GEWALT PRÄVENTION 4 forum kriminalprävention 2 2023 ren lassen sich in Faktoren seitens der Einrichtung Faktoren seitens des Pfle gepersonals und Faktoren seitens der Bewohner einteilen Seitens der Pflegeeinrichtung sind es meist organisatorische Probleme die das Vorkommen von Misshandlun gen begünstigen Einer der Hauptrisi kofaktoren ist eine nicht ausreichende Personalbesetzung so dass einzelne Pflegekräfte für die Bewohner weni ger Zeit zur Verfügung haben Ein an derer großer organisatorischer Risiko faktor ist eine unzureichende Kontrolle des Pflegepersonals Dadurch fallen strukturelle Mängel weniger auf und die Hemmschwelle für Misshandlun gen sinkt aufgrund einer geringeren Aufdeckunsgefahr 20 22 Ebenso konnte eine Assoziation von unzureichender Ausbildung des Personals und erhöh ter Gewaltanwendung gezeigt werden je besser die Ausbildung desto gerin ger das Risiko für Misshandlungen von Pflegebedürftigen 23 25 Auf Seite der Täter konnten eben falls einige Risikofaktoren im persön lichen Bereich identifiziert werden So haben beispielsweise Pflegekräfte die eine geringe Zufriedenheit bei der Ar beit empfinden oder die bereits ein Burnout entwickelt haben ein höheres Risiko Bewohner zu misshandeln 22 26 27 Darüber hinaus werden Misshandlun gen begünstigt wenn sich Pflegekräf te von schwierigen Arbeitsbedingun gen nicht gut distanzieren können und Vorkommnisse ohne die notwen dige professionelle Distanz sehen Ein weiterer relevanter personalseitiger Risikofaktor ist wenn das Pflegeper sonal bereits im Vorfeld durch Gewalt aufgefallen ist oder eine psychische Er krankung aufweist Dazu gehört auch Alkohol oder Drogenmissbrauch bei Pflegekräften Außerdem konnte ge zeigt werden dass überaschender weise eine Abhängigkeit des Pflege personals von dem älteren Menschen ebenfalls das Risiko für Gewalt erhöht Also wenn das Pflegepersonal beispiels weise aus finanziellen Gründen auf die Pflegestelle angewiesen ist bei der äl teren Person wohnt oder auf weitere finanzielle Zuwendungen des Älteren angewiesen ist 23 28 29 Neben einrichtungs und personal seitigen Risikofaktoren konnte man auch Faktoren bei den Pflegebedürf tigen selbst feststellen die das Risi ko für Misshandlungen erhöhen Die se Risikofaktoren sind meist assoziiert mit einem erhöhten pflegerischen Auf wand oder Umständen die die Durch führung der Pflege erschweren wie zum Beispiel ein Dementielles Syn drom chronische pflegerisch aufwän digere Erkrankungen oder das Vorlie gen einer Behinderung 30 34 Dies sind in den meisten Fällen Umstände die gleichzeitig den Pflegeaufwand und die Abhängigkeit des älteren Menschen vom Pflegepersonal erhöhen Diese Ri sikokonstellation prädestiniert Ältere besonders Opfer von Misshandlung zu werden Dies kann noch verstärkt werden durch soziale Risikofaktoren wie Isolation der älteren Person feh lende soziale Netzwerke oder Einsam keit 1 35 36 Diese Faktoren erhöhen die Abhängigkeit von dem Pflegepersonal und gleichzeitig wird die Wahrschein lichkeit der Aufdeckung von Misshand lungen verringert Als eigener Risikofaktor konnte zu dem weibliches Geschlecht festge stellt werden Ältere Menschen wer den generell häufig misshandelt jedoch konnte gezeigt werden dass bei älteren Frauen die Hemmschwelle für Misshandlungen beim Pflegeperso nal noch weiter herabgesetzt ist 37 Darüber hinaus fließen vor allem bei häuslicher Pflege im familiären Umfeld noch weitere Risikofaktoren ein Beispielsweise konnte beobach tet werden dass Personen die in der Kindheit selbst Misshandlungen erlebt haben bei der Pflege von Angehöri gen dazu neigen selbst Gewalt anzu wenden 28 32 37 38 Formen der Gewalt Misshandlungen denen ältere Men schen ausgesetzt sind können sich auf verschiedene Arten äußern In der Li teratur werden im Wesentlichen sechs Gewaltformen unterschieden denen Pflegebedürftige ausgesetzt sind 6 8 22 39 Die erste Form ist physische Miss handlung Darunter fallen alle Hand lungen einer Pflegeperson die bei dem Pflegebedürftigen Schmerzen hervorrufen zu Verletzungen füh ren oder den Pflegebedürftigen eine andere Art von Beeinträch tigung zufügen 6 8 22 Dies sind alle Formen von Schlägen aber auch zu feste Griffe oder grobe Durch führung der Pflegemaßnahmen Es gibt auch Berichte über Schüttel traumen bei älteren Menschen wie sie auch im Rahmen der Kindesmiss handlung beschrieben sind 17 40 Dies stellt selbstverständlich auch eine schwere Form der Gewalt dar die aufgrund der äußerlich nur schwer erkennbaren Spuren leicht überse hen werden kann Die zweite Form der Misshandlung ist die physische Vernachlässigung 22 39 Dieser Überbegriff schließt das Un terlassen sämtlicher Tätigkeiten ein die notwendig sind um eine gute Körperfunktion zu gewährleisten oder Schaden abzuwenden Hierun ter fallen weiter gefasste Tätigkei ten wie das unterlassene Einkaufen für Pflegebedürftige ebenso wie direkt lebensnotwendige Tätigkei ten wie adäquate Flüssigkeits oder Nahrungszufuhr die bei nicht aus reichender Durchführung direkt zum Tod führen 41 Eine Vernachlässi gung die man aufgrund der schwe ren Folgen besonders hervorheben muss ist das Unterlassen der ausrei chenden Umlagerung bettlägeriger Pflegebedürftiger Die fehlende Um lagerung kann zu schweren Druck geschwüren bis hin zum Absterben des betroffenen Gewebes führen medizinisch als sog Dekubital Ulze ra bezeichnet Diese Druckgeschwüre entstehen vor allem an Körperstellen die dau erhaftem Druck ausgesetzt sind und an denen wenig schützendes Gewebe über dem Knochen ist wie es z B im Bereich des Kreuzbeins der Fall ist Dies ist eine schwere und vor allem vermeidbare Erkrankung die bei älteren Personen auch bei zu nächst gutem Allgemeinzustand zu schweren Komplikationen bis hin zum Tod führen kann 18 22 42 Die dritte Form der Misshandlung ist die sog psychische Misshandlung oder manchmal gerade in der inter nationalen Literatur auch emotiona le Misshandlung genannt 39 43 44 In Un tersuchungen wird diese Form der Misshandlung auch als häufiger vor kommend beschrieben 7 8 Hierunter fallen alle Handlungen die in einem Pflegebedürftigen Angst auslösen wie Drohungen Beleidigungen und aggressive Ausdrucksweise 6 8 Zum anderen gehört dazu aber auch das Unterlassen von sozialer Interakti on also beispielsweise tagelanges Anschweigen und Ignorieren von In teraktionsversuchen eines älteren Menschen Eine besonders schwere vierte Form ist die sexuelle Misshandlung von Pflege bedürftigen Diese Gewaltform wird in Untersuchungen tendenziell als eher selten beschrieben aber bei der Interpretation dieser Studien muss von einem hohen Reporting Bias aufgrund von Schamgefühlen
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