26 forum kriminalprävention 3 2016 ISLAMFEINDLICHKEIT Einleitung Feindbild Islam Obwohl in Deutschland seit Beginn der 1990er Jahre die Existenz eines Feindbildes des Islam beklagt wird waren die Deutschen lange Zeit im mun gegen islambezogene Bedro hungsgefühle Trotz der Anschläge vom 11 September 2001 ließ sich die ses Feindbild Anfang der 2000er Jahre empirisch nicht nachweisen Deutsch land wies zudem die wenigsten anti muslimischen Übergriffe im westeu ropäischen Vergleich auf Seidel 2003 266 Eine GMF Erhebung aus dem Jahr 2003 kam zu dem Ergebnis dass die Is lamophobie keine besondere Ausprä gung in Deutschland hatte Insofern lässt sich auch die Behauptung von ei nem besonderen Feindbild Islam das aus unterschiedlichen Motiven zum Teil von bundesdeutschen Intellektu ellen und zum Teil von islamischen bzw islamistischen Gruppen be schworen wird nicht bestätigen schlussfolgerten ihre Autoren und fügten prognostisch hinzu Es ist an zunehmen dass weniger Terroran schläge das Klima besonders verschär fen werden sondern vielmehr ungelöste und unthematisierte All tags Konflikte im sozialen Nahraum Leibold Kühnel 2003 113 Nach dem heimtückischen Mord am niederländi schen Filmemacher Theo van Gogh am 2 November 2004 jedoch schlug die Stimmung in Deutschland in morali sche Panik um Eine der Folgen war auch dass in der medialen Berichter stattung das Feld Islam Islamismus und Einwanderer mit muslimischem Hintergrund neu vermessen und die Islamfeindlichkeit im Spiegel der Meinungsforschung Michail Logvinov Ablehnungskonstruktionen des Islam und oder Muslimen innen sind zu Zeiten der Pegida Bewegung scheinbar allgegenwärtig Die Angst vor der Islamisierung des Abendlandes scheint in Deutschland eine weite Verbrei tung und Anschlussfähigkeit an die gesellschaftliche Mitte gefunden zu haben So stellen es zumindest einige Studien dar Kann also von einem Feindbild Islam in Deutschland gesprochen werden Der Beitrag stellt Ergebnisse deutscher Meinungsumfragen dar und geht der Frage nach was bei Islamfeindlichkeit genau gemessen wird und wie die erhobenen Daten interpretiert werden Integrations und Ausländerdebatte vermehrt islamisiert wurde ebd Die Unvereinbarkeit des Islam mit den westlichen Wertvorstellungen wird seitdem wieder und wieder debat tiert wobei es an den dazu Anlass ge benden Ereignissen nicht mangelt Der eigentliche Kern der Islamde batte in Deutschland betrifft vor allem die Vereinbarkeit des Säkularismus als Norm und Wertvorstellung mit dem islamischen Glauben in dem es be kanntlich keine Kaiserformel1 gibt Während säkulare Verfassungsgrund sätze eine respektvolle Nichtidentifi kation als Wertneutralität welche die Gleichstellung und den Schutz jeder Minderheit gewährleistet zum Maß stab erheben enthält das islamische Ordnungsmodell grundsätzlich nur eine sehr spezifische Schutzpflicht für Minderheiten Schutzbefohlene per Schutzvertrag welche keine Gleich stellung mit Muslimen vorsieht Vor diesem Hintergrund formulierten die Islamophobie Forscher Leibold und Kühnel das Dilemma der Norm und Wertkonflikte wie folgt Vor die Ent scheidung gestellt würden die meis ten gläubigen Muslime wohl das religiöse dem säkularen Prinzip über ordnen Selbst die flexiblen Alltagsre gelungen stellen faktisch das Primat des Religiösen unter Beweis da die To leranz mit Rückbezug auf die Scharia begründet wird Leibold Kühnel 2008 98 Doch lässt sich daraus selbst wenn Plädoyers für eine Übernahme des Laizismus seitens der europäi schen Islamgelehrten die Ausnahme sind Brunner 2005 der Schluss ziehen dass die muslimische Kultur tatsächlich nicht in die westliche Welt passt Das Islam und Muslimen Bild im Spiegel der Meinungsforschung Sonderauswertung Islam des Religionsmonitors Eine von der Bertelsmann Stiftung erstellte Sonderauswertung Islam des Religionsmonitors widerspricht der oben zitierten Annahme von Leibold und Kühnel Der Erhebung aus dem Jahr 2015 zufolge sollen 90 der hochreligiösen sunnitischen Musli me die Demokratie für eine gute Re gierungsform halten Bertelsmann Stiftung 2015 Dies entspreche dem Zustimmungsgrad der mittel und we niger religiösen Sunniten 93 der hochreligiösen sunnitischen Muslime hielten es für geboten allen Religio nen gegenüber offen zu sein Die zu nehmende religiöse Vielfalt in Deutschland empfanden allerdings nur 68 der hochreligiösen 71 der mittel und 75 der wenig religiö sen Sunniten als Bereicherung Über raschend erscheint der Befund dem zufolge 40 der hochreligiösen Sun niten und 58 der hochreligiösen re flektierten Sunniten dem Item zu stimmten ein homosexuelles Paar sollte die Möglichkeit haben zu heira ten 90 der deutschen Muslime sollen zudem regelmäßig Freizeitkon takte zu Menschen anderer Religions zugehörigkeit haben wobei rund 60 über mehr Freizeitkontakte außerhalb als innerhalb ihrer Religion verfügen Während die hochreligiösen und re flektierten hochreligiösen sunniti schen Muslime dem Religionsmonitor zufolge aufgeklärt kontaktfreudig und vorurteilsfrei sind ist es die nicht muslimische Mehrheitsbevölkerung offenbar nicht siehe Abbildung 1 57 der deutschen Nichtmuslime hielten demnach den Islam für sehr oder eher bedrohlich eine Steige rungsrate um 4 Punkte im Vergleich zu 2012 Noch deutlicher zugenom men hat die Ansicht der Islam passe nicht in die westliche Welt von 52 1 Matthäus 22 21 Sie sprachen zu ihm Des Kaisers Da sprach er zu ihnen So gebet dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist

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