19 forum kriminalprävention 1 2017 EXTREMISMUSPRÄVENTION Ausgangssituation und Bedarf In den vergangenen Jahren hat sich das Freizeitverhalten von Jugendli chen deutlich verändert Die letzte JIM Studie Medienpädagogischer For schungsverbund Südwest 2016 hat die Alltagsbeobachtungen bestätigt Nahezu alle Jugendlichen in Deutsch land sind online Neben einer Mediati sierung von Freizeitwelten Harring 2011 99 lässt sich ebenfalls ein Trend hin zur Privatisierung von Freizeit be obachten BIKnetz 2014 28 Vor die sem Hintergrund hat sich auch die rechtsextreme Szene als jugendkultu rell geprägtes Phänomen gewandelt Die rechtsextreme Szene prägt die Lebenswelt ihrer Anhängerinnen und Anhänger durch einen spezifischen Erlebniswert In rechtsextremen Sze nen verbinden sich Lebensgefühl Freizeitwert und politische Botschaf ten zu einer Erlebniswelt Rechts extremismus Pfeiffer 2013 44 Rechtsextreme Haltungen werden ju gendkulturell in Szene gesetzt vgl Möller Schuhmacher 2007 51 Mit dem Trend zur Verszenung ebd 52 des rechtsextremen Spektrums ge winnen eher lose Organisationsfor men an Bedeutung die nicht mehr notwendigerweise auf regelmäßigen Face to Face Beziehungen ihrer An gehörigen beruhen aber trotzdem Virtuelle Trainings gegen Hass und Gewalt Neue Wege in der pädagogischen Arbeit mit rechtsextrem orientierten jungen Menschen Daniel Speer Anne Maria Günther Constantin Oestreich Obwohl rechtsextrem orientierte junge Menschen das Internet schon lange für ihre Zwecke nutzen und sich Radikalisierungsprozesse zunehmend virtuell vollziehen hat die Präventionsarbeit bisher kaum Ansätze entwickelt um online deradikalisierend zu wirken Im Rahmen des Modellprojekts OHA Online Hass Abbauen entwickelt und erprobt Drudel 11 e V ein virtuelles Training zum Abbau von Hass und Gewalt Mit dem zu entwickelnden Trainingskurs entsteht ein webbasiertes Angebot zur Deradikalisierung das sich an rechts extreme bzw rechtsextrem orientierte junge Menschen wendet Neben der eigenständigen Bearbeitung von Übungen ist für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine pädagogische Begleitung durch das Projektteam vorgesehen Zugehörigkeit erlauben Orientierung bieten und Identität stiften Dieser Trend wird durch das Social Web noch verstärkt und führt zu einer zunehmenden Virtualisierung von Le benswelten Damit gehen auch neue Facetten eines online ausgelebten Rechtsextremismus sowie virtuelle Ra dikalisierungsprozesse einher Im Zuge der Weiterentwicklung des Internets zum Social Web wurden die Nutzerin nen und Nutzer von passiven Rezipien ten zu aktiv Handelnden die selbst mehr oder weniger permanent Inhalte produzieren Liken teilen und kom mentieren rechtsextremer Postings diese Mechanismen lassen einfach und schnell virtuelle Hass Netzwerke ent stehen Auch wenn sich Radikalisie rungsprozesse zunehmend virtuell vollziehen so ist der Hass real und äu ßert sich immer wieder in Straftaten Ein Ende des Trends zur Virtualisierung der rechtsextremen Ansprache und des Affinisierungsprozesses BIKnetz 2014 28 ist derzeit nicht absehbar Trotz dieser schon länger zu beob achtenden Entwicklungen hat die Prä ventionsarbeit bislang das Internet und den Bereich des Social Web weit gehend vernachlässigt Die bisherige Arbeit in diesem Bereich fokussierte sich überwiegend auf die Eingrenzung rechtsextremer Inhalte im Internet durch Verbote auf allgemeine Sensibi lisierung und Aufklärung auf Online beratung von Eltern und Angehörigen sowie auf die Organisation von jun gen Menschen die sich im Internet gegen Rechtsextremismus engagie ren möchten All diese Maßnahmen sind sinnvoll und notwendig Was fehlt sind webbasierte Angebote für bereits radikalisierte junge Menschen gerade wenn diese mit den bestehen den cliquenorientierten Ansätzen der Jugendarbeit kaum mehr zu erreichen sind Hier setzt das Modellprojekt OHA Online Hass Abbauen an Idee und Vorgehen Im Rahmen des Modellprojekts ent wickelt und erprobt der Jenaer Ju gendhilfe und Bildungsträger Drudel 11 e V ein virtuelles Training zum Ab bau von Hass und Gewalt Mit dem zu entwickelnden Trainingskurs entsteht ein webbasiertes Angebot zur Deradi kalisierung Zielgruppe des Projekts sind rechts extreme bzw rechtsextrem orientier te junge Menschen Das Training soll zuerst in Justizsettings wie Strafvoll zug Jugendarrest oder Bewährungs hilfe getestet und implementiert wer den In einem zweiten Schritt soll das webbasierte Trainingsprogramm im Internet verfügbar gemacht werden Der Trainingskurs baut dabei u a auf Erfahrungen aus der Anti Gewalt Ar beit und der sekundären und tertiären Rechtsextremismusprävention auf Während die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Training absolvieren ist eine pädagogische Begleitung durch das Projektteam vorgesehen OHA Online Hass Abbauen hat eine Laufzeit von Juli 2015 bis Dezember 2019 Das Modellprojekt wird geför dert vom Bundesministerium für Fa milie Senioren Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms De mokratie Leben sowie vom Thürin ger Ministerium für Bildung Jugend und Sport im Rahmen des Thüringer Landesprogramms DENK BUNT

Vorschau DFK forum kp 01-2017 Seite 21
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