40 forum kriminalprävention 2 2016 VERBUNDPROJEKT TARGET ter in die Wohnungen hinein In den Wochen vor der Tat fühlte er sich zu nehmend von der Strahlung be droht und versteckte sich auch auf seinem Dachboden versuchte bei ei ner Bekannten unterzukommen und übernachtete schließlich in einem Hotel Der Polizei berichtete er von den Strahlenangriffen woraufhin der sozial psychiatrische Dienst ein geschaltet wurde Der Täter war als Waffensammler bekannt und hatte ei nen Nachbarn vor mehreren Jahren mit einer Pistole bedroht Nichtpsychotische Amokläufer Die Täter aus dieser Gruppe waren zumeist verheiratet und hatten häu fig auch Kinder In der Mehrzahl der Fälle planten sie ihre Tat gründlich und über einen längeren Zeitraum hinweg Die meisten von ihnen wie sen eine hohe generelle Kränkbarkeit auf vermuteten bei anderen Men schen prinzipiell schlechte Absichten und hingen nach Konflikten Rachege danken nach In mehr als der Hälfte der Fälle äußerten sie Todesdrohun gen oder machten gegenüber Dritten Andeutungen eine schwere Gewalt tat zu begehen Auch hier ein Fallbeispiel Im April 2009 wurde in einem Landgericht in einer Erbschaftsangelegenheit ver handelt Während einer Verhand lungspause kam es zu verbalen Aus einandersetzungen woraufhin der Täter seinen Revolver zog und im Tatverlauf eine Person tötete und drei weitere verletzte Bei den Op fern handelte es sich um Vertreter der Gegenseite in einem Erbschafts streit Der Amoktäter suizidierte sich im Anschluss durch einen Schuss in den Kopf Der Mann war seit mehr als zehn Jahren mit seiner zweiten Frau verheiratet und hatte zudem Kinder aus erster Ehe Er war Koch im Ruhe stand und Sportschütze Er verfügte seit vielen Jahren legal über mehre re Schusswaffen Seit etwa zehn Jah ren wurden vor Gericht Prozesse in nerhalb der Familie geführt wobei auch seine Frau von Klagen betrof fen war Der Täter engagierte sich stark für seine zweite Frau Im Vor feld der regelmäßigen Verhandlun gen und in den Pausen kam es auch immer wieder zu gegenseitigen Be leidigungen zwischen den streiten den Parteien die laut und aggressiv geäußert wurden Der Täter pflegte zuletzt zusammen mit seiner Frau die Stiefmutter bis diese verstarb Seine Frau selbst erkrankte dann an Krebs Er äußerte häufiger konkret dass er zunächst Personen der Ge genseite in dem Gerichtsverfahren und dann sich selbst erschießen wol le Der Amoktäter hinterließ mehre re vorbereitete Presseerklärun gen in denen er seine Sicht auf die Dinge schildert Ebenso verfasste er einen Abschiedsbrief Bedrohungsmanagement als Ansatz zur Amokprävention Die Analyse der deutschen Amok fälle zeigt dass die Mehrzahl der Tä ter vorab an mehreren Orten und in unterschiedlichen Institutionen auf fällig waren und dies häufig sogar über einen längeren Zeitraum hin weg Es gab jedoch keinen Knoten punkt an dem die verschiedenen Informationen zusammengeflossen sind Genau bei diesem Defizit setzt das Bedrohungsmanagement an Dabei handelt es sich um eine eta blierte Fachdisziplin mit eigenen Me thoden Einschätzungsin strumenten Wissensbeständen und Best Practice Ansätzen für ein Fallmanagement Hoffmann Meloy 2014 Eine Beson derheit dieses Ansatzes liegt in dem professionsübergreifenden Vorge hen Alle Fachleute die mit bedrohli chem Verhalten in ihrem beruflichen Leben konfrontiert sind können sich in der Methodik des Bedrohungsma nagements qualifizieren wie bei spielsweise Polizisten Psychiater und Psychologen Sozialarbeiter oder mit Präventionsthemen befasste Mitar beiter in Firmen Behörden und ande ren Einrichtungen Hierbei unterliegt ein fundiertes Bedrohungsmanage ment international etablierten Quali tätsstandards die ein professionelles wissenschaftlich und fachlich veran kertes Vorgehen ermöglichen Für die Amokprävention wird da bei im Bedrohungsmanagement so wohl auf der Ebene einzelner Institu tionen angesetzt es wird auf der anderen Seite aber auch die Einrich tung regionaler Netzwerke forciert Unternehmen Ämter Justizbehör den Hochschulen oder andere Ein richtungen sollten deshalb interne Ansprechpartner und Fallmanager fortbilden die bei bedrohlichem Ver halten eine Erstbewertung vorneh men und erste Interventionsschritte einleiten können Diese Ansprech partner sind nach außen mit relevan ten Partnern wie etwa der Polizei vernetzt sensibilisieren aber zu gleich auch in ihrer Einrichtung für den Umgang mit auffälligem Verhal ten wie beispielsweise Gewaltdro hungen Eine solche Strategie wird manchmal auch unter der Begriff lichkeit Prävention von Workplace Violence bzw Gewalt am Arbeitsplatz gefasst In Ergänzung zu dem präventiven Vorgehen auf der einzelnen Organi sationsebene empfiehlt sich der Aufbau eines lokalen Netzwerks bei dem die einzelnen Akteure eben falls zumindest in Grundzügen mit dem Bedrohungsmanagement ver traut sind Eine zentrale Rolle spielt hier üblicherweise die Polizei er gänzt durch psychiatrische Einrich tungen Kliniken Sozialbehörden Beratungsstellen und Ähnliches Ein solches Netzwerk muss allerdings auch in der Praxis durch gemeinsa me und institutionsübergreifende Fallarbeit gelebt werden sonst bleibt es lediglich eine Simulation von Gewaltpräven tion Konkrete Be drohungsmanagement Projekte in Deutschland der Schweiz und Ös terreich zeigen hier gute erste Er gebnisse Solche Ansätze sind bei spielsweise bereits installiert an Gerichten Unternehmen Hoch schulen Polizeibehörden Schulen Gewaltschutzzentren und Jobcen tern Forschung und Prävention gehen hierbei Hand in Hand und Forschungsverbünde wie TARGET können wissenschaftliche Erkennt nisse bereitstellen um schwere Ge walttaten wie Amokläufe mit einer größeren Wahrscheinlichkeit als zu vor verhindern zu können Dr Jens Hoffmann leitet das Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt B Sc Psych Mirko Allwinn ist dort Mitarbeiter Kontakt mirko allwinn i p bm de Literatur Hoffmann J Roshdi K Hrsg 2015 Amok und ande re Formen schwerer Gewalt Risikoanalyse Bedro hungsmanagement Präventionskonzepte Stuttgart Schattauer Meloy J R Hoffmann J Guldimann A James D 2012 The role of warning behaviors in threat assess ment An exploration and suggested typology Behavi oral Science and the Law 30 256 279 Meloy J R Hoffmann J 2014 Hrsg International Handbook of Threat Assessment New York Oxford University Press Nagel N Dörr G Hoffmann J Igel C Roshdi K 2014 KomPass Präventionsportal zur Prävention von Krisen an Schulen forum kriminalprävention 3 49 53 Peter E Bogerts B 2012 Epidemiologie und Psy chopathologie des Amoklaufes Der Nervenarzt 1 57 63 Scheithauer H Leuschner V 2014 TARGET Tat und Fallanalysen hochexpressiver zielgerichteter Gewalt Komparative Analysen nationaler und internationaler Fallakten zur Ermittlung kausaler Risikofaktoren und zur Verbesserung von Prädiktion Prävention und In tervention forum kriminalprävention 3 43 45

Vorschau DFK forum kp 02-2016 Seite 42
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