6 forum kriminalprävention 3 2015 EXTREMISMUS UND PRÄVENTION Einleitung Radikalisierungsprozesse nehmen weltweit in bestimmten Gruppen zu und führen zu massiven Terrorvorbe reitungen wie handlungen Die Menschheit mag nicht gewalttätiger werden wie Pinker 2011 konstatiert aber sie wird an vielen Orten radikaler Westliche Gesellschaften wie in Deutschland polarisieren sich derzeit in eine breite zivilgesellschaftliche Grup pe die extremistischen populistischen und fundamentalistischen Milieus ge genübersteht Angriffe von Sympathi santen des sog Islamischen Staates auf jesidische Demonstranten oder die Ausschreitungen an Asylunterkünften im Sommer 2015 sind Beispiele für eine Radikalisierung und innergesellschaft liche Konfliktkonstellation Hooligans gegen Salafisten Patriotische Euro päer gegen die Islamisierung des Abendlandes provokante Koranvertei lungen wie die Lies Kampagnen sala fistischer Gruppen mitten in Städten suchen die Radikalisierung und beför dern sie in spezifischen Milieus Auch ein sozialer Extremismus wie er bei hoch expressiver Gewalt durch sog School Shootings und andere Amokta ten sichtbar wird ist zunehmend mit vermeintlich legitimierenden Verlaut barungen der Täter an die Gesellschaft verknüpft und verweist damit auf eine ähnliche Radikalisierung wie wir sie vom subversiv ausgerichteten Extre mismus kennen Böckler Seeger 2013 Expressiv ist die Gewalt insofern als dass sich die Täter mit ihr in Szene set Radikalisierung als Inszenierung Vorschlag für eine Sicht auf den Prozess der extremistischen Radikalisierung und die Prävention Andreas Zick Nils Böckler Radikalisierung im Bereich des politischen religiösen und sozialen Extremis mus ist ein aktuelles Phänomen wie akutes Problem in nahezu allen Gesell schaften und wird als neues Forschungsfeld auch zum Präventionsthema Erste Projekte der Radikalisierungsprävention sind entstanden Der Beitrag beschäftigt sich mit dem sperrigen Konzept der Radikalisierung und liefert einen Vorschlag für eine Sicht auf den Radikalisierungsprozess als personale und gruppenbezogene Selbst Inszenierung zen die Gewalt Botschaften enthält und danach strebt Opfer gruppen zu markieren und leiden zu lassen Fesh bach 1964 All das deutet auf Radikalisierungen hin die von einem provokativ orientier ten Populismus bis hin zu ideologi sierten Amoktaten oder einem ter roristischen Extremismus reichen können Die Kontexte in denen sich Ra dikalisierung vollzieht sind dabei viel fältig Radikalisierung kann sich indivi duell aus der sozialen Isolation heraus als Selbstradikalisierung gestalten wie auch in Zellen bzw größeren Gruppen konsolidieren Besonders riskant und gefährlich aufgrund gegenwärtig allzu wahrnehmbarer Mobilisierungserfolge ist die Lage im Bereich des Rechtsextre mismus und des extremistischen Isla mismus Eine kaum eindeutig zu be nennende Zahl an Personen radikalisiert sich eher unmerklich wird immer stär ker terror und gewaltbereit oder reist ins Ausland um dort in den Krieg der Extremisten und Terrorgruppen zu zie hen Allein mehr als 700 Personen ha ben sich aus Deutschland im Sommer 2015 auf den Weg nach Syrien gemacht um sich der Terrormiliz Islamischer Staat IS anzuschließen Im Bereich Rechtsextremismus werden ca 14 500 Personen als hoch gewaltorientiert ein gestuft BMI 2015 Auch die innerstaat liche Gewalt gegen asylsuchende und geflüchtete Menschen steigt drama tisch an Das alles unterstreicht die The se dass der Blick auf Radikalisierungs prozesse bedeutsam ist Radikalisierung ist auch ein Thema der Prävention und müsste angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen noch viel stärker Gegenstand dieser sein Dennoch ist die Radikalisierungs prävention ein neues und kein eta bliertes Thema oder Forschungsfeld Es hat gedauert bis Projekte der Radikali sierungsprävention gefördert und ent standen sind Ein Teil der Trägheit geht dabei auf das sperrige Konzept der Ra dikalisierung selbst zurück Während Extremismus recht zuverlässig und trotz aller Divergenzen über die Er scheinungsformen konsensual definiert ist bestand in Bezug auf das Konzept der Radikalisierung in Wissenschaft Be hörden und Praxis lange wenig Konsens Neumann 2013 Radikal zu sein heißt natürlich nicht eo ipso extremistisch zu sein Radikalisierung muss immer in Re lation zum vorherrschenden Gesell schaftssystem verstanden werden in dem sie untersucht wird Die Analyse des Rechtsextremismus und des extre mistischen Islamismus mit seiner mani festen Terrorgefahr haben den Begriff mittlerweile konsensfähig gemacht weil er bei aller Divergenz umschreibt wie es von der Affinität einer Person oder Gruppe gegenüber einer Botschaft oder Ideologie zu einer kollektiven Ter rortat kommt Er beschreibt wie sich im Bereich des Terrors gegen Gesellschaf ten individuelle wie kollektive Emotio nen Ideologien und Verhaltensweisen so extremisieren dass Gesellschaften angegriffen werden Ein zweites Problem wirkt schwerer Radikalisierung bezeichnet eher einen Prozess als einen Zustand Das Bedürf nis diesen Prozess zu begreifen hat in der Terrorforschung auch dazu ge führt viele große und weite Theorien Bold Theories zu entwickeln Dabei sind vor allem solche prominent ge worden die den Prozess in Stufen und Phasen zerlegen und die Verstärkung der Gewalt orientierung bis zum An schlag aus kritischen Umbrüchen her aus beschreiben mehr als zwanzig häu figer zitierte Rahmenmodelle sind so entstanden vgl zur Übersicht Borum 2011 Das Problem des Konzepts der Radikalisierung besteht also weniger

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