EXTREMISMUS PRÄVENTION 14 forum kriminalprävention 2 2023 Praxis in Österreich berichtet dass es hier zu unmittelbaren Bedrohungssitu ationen aus dem extremistischen Mi lieu gekommen sei weil sich die dort tätige Ärztin für das Impfen gegen SARS CoV 2 eingesetzt habe Neben Hasspostings im Internet von Impf gegnern kam es zu Androhungen von Gewalt gegenüber der Ärztin und ih rem Praxisteam was zuletzt dazu ge führt hat dass Sicherheitsdienste zum Schutz der Fachkräfte die Arbeit in der Praxis begleiten mussten Spie gel 2022 Zahlreiche Fälle ähnlicher Art wurden auch für Deutschland be schrieben Tagesschau 2021 Saathoff Siggelkow 2022 Reveland 2022 Ärz teschaft 2021 Neben der Frage welche Motive für Drohungen und Übergriffe ursäch lich sein können wird häufig auch eine psychische Erkrankung angenommen Maier et al 2016 Retrospektiv ist es allerdings oft schwer einschätzbar in wieweit extremistische Gewalt durch eine psychische Erkrankung tatsäch lich ausgelöst wurde Allroggen 2022 Studien zeigen darüber hinaus dass Menschen die sich einer extre mistischen Gruppe anschließen oder eine extremistische Einstellung tei len nicht überproportional häufig psy chisch krank sind Trimbur et al 2021 Lediglich bei Einzeltätern sog lone wolf terrorism zeigt sich eine etwas höhere Prävalenz im Vergleich zur All gemeinbevölkerung Clemmow et al 2020 Corner Gill 2015 sowie eine gewisse Psychopathologie Leuschner 2013 Beispielweise wird von Fällen einer paranoiden Schizophrenie oder paranoiden Persönlichkeitsstörung berichtet Bannenberg 2019 Um zu untersuchen wie häufig Ärzt innen und Psychotherapeut innen mit sicherheitsrelevanten Aspekten im Rahmen der Behandlung solcher Pati ent innengruppen Inanspruchnahmepo pulation in Berührung kommen wurde im Jahr 2022 eine Online Befragung in Kli niken und Praxen durchgeführt bei der psychologische Psychotherapeut innen und Ärzt innen danach gefragt wurden wie häufig sie Kontakt mit Patient innen mit extremistischer Einstellung im Rah men der Krankenbehandlung hatten und ob es dabei zu Gefährdungssituationen gekommen ist Rau et al 2023 Von den 364 Teilnehmenden an der Studie gaben über die Hälfte 57 7 an schon einmal Patient innen mit extremistischer Einstellung behandelt bzw therapiert zu haben davon knapp 70 mehrere sol cher Behandlungsfälle Rund 30 wur den im Rahmen der Krankenbehand lung mit Selbstgefährdungssituationen konfrontiert und rund die Hälfte mit si cherheitsrelevanten Aspekten für an dere Personen wie z B für Kinder oder Lebenspartner innen der Patient innen mit mutmaßlich extremistischer Ein stellung Rau et al 2023 Ziel der folgenden Darstellung ist aus dieser Studie den Teil der Daten zu berichten der umfasst inwieweit Ärzt innen und Psychotherapeut innen im Rahmen einer Krankenbehandlung sicherheitsrelevante Aspekte für sich selbst annehmen bzw für ihre eigenen Angehörigen Aus den Ergebnissen werden Implikationen für die Kranken behandlung aber auch für die Sicher heitsbehörden abgeleitet Methode und Datenanalyse Von März 2022 bis Juli 2022 wurde eine anonyme Online Befragung unter Ärzt innen und approbierten sowie in Ausbildung befindlichen Psycho logischen Psychotherapeut innen so wohl im Behandlungssetting für Kin der und Jugendliche als auch für Erwachsene durchgeführt Zur Rekru tierung wurden Landespsychothera peutenkammern und ärztekammern Fachgesellschaften Berufsverbände Forensische Kliniken und Ausbildungs institute um eine Verbreitung des Be fragungslinks unter den eigenen Mit gliedern gebeten Für die Studie liegen ein Datenschutzkonzept nach der DSGVO und dem Landesdatenschutz Baden Württemberg sowie eine Pro band inneninformation zur ausführli chen Aufklärung und Information der Teilnehmenden vor Die Online Befragung umfasste ins gesamt 16 Hauptfragen und bis zu 95 weitere Fragen die lediglich dann prä sentiert wurden wenn eine der Haupt fragen mit ja beantwortet wurde In der vorliegenden Darstellung wird über die beiden Hauptfragen zur Häu figkeit der Behandlung von Patient innen mit extremistischer Einstellung oder ih ren Kontaktpersonen z B von Angehö rigen berichtet Im Weiteren wird speziell auf die sich anschließenden patientenbezoge nen Fragen eingegangen Dabei wur den die Teilnehmenden aufgefordert bis zu fünf Patient innen anhand for mulierter Fragen zu beschreiben Bei mehr als fünf Kontakten mit Pati ent innen sollten diejenigen ausge wählt werden bei denen die Behand lungssituation am besten beschrieben werden konnte Neben allgemeinen Angaben wie Geschlecht Alter und Anlass von Pa tient innen in die Behandlung zu kom men wurde auch nach einer Zuteilung zum mutmaßlichen Phänomenbereich gefragt und ob der Behandlungsauf trag in Zusammenhang mit den extre mistischen Einstellungen stand Weiter wurden sicherheitsrelevante Aspekte in der Behandlung abgefragt in Bezug auf Selbst und Fremdge fährdungssituationen z B Gewaltan wendung oder Äußerung von Tatplä nen siehe hierzu Rau et al 2023 und im Zusammenhang mit der Gefähr dung für die Behandelnden selbst Inwieweit haben sicherheitsrelevan te Aspekte in der Behandlung der des Patient in eine Rolle gespielt in Be zug auf die Gefährdung Ihrer eigenen Person als Behandler in oder Ihrer An gehörigen z B Ihrer eigenen Kinder Erfasst wurden mit identischer Ant wortmöglichkeit zusätzlich Gefähr dungssituationen die durch die ärztli che Behandlung von Angehörigen von Personen mit extremistischer Einstel lung oder im Rahmen einer Psychothe rapie entstanden sind Bei den beiden Hauptfragen zur Kon takthäufigkeit konnte die Auswahlopti on gar nicht Filter einmal mehr als einmal ausgewählt werden Bei An gaben zu mehreren Personen konnte die Anzahl der Patient innen per Frei textangabe eingegeben werden Bei den Fragen zu sicherheitsrelevanten Aspekten konnten die Antwortoptio nen 1 gar nicht 2 eher nicht 3 eher 4 sehr gewählt werden Im Rahmen der Analysen wurden die Wer te 1 und 2 als Ablehnung und 3 und 4 als Zustimmung zusammengefasst Die Befragungsdaten wurden mit der Aus wertungssoftware IBM SPSS Statistics 27 analysiert Stichprobenbeschreibung Studienteilnehmende Insgesamt lagen von 364 Teilneh menden verwertbare Angaben aus dem Online Fragebogen vor 75 8 n 276 der Teilnehmenden sind weiblich 23 9 n 87 männlich und 0 3 n 1 divers Die Berufserfahrungen liegen bei durchschnittlich 13 23 Jahre SD 12 10 Jahre 17 9 n 65 der Teilnehmenden sind Ärzt innen 72 5 n 264 sind Psychologische Psychotherapeut innen

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