10 forum kriminalprävention 3 2015 EXTREMISMUS UND PRÄVENTION Erfahrungen aber auch sozio und psy chopathologische Eigenschaften be einflusst sein Gill et al 2014 Lützinger 2010 hat in ihrer qualitativen Analyse von Terroristen Extremisten militant Radikalen und extremismusnahen Per sonen Faktoren herausgearbeitet die auf der intra und inter personalen Ebene zum Verständnis von Radikalisie rung beitragen Sie findet dass ein spe zifisches Verhältnis von Fremd und Selbstbestimmung die Personen radi kalisiert Es sind kritische Lebensereig nisse die als fremdbestimmt wahrge nommen werden Überzeugungen dass sie sich gegen Missstände wehren müssten sowie Motive der intrinsi schen wie impulsiven Selbstkontrolle Verweigerung Gegenwehr die das Verhältnis bestimmen Zudem spielt eine Suche nach Ordnung und Struktur im Extremismus bei Ablehnung von Ei genverantwortung und hoher Macht orientierung eine Rolle ebenso Aben teuertrieb und Risikobereitschaft die mit einem herabgesetzten Angstemp finden einhergehen sowie mit Diskrimi nierungserfahrungen Mit einem forensischen Blick auf so zial kognitive Prozesse haben Endrass Sadowski Böckler Rossegger 2015 drei Typen der Radikalisierung unter schieden die sich graduell unterschei den Zentral für die Frage der Radikali sierung zur Gewalt sei die Frage wie kognitive Gepflogenheiten d h Heu ristiken implizite Theorien soziale Re präsentationen der Welt mit gesell schaftlich anerkannten Normen und Realitätsprüfungen einhergehen die extremistische Gepflogenheiten gewis sermaßen bremsen oder befeuern kön nen Demnach gibt es Typen ohne in takte Realitätsprüfung die eine psychiatrische Symptomatik aufweisen Typ I die die Gewalt erklären kann Typ II habe dagegen bei intakter Realitäts prüfung die Normen und Regeln nicht verankert und weise eine allgemeine Gewaltbereitschaft auf während Typ III dem Prototyp des extremistischen Ge walttäters entspricht weil Gewalt situ ationsspezifisch legitimiert werde Intra und inter personale Faktoren sind relevant um Prozesse der Selbst Radikalisierung zu verstehen und prä ventiv zu begegnen vgl auch de la Corte 2007 Crenshaw 2004 Aber sie reichen mit Blick auf die weiteren not wendigen Routen der Radikalisierung nicht aus Gerade mit Blick auf die expressiv radikale Botschaft spielen kollektive Selbstkonzeptualisierungen eine wesentliche Rolle Auch die indivi duelle Selbstradikalisierung ist gruppenbezogen und geprägt von Iden tifikationen und Feindschafts verhält nissen zu Fremdgruppen Ingroup Outgroup Differenzierung Walther 2014 Auch selbstradikalisie rende Täterinnen und Täter beziehen sich auf diese soziale Ebene wenn sie sich durch Selbst Stereotypisierung an hand von Gruppenidentitäten ultimativ mit Gruppen identifizieren und vorge ben mit ihrer Gewalt im Namen von Gruppen Fremde auszulöschen Radika lisierung ist hier ein Prozess der Integ ration und vollständigen Unterwerfung in Gruppen sowie der Verpflichtung auf eine ultimative Identität Feind in szenierung Die Darstellung und Repräsentation der anderen d h der Outgroups sind für die Radikalisierung gerade in frü hen Phasen bedeutsam Feinde und Feindschaftsverhältnisse sind in jeder Phase zentral für die Radikalisierung Die anderen werden dabei als Un gläubige Verräter Feinde oder Schmarotzer so inszeniert dass die Botschaft der Gewalt am Ende legitim erscheint Die Ingroup Outgroup Ab grenzung hat viele Funktionen Sie bindet die Mitglieder an die Gruppe erhöht Kohäsion in der Gruppe und dient der Selbstvergewisserung Sie erzeugt Misstrauen gegenüber den Feinden und Wissen über die Not wendigkeit der Radikalisierung vgl Zick Küpper Hövermann 2011 Eben dazu müssen die Outgroups der Bot schaft der Feindseligkeit entspre chend in Szene gesetzt und inszeniert werden Menschenfeindliche Bilder Symbole Emotionsausdrücke können die Radikalisierung vorantreiben Die Analyse von Propagandamaterial kann das deutlich machen So hat zum Bei spiel Haase 2014 rechtsextreme Musik untersucht und drei wesentliche In szenierungen des Fremden identifi ziert Populäre Feindbilder faul dre ckig betrügerisch gewaltbereit respektlos die der Kohäsion und Ab grenzung dienen rassistisch dehuma nisierende Bilder die den Feind als un veränderlich und unmenschlich darstellen sowie indizierungsresisten te Feindbilder die vage bleiben und Wahrheiten beschreiben Es ist dabei immer von den anderen sie und unbestimmten Kräften die Rede Inszenierung der Normalität Die Inszenierung von ultimativen Identitäten und Feinden dieser Identi täten gelingt wenn sich extremisti sche Individuen Zellen und Gruppen in gesellschaftlichen Nischen einrich ten können Dadurch lassen sich einer seits Netzwerke der Unterstützung bil den und andererseits Verschiebungen in nicht extremistischen Milieus errei chen Dies befördert gerade in rechts extremen Gruppen die Suggestion die Gruppe kämpfe als Avant garde für die wahre Sache Extremistisch orientierte Individuen und Gruppen leben selten in einem absoluten Vakuum Dies tun sie in der Regel nur unmittelbar vor der Tat wenn alle Außeneinflüsse auf eine Tatblockade ausgeschlossen werden müssen Ansonsten haben sie Kontakte in ein Umfeld und in diesem Umfeld in szenieren sie sich gleichzeitig werden sie von diesem auch inszeniert Verschieben sich Normen sodass der Eindruck entsteht der Extremis mus wäre der wahre Weg dann steigt die Wahrscheinlichkeit der Radikalisie rung Im Rechtsextremismus ist zu be obachten wie die Vorstellung Voll strecker des Volkswillens zu sein Täter innen Typen

Vorschau DFK forum kp 03-2015 Seite 12
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