44 forum kriminalprävention 2 2016 VERBUNDPROJEKT TARGET ten ab einem bestimmten Schwere grad red flags zentral dokumen tiert werden Es geht dabei nicht darum jede kleine Ausfälligkeit und jede Form von der Norm abwei chenden Verhaltens zu dokumentie ren Registriert werden soll nur das Verhalten das nach Rücksprache mit einer Fachperson als so proble matisch eingestuft wird dass es den Charakter einer Red flag hat siehe Punkt 3 3 Mehrstufiges Bedrohungsassess ment und management Bei der Risikobeurteilung hat sich ein drei stufiges Vorgehen bewährt 1 Auf der ersten Stufe der Risikobeurtei lung findet eine erste Entschei dung darüber statt ob eine Person vertiefter abgeklärt werden sollte Der Entscheid basiert anhand der Prüfung von sogenannten Red flags Red flags sind Merkmale die eine Weiterbearbeitung recht fertigten Ein red flag kann aber muss nicht ein individueller Risiko faktor sein Listen von red flags wurden an verschiedenen Stellen vorgeschlagen Als sinnvoll in der Praxis des Bedrohungsmanage ments hat sich die Unterteilung in persönlichkeitsbezogene verhal tensnahe eskalative und kontextu elle red flags bewährt Endrass Rossegger Loock Bannenberg 2014 Gerth Graber 2012 Rosseg ger Endrass Fries Urbaniok 2012 Liegt eine red flag vor ist eine Erstbeurteilung indiziert die wie derum eine Erstintervention nach sich ziehen kann Droht beispiels weise ein Schüler er werde es der Schule zeigen und wird diese Dro hung von Lehrpersonen ernst ge nommen red flag kann eine Schüleransprache gerechtfertigt sein Wird deutlich dass sich der Schüler mittlerweile eindeutig von der larvierten Drohung distan ziert hat und die Konfliktsituation aufgelöst wurde sind keine weite ren Schritte indiziert Bleibt der Konflikt unaufgelöst zurück oder wird die Drohung konkreter wie derholt zweiter red flag ist eine weiterführende Abklärung ange zeigt 2 Auf der zweiten Stufe kommen schon forensische Spezia listen zum Einsatz die sich ein übergeordnetes Bild von der Situa tion machen Wenngleich noch kei ne robusten Verrechnungsregeln für den Umgang mit bzw die Be wertung von red flags vorliegen hat sich in der Praxis die Faustfor mel etabliert dass das Vorliegen von red flags in mindestens zwei Dimensionen d h Person Verhal ten Eskalation Kontext als Risiko konstellation beurteilt wird Endrass et al 2014 In je mehr Di mensionen ein red flag gegeben ist desto höher wird das Risiko für die Ausführungsgefahr mutmaßli cher Gewalt beurteilt 3 Ist der Schwellenwert von zwei Dimensio nen erreicht ist in jedem Fall eine Intervention wie z B eine Gefähr deransprache sowie zusätzlich eine weiterführende idiografische Beur teilung im Sinne eines Fokal oder ausführlichen Gutachtens indiziert Mit der Berücksichtigung von red flags und der Anwendung eines mehrdimensionalen Modells soll ei nerseits dem Anspruch von Sensitivi tät als auch der Spezifität Rechnung getragen werden Die Anwendung dieses Modells hat sich in verschie denen Kontexten bewährt in denen man mit einer Vielzahl von Fällen an gedrohter niederschwelliger Gewalt in Kombination mit einer geringen Rate tatsächlich ausgeführter schwe rer Gewalt konfrontiert ist Das Mo dell wurde im Bereich der angedroh ten Gewalt Gerth Graber 2012 der Intimpartnergewalt und des Stal kings Endrass Rossegger 2013 so wie der ideologisch motivierten Ge walt Endrass et al 2014 angewendet Gegenwärtig kann man das Modell als ausreichend plausibilisiert für die praktische Arbeit einstufen Es ist je doch noch eindeutig zu früh in die sem Zusammenhang von einem Best Practice Modell oder gar ei nem empirisch abgestützten Ansatz zu sprechen Schlussfolgerungen Nicht die Aufsummierung einzelner red flags sind relevant zur Bestim mung des Risikos von Gewalt am Ar beitsort sondern die spezifische Kom bination der red flags Die multidi mensionale Zusammensetzung dieser individuellen Risikokonfigurationen ist bei schwerer Gewalt heterogen Dem entsprechend gibt es keine einfache Checkliste die Anwendung finden kann und es gibt keine allgemeingülti ge Handlungsempfehlung für die Prä vention Es können lediglich auf über geordneter Ebene Haltungen Strategi en und Grundsätze der Risikoabklärung empfohlen werden Wichtig ist dabei dass keine Strategien formuliert wer den die unnötig den Handlungsspiel raum der Personen die mit dem Risko management betraut sind einschrän ken Das heißt aber nicht dass dies eine langmütige Haltung gegenüber be drohlichem Verhalten nach sich ziehen sollte Im Gegenteil Auffälliges Verhal ten sollte nach den Grundsätzen des multidimensionalen red flag Modells dokumentiert werden wobei darauf zu achten ist dass red flag Kriterien sensitiv genug aber auch ausreichend spezifisch formuliert werden Grobe Ri sikoabklärungen im Sinne von Scree nings und daran anknüpfende vertie fende forensisch psychologische Risi koabklärungen auch Kurzgutachten sollten einem mehrdimensionalen An satz folgen Interventionen sollten an die Risikoabklärungen anknüpfen wo bei der Fokus auf der Kontrolle des in dividuellen Risikoprofils liegen muss Daraus resultiert dass es keine allge Abbildung 1 Multidimensionales Red Flags Modell

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