46 forum kriminalprävention 4 2015 OPFERSCHUTZ Auf der Vier Felder Matrix vgl Abb 1 ist das sogenannte ideale Opfer 11 im oberen linken Feld angesiedelt Hier nimmt das Individuum sich selbst und ebenso seine Umwelt es als Opfer wahr Die soziale Akzeptanz des Opfer status hängt jedoch auch mit Alltagsvorstellungen und Geschlech terstereotypen zusammen 12 Nach gegen wärtigem Erkenntnisstand wer den Männer eher als Täter und Frauen eher als Opfer losgelöst von den vor liegenden Umständen wahrgenom men Das schwache Geschlecht wird mit den hierfür typischen Weiblich keitsattributen wie Passivität Fried fertigkeit und Rücksichtnahme assozi iert Umgekehrt trifft dieser Befund auf das starke Geschlecht mit den weiteren Merkmalen Aggressivität und Dominanz zu Diese geschlechts spezifische Einordnung bestätigt eine Heidelberger Studie über Opfer ge walttätiger Angriffe 13 Eine Analyse von Fallvignetten über Opfer und Tä ter gewalttätiger Übergriffe ergab dass die Einschätzungen der Studien teilnehmenden bei der gleichen Tat nach Geschlecht variierten Bei einem männlichen Täter wurde die Tat als be lastender für das weibliche Opfer als bei der umgekehrten Konstellation wahrgenommen Desgleichen wurde von weiblichen Opfern eher eine An zeigeerstattung als von männlichen Opfern erwartet Ebenfalls von Rele vanz ist die Art des Gewaltdelikts Während bei einem Raubüberfall eine genderneutrale Position zu be obachten war traten bei Beziehungs delikten sexueller Übergriff durch eine bekannte Person häusliche Ge walt Geschlechterunterschiede be sonders hervor Das Opfer im Spiegel von Statistiken Folgerichtig geht es nun um empi risch gesicherte Erkenntnisse über Opfer von Straftaten im Hell und Dun kelfeld Vorauszuschicken ist dass die hierzu vorliegenden Erkenntnisse nach wie vor relativ dürftig sind 14 Im Vordergrund stehen statistische Daten aus der Polizeilichen Kriminal statistik PKS zur Opfererfassung Die Zahlen hierzu erfassen Opfer von Gewaltdelikten bzw Kontaktdelikten Kontaktdelikte implizieren einen Kon takt zwischen Täter und Opfer sowie die Anwendung von seelischer kör perlicher oder sexueller Gewalt In der PKS werden also nur Angaben über Opfer bestimmter Straftaten und gruppen aufgenommen sodass keine Informationen zu Eigentums und Ver mögensdelikten z B Wohnungsein bruch vorliegen Als Opfer bezeichnet die PKS natürliche Personen gegen die sich die mit Strafe bedrohte Hand lung unmittelbar richtete 15 Die Entwicklung der in der PKS aus gewiesenen Opferzahlen zeigt insge samt einen beträchtlichen Zuwachs von über 700 000 Opfern bis zu annä hernd eine Million Opfer in den Jahren 2011 bis 2013 Ihre bisherige Spitze wird im Jahr 2012 mit über 976 000 Op fern erreicht Der auffallende Anstieg ist wohl auf die Erweiterung des Straf tatenkatalogs mit Opfererfassung ei gene Zählung zurückzuführen Wäh rend im Jahr 2000 ungefähr 74 Delikte mit Opferzahlen aufgenommen wur den waren es im Jahr 2014 etwa 178 Delikte 16 Dabei ist zu berücksichtigen dass in diesem Zeitraum einige Straf bestimmungen im Strafgesetzbuch neu eingeführt wurden Ein promi nentes Beispiel hierfür ist das soge nannte Stalking Nachstellung gem 238 StGB 11 Christie Nils 1986 The ideal victim in Fattah Ezzat A Hrsg From crime policy to victim policy Reorienting the Justice System New York St Martin s Press S 17 ff 12 Im Folgenden Treibel Angelika 2014 Vernetzter Opferschutz in Bubenitschek Günther Greulich Reiner Wegel Melanie Hrsg Kriminalprävention in der Praxis Heidelberg u a Kriminalistik Verlag S 206 13 Im Folgenden Treibel Angelika Funke Joachim Hermann Dieter Seidler Günter H 2008 Alltagsvorstel lungen über Gewaltopfer in Abhängigkeit von Delikt und Geschlecht eine internetbasierte Studie Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform S 458 ff 14 Vgl Steffen Fn 3 S 11 15 BKA 2014 Polizeiliche Kriminalstatistik 2013 Bundesrepublik Deutschland Wiesbaden S 352 16 BKA 2001 Polizeiliche Kriminalstatistik 2000 Bundesrepublik Deutschland Wiesbaden Straftatenkata log S 257 266 und BKA 2015 PKS Straftatenkatalog 2014 Selbstidentifikation als Opfer Ja Nein Soziale Anerkennung als Opfer Ja Tatsächliches Opfer Ernanntes Opfer Nein Abgelehntes Opfer Nicht Opfer Abb 1 Anerkennen des Opfers in Rainer Strobl International Review of Criminology 2004 S 296 Abb 2 Straftaten insgesamt mit Opfererfassung seit 2000 Quelle PKS 2001 2014 Tab 5 T01

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