25forum kriminalprävention 2 2016 VERBUNDPROJEKT TARGET Frühzeitige Prävention krisenhafter Entwicklungsverläufe In allen elf Hauptfällen schwerer zielgerichteter Schulgewalt Zeitraum 1999 2013 erlebten die Täter ein frü hes einschneidendes Krisenerlebnis häufig im 13 Lebensjahr das ihre weitere Entwicklung stark beeinfluss te Die Zeitspanne zwischen dem Be ginn der Krise und der Ausführung der Tat lag bei durchschnittlich fünf Jah ren wobei es erst zum Ende dieser Phase zu Planungshandlungen kam Die Analyse der Entwicklungsverläufe verdeutlicht dass Ansätze zur frühen indizierten Krisenprävention z B NETWASS Scheithauer Leuschner NETWASS Research Group 2015 am Er folg versprechendsten sind Präventi ves Handeln sollte bereits zu einem Zeitpunkt ansetzen an dem die kri senhafte Entwicklung oft nur anhand unspezifischer Krisensymptome z B sozialer Rückzug aber auch provokati ves Verhalten vgl Sommer et al in dieser Ausgabe erkennbar ist und auch wenn sich zunächst noch kein gewaltspezifischer Verlauf abzeich net Fortentwicklung bestehender Programme zur schulischen Krisenprävention Obwohl in den untersuchten Haupt fällen die Tatausführung nicht verhin dert werden konnte haben Personen im Schulumfeld des Täters in einer Schwere zielgerichtete Gewalttaten an Schulen Teil 2 Erste Folgerungen für mögliche Präventionsansätze Nora Fiedler Friederike Sommer Nadine Ahlig Vin cenz Leuschner Kristin Göbel Johanna Scholl Markus Hess Mareike Mandel Clara Kiani Thea Neumann Herbert Scheithauer Aus dem Berliner Teilvorhaben im Verbundprojekt TARGET lassen sich bereits nach der ersten Sichtung der Ergebnisse Implikationen für Präventionsansätze ableiten Ausgewählte konkrete Empfehlungen für die präventive Arbeit in Schulen Beratungs und Therapieeinrichtungen werden im Folgenden dargestellt Vielzahl von Situationen auf Warnver halten intuitiv angemessen reagiert und entsprechende Maßnahmen ein geleitet z B bei wiederholt geäußer ten Rachephantasien vgl Fiedler Ah lig Leuschner Scheithauer 2016 Aus präventiver Sicht und zur Verbesse rung des Sicherheitsgefühls in der Be völkerung bzw beim Schulpersonal vgl Ahlig Leuschner Scheithauer 2016 ist es dennoch unerlässlich Schulen empirisch abgesicherte Krite rien für die Ernsthaftigkeitseinschät zung von Drohungen oder Ankündi gungen von Gewalttaten zur Verfügung zu stellen und die Schul mitarbeiter entsprechend fortzubil den Die aktuellen Befunde aus dem TARGET Verbund stehen zur Fortent wicklung bestehender Präventionsan sätze zur Verfügung und werden im ersten Schritt in die Bewertungssyste matik der strukturierten Programme NETWASS Scheithauer et al 2015 so wie DyRiAS Schule Hoffmann Roshdi Allwinn 2013 und KomPass Nagel Dörr Hoffmann Igel Roshdi 2014 überführt Darüber hinaus sollten Pro gramme bevorzugt Anwendung fin den die der Informationsfragmentie rung an Schulen Fox Harding 2005 entgegenwirken und einen offenen und vertrauensvollen Austausch zwi schen Schülern und Lehrkräften för dern Sowohl in den untersuchten Hauptfällen als auch in der Fachlitera tur finden sich Hinweise dass im Peer kontext geäußerte Drohungen und Tat ankündigungen häufig nicht an Schulmitarbeiter weitergetragen wur den sogenannter Code of Silence zusammenfassend Borum Cornell Modzeleski Jimerson 2010 sodass die krisenhafte Entwicklung nicht durch Erwachsene erkannt werden konnte Spezifische Interventionsansätze und Behandlungskonzepte Bislang fehlen spezifische und gut evaluierte Therapieansätze für den fachgerechten Umgang mit Jugendli chen die wiederholt Drohungen aus sprechen oder Gewaltphantasien äu ßern Einrichtungen der ambulanten bzw stationären Versorgung von jugendlichen Patienten z B Kinder und Jugendpsychiater sollten zu nächst hinsichtlich der Entwick lungs dynamiken im Vorfeld schwerer Gewalttaten fortgebildet werden Fachkräfte die mit auffälligen Schü lern arbeiten benötigen darüber hin aus konkrete Handlungsoptionen Wir empfehlen die Einführung strukturier ter empirisch basierter Gesprächsleit fäden mit denen sowohl Schwere In halt und Dauer von Gewaltphantasien für einen ersten Ansatz der allgemei nen Erfassung von Gewaltphantasien s z B Warncke Klapprott Scheit hauer 2015 als auch die Ernsthaftig keit von Planungshandlungen erho ben und diagnostisch eingeordnet werden können Auf prognostische Aussagen sollte dabei verzichtet wer den um Stigmatisierungen zu vermei den Vielversprechend erscheint eine Übertragung forensisch psychiatri scher deliktorientierter Verfahren

Vorschau DFK forum kp 02-2016 Seite 27
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