eröffnet Par tizipationsmöglichkeiten und eine Berücksichtigung von weniger be schwerdemächtigen Gruppen Im Rahmen der Maßnahmenkonzep tion ermöglicht wissenschaftliche Neutralität die Moderation konträ rer Positionen die aus unterschied lichen professionellen Perspektiven oder Arbeitsschwerpunkten entste hen können 2 Vernetzung und regelmäßiger Austausch innerhalb des Projekt verbunds fördern einen effektiven Einsatz von Ressourcen zur Bewäl tigung vielfältiger Herausforderun gen Abstimmungsprozesse im Rah men regelmäßiger Projektsitzungen ebenso wie die Integra tion unter schiedlicher Akteur innen befördert ein gemeinsames abgestimmtes und ressourcenschonendes Agie ren ohne dabei einzelne Organisa tionen zu überlasten 3 Zur Förderung eines funktionieren den Nebeneinanders unterschied licher sozialer Gruppen sind Ver ständnis und Toleranz essenziell Hilfreich für den Umgang mit sub jektiv unerwünschten Verhaltens weisen im öffentlichen Raum kann die Stärkung von Akzeptanz und Verständnis für die Lebenssituation von Menschen mit dem Lebensmit telpunkt Straße sein Hierzu zählt die Aufklärung über die Ursachen von sozialen Problemen aber auch die Förderung eines wechselseiti gen Dialogs Die Berücksichtigung der Bedarfe unterschiedlicher Ziel gruppen im Rahmen dialogorien tierter möglichst niedrigschwelli ger Formate sowie die Erarbeitung und Etablierung von Angeboten die möglichst mit breiter Beteili gung entwickelt werden fördern das Sicherheitsgefühl auf nachhal tige Weise 4 Schließlich darf nicht vergessen wer den dass städtisches Leben grund legend von der Begegnung mit dem Unbekannten und der Konfrontati on mit abweichenden Verhaltens weisen geprägt ist Die Gewähr leistung von Sicherheit bedeutet insofern auch Bürger innen im Um gang mit Unsicherheit zu stärken und ein tolerantes Miteinander zu fördern Eine Verdrängung von so zialen Problemlagen kann langfris tig zu Verlagerungstendenzen und nicht intendierten Nebenfolgen füh ren Lukas Coomann 2021 Im Rah men akzeptierbarer Abweichungen ist es wichtig allen Bürger innen ein Grundvertrauen zu vermitteln dass ihre Bedürfnisse gesehen und be achtet werden dass aber auch alle Bürger innen unabhängig von ih rer Lebenssituation ein Recht auf Stadt besitzen Ausblick Neben dem dargestellten Beispiel der subjektiv unerwünschten Verhal tensweisen beinhaltet die KoSID Bro schüre sechs weitere Handlungsfel der Dazu zählt die Berücksichtigung der subjektiven Sicherheit die das Verständnis des herkömmlichen Si cherheitsbegriffs um Aspekte der Si cherheitswahrnehmung erweitert und Handlungsspielräume in der Sicher heitsgewährleistung für weitere Ak teur innen öffnet Gute Sicherheitsar beit zeichnet sich demnach nicht allein durch die Verhinderung von Kriminali tät und Ordnungsstörungen aus son dern bezieht auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen und den sozia len Wandel mit ein Um dessen Berück sichtigung zu gewährleisten bedarf es eines umfassenden Ansatzes der ne ben den Ordnungs und Sicherheitsbe hörden auch weitere Akteursgruppen wie etwa die Straßen Sozialarbeit den Einzelhandel die Verkehrsbetrie be und schließlich auch die Bevölke rung integriert Ein weiteres Handlungsfeld stellen Kriminalität und Prävention dar Ne ben notwendigen Maßnahmen der Re pression bedarf es umfassender Prä ventionsstrategien zur Vermeidung von Straftaten und Ordnungsstörun gen Bereits im Planungsprozess kön nen zahlreiche Weichenstellungen er folgen die jedoch stets flexibel genug sein müssen um sich veränderten Rah menbedingungen anpassen zu können Die KoSID Broschüre zeigt hier vor dem Hintergrund der städtebaulichen Um gestaltung eines bestehenden Stadt raums Empfehlungen für den weiteren Planungsprozess auf Dem Handlungsfeld Aufenthalts qualität fällt eine zentrale Rolle zu da Neugestaltungsmaßnahmen für ein attraktives Umfeld nur dann erfolg reich sind wenn der öffentliche Raum auch angenommen und genutzt wird Aufenthaltsqualität und Wohlbefin den sind eng miteinander verknüpft da öffentliche Räume die zum Ver weilen einladen auch intensive Nut zung erfahren und ein verbessertes Sicherheitsempfinden vermitteln Die KoSID Broschüre liefert hierzu wich tige Einblicke in den Planungsprozess der unterschiedlichen Nutzungsmög lichkeiten eines neugestalteten Stadt raums Die Bevölkerungsbefragung im Pro jekt KoSID repliziert den kriminologi schen Befund wonach Müll Leerstand Vandalismus am Neuen Döppersberg Foto Saskia Kretschmer

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