58 forum kriminalprävention 3 2015 PROJEKTE den vor Gericht aussagen Sie versu chen die Umstände des Verlustes der El tern vor anderen sowie die damit verbundenen Belastungen zu verber gen Sie erleben unter Umständen Am bivalenz gegenüber dem Täter aber auch gegenüber der Mutter sowie Kon flikte unter Geschwistern Einige Kinder fühlen sich verantwortlich weil sie den Mord nicht verhindern konnten Ein Großteil der Kinder leidet unter Folge krankheiten und Identitätsproblemen zum Forschungsstand Heynen 2014 Fachleute im Bereich der öffentlichen und freien Jugendhilfe müssen in sol chen Fällen unter hohem Zeitdruck in ei ner für die überlebenden Kinder und Ju gendlichen existenziellen Krise adäquat reagieren sei es in der Rolle der pädago gischen Fachkraft in einer Inobhutnah mestelle als Mitarbeitende des Sozialen Dienstes oder als Vormund Das Gleiche gilt für die Mitglieder des familiären Netzwerkes das Familiengericht und die Schule Unter Umständen müssen zeitgleich Schuldgefühle verarbeitet werden wenn Hinweise auf die drohen de Gewalteskalation nicht wahrgenom men wurden und das Tötungsdelikt nicht verhindert werden konnte Da die se besondere Form der Kindeswohlge fährdung weder in Fachbüchern noch in der Ausbildung thematisiert wird ist fraglich aus welchen Erfahrungsbestän den fachliche Kompetenzen im Umgang mit den überlebenden Kindern gene riert werden und ob eigene Erfah rungen mit Gewalt in Beziehungen Trennung und Scheidung sowie Ge schlechterstereotypen das professio nelle Handeln beeinflussen Zum Praxisprojekt Bisher gibt es im deutschsprachigen Raum so gut wie keine Studien und Ver öffentlichungen zu dem spezifischen Hilfebedarf der überlebenden Mädchen und Jungen Das Praxisforschungspro jekt soll dazu beitragen die Jugend hilfepraxis in diesem Bereich zu ver bessern In den Interviews mit überle benden Kindern und Jugendlichen und Fachleuten wird erhoben 1 Welchen Hilfebedarf haben Kinder und Jugendliche im Rahmen von eska lierenden Krisen in der Beziehung zwischen ihrer Mutter und ihrem Va ter bzw Partner der Mutter und als Überlebende von innerfamiliären Tö tungsdelikten im Rahmen von Tren nung und Scheidung unmittelbar nach dem Tötungsdelikt aber auch mittel und langfristig Was haben die Befragten an Unterstützung in den verschiedenen Phasen ihres Bewälti gungsprozesses erhalten und was hätten sie zusätzlich insbesondere von der Jugendhilfe gebraucht 2 Wer oder was hat ihnen insbesonde re mit Blick auf die Jugendhilfe ge holfen bzw zu weiteren Belastungen beigetragen 3 Welche Rolle spielen familiäre und professionelle Beziehungen für Be wältigungsprozesse der überleben den Kinder und wie entwickeln sich diese zum Gewalttäter Auseinanderset zung abhängig von Geschlecht Al ter Verwandtschaft unter Geschwistern abhängig von Alter Geschlecht sowie davon ob es sich um Töchter Söhne des Gewalt täters oder eines anderen Partners der Mutter handelt innerhalb des familiären Netzwer kes sowohl mütterlicher wie väter licherseits zu Fachleuten der Ju gendhilfe im Rahmen von kurzfristi gen z B Kriseninterventionsdienst oder langfristigen Hilfen stationäre Jugendhilfe Vormund zu Fachleuten aus dem System der Polizei und Justiz z B Bewährungs hilfe Familiengericht zu sonstigen Bezugspersonen wie Mitschülerinnen und Mitschülern Lehrerinnen und Lehrern Schulsozi al Jugendarbeit Seelsorge und in Freundschaften 4 Welche Konsequenzen ergeben sich für die Jugendhilfe insbesondere in den Bereichen Vormundschaft Allge meiner Sozialer Dienst Hilfeplanung Hilfen zur Erziehung Kinder tages einrichtungen offene Kinder und Ju gendarbeit 5 Welche Rollen spielen andere Instituti onen für den Schutz der Kinder und wie kann die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Institutionen wie Fa miliengericht Polizei Gesundheits und Bildungssystem verbessert wer den Anhand von 10 bis 15 Fallstudien bzw Interviews mit überlebenden inzwi schen volljährigen bzw mit Zustim mung der Personensorgeberechtigten minderjährigen Kindern Angehörigen und mit den Fällen vertrauten Fach leuten Vormünder Mitarbeitende des Sozialen Dienstes sollen Empfehlungen für die Verbesserung der Praxis ent wickelt werden Dabei dient die Studie einer ersten Exploration des Feldes aus gehend von Kinderschutzfällen zu denen über persönliche Kontakte von Multiplikatoren innen und die Bereit schaft zum Interview angefragt werden kann Als Forschungsmethode wurde ein qualitatives Verfahren gewählt da mit die Befragten als Experten innen ihrer biografischen Erfahrungen zu Wort kommen Es werden leitfadenge stützte themenzentrierte Interviews geführt die durch eine Befragung mit tels Fragebogen ergänzt werden Die Zwischenergebnisse werden in einem Workshop bzw einer Werkstatt mit Fachleuten im Herbst 2015 diskutiert In der ersten Phase des Forschungs projekts wurde eine Projektgruppe vor Ort unter Einbezug wichtiger Akteurin nen und Akteure insbesondere der öf fentlichen und freien Jugendhilfe der Polizei und sonstiger Träger sowie unter Beteiligung von Betroffenen gebildet Hierzu gehört unter anderem als Pro jektpartner der Sozialdienst katholi scher Frauen Karlsruhe e V aufgrund von Fallerfahrung als Träger eines Frau en und Kinderschutzhauses einer Clea ringstelle mit Tandemberatung Häusli che Gewalt und einer Gruppe Nangilima für Kinder die von häuslicher Gewalt be troffen sind Über verschiedene Netzwerke Medi en und mittels Materialien wird bundes weit auf das Projekt aufmerksam ge macht und dafür geworben Betroffene auf die Möglichkeit ein Interview zu ge ben hingewiesen Hierzu gehören die Internetseiten der Stadt Karlsruhe http www karlsruhe de b3 soziales einrichtungen toetungsdelikte de und ein Facebook Auftritt https www fa cebook com forschungsprojekt toe tungsdelikte über den der Bekannt heitsgrad insbesondere mit Blick auf die Zielgruppe erhöht werden kann Die ersten Interviews geben Hinweise darauf dass im Erstkontakt die Polizei eine zentra le Rolle innehat da sie häufig neben bei die Nachricht über die Gewalttat überbringt während sie die Erfassung des vermuteten Täters im Blick hat und sich nicht auf die Belastung der angehörigen Kinder und Jugendli chen konzentrieren kann die Jugendhilfe in vielfältiger Form einbezogen ist wenn es sich bei den Betroffenen um Minderjährige han delt Hilfe für junge Volljährige scheint dabei keine Rolle zu spielen die Belastungen der Betroffenen lan ge andauern und sich abhängig von der aktuellen Entwicklung eigene Partnerschaft Kinderwunsch ver ändern das Interview für die Teilnehmenden nicht zu Überforderungen oder er neuten Belastungen führt sondern

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