54 forum kriminalprävention 1 2016 EXTREMISMUS kant korrelierende Facetten sie könnten aber nicht einfach als eine zusammenhängende Dimension einer allgemeinen Abwertung beurteilt wer den wie sie etwa mit dem ungenauen Terminus der Islamophobie bezeichnet wird Denn der entsprechende Nach weis einer vorliegenden Korrelation wäre erst zu erbringen Zick 2012 35 Nichtsdestotrotz wird weiter im Text sowie in den später erschienenen Stu dien kaum zwischen den beiden Ableh nungskonstruktionen2 unterschieden In der europäischen Umfrage Die Abwertung der Anderen wiesen die Wissenschaftler innen um Zick er neut darauf hin dass der Begriff der Muslimenfeindlichkeit treffender wäre da es hier nicht um die Ableh nung einer Glaubensrichtung geht sondern um die Abwertung von Men schen die dieser Glaubensrichtung zugeordnet werden Zick et al 2011 46 Mit anderen Worten Differenzie rung tut in der Tat not Es bietet sich daher an zusätzliche Distinktions merkmale in die terminologische De batte einzuführen Einerseits gilt es eine legitime uni versalistisch normative und oder auf klärerisch menschenrechtliche Islam kritik sowie Muslimkritik von einer fremdenfeindlich hetzerischen kultu ralistischen und oder biologisch ras sistischen Muslimfeindlichkeit analy tisch zu trennen vgl Pfahl Traughber 2014 Liegen doch dafür naheliegende empirische Befunde vor Laut GMF Studie aus dem Jahr 2003 lehnten zwar 69 9 der Befragten die Aussage Die muslimische Kultur passt durchaus in unsere westliche Welt ab Zugleich stimmten 65 6 der Befragten dem Item Bei Personen muslimischen Glaubens bin ich misstrauischer nicht zu Leibold Kühnel 2003 103 Ande rerseits ist es notwendig verschiede ne Ablehnungsgrade auf der Orientie rungsebene genauer zu bestimmen Denn es wirkt wenig überzeugend weil undifferenziert jede Art von Ab lehnung als Feindlichkeit oder Ab wertung zu brandmarken Möller Schuhmacher 2015 26 Obwohl sich der unscharfe Begriff der Islamophobie international durch gesetzt hat müssen terminologische Präzisierungen vorgenommen wer den Nach Heiner Bielefeldt 2012 23 scheint der Begriff der Muslimfeind lichkeit wegen seiner Fokussierung auf unmittelbare Subjekte menschen rechtlicher Ansprüche also Menschen wie auch religiöse Gemeinschaften als Träger universeller Menschenrech te am ehesten geeignet zu sein um Diskriminierung und Ausgrenzung der Muslimen innen zu bezeichnen In Fällen der harten Manifestationen von Muslimfeindlichkeit als pauschalisie render Ablehnungskonstruktion infol ge ethnisierender Zuschreibungen kann auch von antimuslimischem Rassismus die Rede sein Ob solche Kollektiv Größen anhand von angebli chen biologischen Merkmalen kon struiert werden oder ob kulturelle oder religiöse Differenzen zum Anlass genommen werden Mauern zu bauen zwischen uns und den anderen ist demgegenüber von sekundärer Be deutung Entscheidend ist vielmehr der Härtegrad in der Zuschreibung ei ner kollektiven Mentalität die im Grenzfall Züge schicksalhafter Unent rinnbarkeit annimmt und den betrof fenen Menschen ihr Selbstsein ihre Freiheit und ihre Gleichberechtigung abspricht a a O 27 Armin Pfahl Traughber 2014 zufol ge sei der problematische Begriff der Islamophobie nur für Auffassungen sinnvoll die in einer ausgeprägten Angst vor dem Islam als subjektiver Einstellung bestehen Islamfeindlich keit stehe demgegenüber für eine ausgeprägte fundamentale und un bedingte Ablehnung des Islam als Glaubensrichtung und deren pauscha le Deutung als gefährlich unmoralisch und verwerflich Davon sei eine aufklä rerisch menschenrechtliche Islamkri tik zu unterscheiden die einzelne Bestandteile oder Auslegungen der Religion und deren Wirken in der Ge sellschaft hinterfragt Zugleich kön nen die angesprochenen Dimen sionen anscheinend miteinander korrespon dieren und in Diskursen über den Is lam je nach Schwerpunkt mal mehr mal weniger in den Vordergrund tre ten Pegida Forscher fanden heraus dass die Anhänger der Dresdner Be wegung wertbezogene Islamkritik üb ten wenn es bspw um die Themen Frauenrechte oder fehlende Säkulari sierung ging Erzählstrecken zu Asyl Zuwanderung und Integration do minierten demgegenüber kultura listisch rassistische antimuslimische Ressentiments Die islamische Religi onszugehörigkeit erwies sich in den Narrativen als einziges charakteristi sches Merkmal Dabei wurden unter den Begriffen Muslime oder Islam unterschiedliche Bevölkerungsgrup pen Türkisierung Bosniaken subsumiert Geiges et al 2015 182 Der Begriff der Muslimfeindlichkeit erfasst nach Pfahl Traughber ebd eine Feindschaft gegen Muslime als Muslime das heißt Eine Ablehnung und Diskriminierung von Einzelnen oder Gruppen erfolgt primär aufgrund deren Glaubens an den Islam Damit geht nicht nur ein negatives Bild im Sinne einer öffentlichen Herabwürdi gung einher sondern auch eine ange strebte Benachteiligung im Sinne ei nes niedrigeren Rechtsstatus Hiervon unterscheidet der Wissen schaftler eine Muslimenkritik die sich auf bedenkliche Einstellungen und Handlungen von Anhängern des Islam bezieht ohne damit Verallgemeine rungen und Zerrbilder zu verbinden Obwohl die zitierten Definitionen notwendige inhaltliche Differenzie rungen mit Blick auf legitime Kritik und illegitime Feindschaft gegenüber dem Islam und den Muslimen innen ge währleisten scheinen sie die unter schiedlichen Pole der Ablehnungskon struktionen nicht deutlich genug hervorzuheben Zugegebenermaßen liegen in der Sozialforschung nur we nige Modelle vor die auf Grade der ab lehnenden Orientierungen abheben Eines davon ist das PAKOs Konzept von Kurt Möller welches pauschalisierende Ablehnungskonstruktionen in einem Kontinuum zwischen den Polen der Aufrechterhaltung von Distanz einer seits und der Anwendung von schwe rer Gewalt andererseits verortet Möller unterscheidet auf der affek tiv kognitiven und konativen Ebene zwischen Möller Schuhmacher 2015 26f 1 Aversion als einer starken unbe wussten Emotion verhaltenswirksa mer Abneigung gegenüber dem Ab lehnungsobjekt dass u U in Hass münden kann 2 Ressentiment als psychischer Ein stellung die sich nicht in Aktivitäten manifestiert 3 Stereotyp als einer automatischen und assoziativen Zuordnung von vermeintlichem Wissen und dar aus erwachsenden Erwartungshal tungen 2 Vgl die Definition der Islamfeindlichkeit als Vorurteil Die Islamfeindlichkeit im Sinne eines Vorurteils entspricht einer abgrenzenden und intoleranten Haltung von Gruppen und ihren Mitgliedern gegenüber dem Islam oder Muslimen gerade weil sie dem Islam als zugehörig zugeschrieben werden Das Vorurteil hat dabei drei Facetten und richtet sich in Emotionen Ärger Ekel etc Gedanken Überfremdung Unterdrückung etc oder Verhaltensweisen aus dem Weg gehen nicht helfen etc gegen Muslime im Sinne eines Anti Muslime Vorurteils oder gegen den Islam im Sinne eines Anti Islam Vorur teils Diese Vorurteile basieren auf Kategorisierungs und Stereotypisierungsprozessen sodass Menschen zu Gruppen Muslime Islam zugeordnet werden und diese Gruppen mit positiven oder negativen Stereotypen verknüpft werden Küpper et al 2013 10

Vorschau DFK forum kp 01-2016 Seite 56
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.