57forum kriminalprävention 3 2015 PROJEKTE Zur Problematik Die Kinderschutzdebatte der letzten Jahre ist geprägt durch ein öffentliches und fachliches Nachdenken über Tö tungsdelikte aufgrund von Vernachlässi gung und Misshandlung und hat zu rele vanten Gesetzesänderungen und Praxisentwicklungen geführt In den je weiligen Diskursen wird in der Regel aus gespart und unterschätzt dass ein nicht unerhebliches Risiko für Kinder und Ju gendliche besteht im Kontext von Part nerschaftskonflikten Trennung und Scheidung durch einen Elternteil meist den Vater getötet zu werden oder auf grund eines Tötungsdeliktes Mutter Va ter Geschwister und oder der Familie Nahestehende zu verlieren Ein Teil der gefährdeten Familien ist der Jugendhilfe im Rahmen von Beratung Unterstüt zung insb 17 18 SGB VIII KJHG Hilfe zur Erziehung 27 ff SGB VIII KJHG auf grund eines Einsatzes der Polizei bei häuslicher Gewalt oder im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens bereits Kinder und Jugendliche als Überlebende innerfamiliärer Tötungsdelikte Praxisforschungsprojekt zum Hilfebedarf Interviewpartner innen gesucht Susanne Heynen Regelmäßig berichtet die Presse über innerfamiliäre Tötungsdelikte meistens unter dem Schlagwort Familientragödie Als Auslöser dieser Taten werden häufig Eifersucht Trennung oder Sorgerechtsstreitigkeiten genannt Die Stiftung Deutsche Jugendmarke e V unterstützt für zwei Jahre 1 8 2014 bis 31 7 2016 ein Forschungsprojekt des Jugendamts Karlsruhe welches die Lebenssituation sowie die Bewältigungsprozesse von Kindern und Jugendli chen die die Gewalteskalation überlebt haben sowie die professionellen Hilfsangebote untersucht Durch die explorative Interviewstudie bei dem das Erleben der in der Regel mittlerweile volljährigen Kinder im Zentrum steht sollen folgende Fragen beantwortet werden Wie stellte sich die Situation in der Familie vor der Tat dar Was hat den überlebenden Kindern und Jugendlichen geholfen Welche Bedarfe bestehen Was sind die Konsequenzen für die Jugendhilfe und andere Institutionen Auf der Basis der Ergebnisse der Studie sollen Strategien zur Abwehr von Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen entwickelt und die vorhande nen Hilfsangebote verbessert werden bekannt Zu anderen Familien bekommt die Jugendhilfe erst als Folge des Tö tungsdeliktes Kontakt weil überlebende Kinder in Obhut genommen werden ein Vormund bestellt wird und Hilfen zur Er ziehung benötigt werden Von 585 getöteten Personen im Jahr 2013 wurden in mehr als zwei Drittel der Fälle Verwandte oder nähere Bekannte1 dieser Straftaten verdächtigt Bei über einem Viertel der Opfer war es der eige ne Partner der als Tatverdächtiger er mittelt wurde Bundeskriminalamt 2013 S 29 Diese Konstellation betrifft vor al lem weibliche Opfer Über die Zahl der direkt und indirekt betroffenen Kinder ist nichts bekannt Barbara Parker und Richard Steeves von der University of Virginia gehen für die Vereinigten Staa ten davon aus dass von der Tötung ei nes Elternteils durch den anderen jähr lich 3000 Kinder betroffen sind und zwar mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als an Leukämie zu erkranken zitiert nach Liepold 2005 Darüber hinaus wer den Kinder auch selbst Opfer von Tö tungsdelikten im Rahmen von Tren nungskonflikten So handelte es sich beispielsweise bei 27 Fällen getöteter Kinder innerhalb des Zeitraums von 2000 bis 2005 in Brandenburg in sechs Fällen explizit um Tötungsdelikte im Kontext von Beziehungsdramen und Sorge rechtsstreitigkeiten Leitner Troschet 2008 Überblick bei Heynen 2014 Die Belastungen für Überlebende sind erheblich und beeinträchtigen die Entwicklung der Kinder und Jugendli chen stark Nach Erkenntnissen der Psy chotraumatologie handelt es sich bei dem tödlichen Verlust eines Elternteils um ein besonders traumatisches Ereig nis Verschiedene internationale Studien zeigen dass die Kinder während der Ge walttat unmittelbar in das Geschehen miteinbezogen sind Ein Teil der Kinder ist anwesend während der Tat versucht unter Umständen die Tat zu verhindern und wird dabei selbst verletzt Mögli cherweise werden Kinder gezwungen dem Täter zu helfen die Tatspuren zu entfernen Andere Kinder finden ihre tote Mutter oder bleiben völlig im Un klaren wenn sie verschwunden bleibt Nach der Tat erleiden die Kinder schwe re Verluste und Veränderungen Sie ver lieren nicht nur die getötete Mutter sondern möglicherweise auch getötete Geschwister oder den Vater durch Sui zid In der Regel wird die Tat aufgeklärt und der Täter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt Die Kinder erleben vielfältige Belastungen aufgrund der sich einer Gewalttat anschließenden chaotischen Ereignisse Sie verlieren ihr Zuhause und ziehen in die Familie des Opfers oder des Täters in eine Pflegefa milie oder ein Heim Häufig kommt es zu einem Schulwechsel dem Verlust von Freundschaften und dem sozialen Um feld und zu belastenden Kontakten zum Täter Die Kinder müssen unter Umstän 1 Angehörige wie bspw Lebenspartner und partnerinnen Verschwägerte Verlobte Geschiedene Pflegeeltern und kinder

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