forum kriminalprävention 4/2003 Oktober/November/Dezember

PRO & CONTRA:
Ausweitung der DNA-Analyse im Strafverfahren

Pro: Heinz Haumer, Präsident des Bayerischen LKA
Contra: Dr. Thilo Weichert, Stellv. Datenschutzbeauftragter Schleswig-Holstein, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz

Pro:
"Der Dreifach-Mord von Overath scheint aufgeklärt" lautete die Schlagzeile einer Zeitung vom 16.10.03. Diesmal halfen Zeugenaussagen, das grausame Pärchen zu ermitteln, das seine arg- und wehrlosen Opfer mit einer sog. Pump-Gun derart verstümmelte, dass Gerichtsmediziner mehrere Tage benötigten, um sie zu identifizieren. Es stellt sich die Frage, ob eine Identifizierung auch über am Tatort gesicherte DNA-Spuren möglich gewesen wäre. Ein klares "Nein" ist die erschreckende Antwort. Zwar waren der 45jährige Mann wegen Drogenbesitzes und Körperverletzung, die 19jährige Frau wegen Schwarzfahrens polizeilich in Erscheinung getreten. Aber bei den genannten Delikten handelt es sich um Vergehen, die gemeinhin nicht den Erfordernissen "einer Straftat von erheblicher Bedeutung" entsprechen. Damit bestand für die damals sachbearbeitenden Beamten von vorneherein keine Möglichkeit, DNA-Proben zu nehmen und in die DNA-Datenbank (DAD) einzustellen.

Contra:
DNA-Proben enthalten sensible Informationen. Diese sind fälschungssichere, nicht abzustreifende Personenkennzeichen. Der Mensch hinterlässt sie ungewollt als Haare, Schuppen, Speichel. Die genetische Untersuchung dieses Materials und die Zuordnung von Ergebnissen wird immer einfacher und billiger. Stehen nur genügend Referenzdaten zur Verfügung, so sind Identifizierungen ein Kinderspiel. Das Bundesverfassungsgericht hat Personenkennzeichen für verfassungswidrig erklärt, weil über sie komplette Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Daher wäre z.B. die genetische Erfassung der gesamten männlichen Bevölkerung nicht akzeptabel - auch, weil dadurch eine gewaltige Vorratsspeicherung auf Verdacht erfolgen würde. Noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Personen könnten so, ohne dass hierfür irgend ein Anlass bestünde, in massiv belastende strafrechtliche Ermittlungen hineingezogen werden. Wird Gewebe am Tatort gefunden und zugeordnet, so muss der dadurch Verdächtigte erst einmal seine Unschuld beweisen. Die Unschuldsvermutung würde auf den Kopf gestellt.

Die Langfassung des Artikels finden Sie in der LinkZeitschrift.