forum kriminalprävention 3/2005 Juli/August/September

Editorial

Seit Frank Schirrmachers "Das Methusalem- Komplott" ist auch bei uns im allgemeinen Bewusstsein der Bevölkerung die demographische Entwicklung als eines der gesellschaftlichen Kernprobleme unserer Zeit manifest geworden.

Prognosen ergeben beispielsweise für die 15 Mitgliedstaaten der früheren EU bei Annahme konstanter bzw. leicht steigender Geburtenzahl je Frau für den Zeitraum von 1998 bis 2050 einen Bevölkerungsrückgang von 375 Mio. auf 296 Mio. Für den selben Zeitraum wird für die südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeeres ein Bevölkerungszuwachs von 236 auf 394 Mio. darunter allein für die Türkei von 67 auf 98 Mio. vorausgesagt.

Eine besondere Herausforderung ist dabei die "gesellschaftliche Überalterung" der Bevölkerung. Nach Berechnung der UN wird es im Jahr 2050 weltweit erstmals mehr Menschen von 60 Jahren und darüber geben als junge Menschen unter 15. Durch eine rasante und dynamische Veränderung unserer heutigen Lebenswelten wird Altern zunehmend als Ausgrenzung, Isolation und Immobilität erfahren. Individuelle Altersangst paart sich zudem mit Befürchtungen, die sich wegen der sich ändernden Alterspyramide um die Zukunftsfähigkeit unserer sozialen Sicherungssysteme ranken.

Die aktuelle Tagespolitik zentriert sich inzwischen vor allem auch um das Thema kinder- und familienfreundlicher Rahmenbedingungen - bisher offenkundig ohne nachhaltigen Erfolg. Was wir dringend brauchen, ist die Einleitung einer "spektakulären Kulturwende" (Schirrmacher), die sich auf Geburtenzahl, Erziehung und Ausbildung, aber auch auf die Umkehr negativer Altersvorstellungen und auf die zumindest teilweise Eliminierung altersbedingter Diskriminierung auswirkt. Das soziale Altern darf nicht vor dem biologischen Altern eintreten und sich gar noch beschleunigen.

Bei dieser Ausgangslage zeigt sich, dass demographischer Wandel bezogen auf Kriminalität nur einen sehr schmalen Ausschnitt aus dem Problembereich darstellt. Dennoch ist dieser Ausschnitt von erheblicher Bedeutung. Betroffen sind etwa Fragen zur voraussichtlichen Entwicklung der Kinder- und Jugenddelinquenz, zur Alters- und Spätkriminalität, zur Viktimisierung alter Menschen, zur Sanktionierung betagter Straftäter und zu Präventionsansätzen für die mit dem demographischen Wandel zusammenhängende Kriminalität und Kriminalitätskontrolle.

Demographischer Wandel und Kriminalität ist daher ein naheliegendes und hoffentlich ein interessantes Titelthema dieser Ausgabe von forumkriminalprävention.

Ihr
Prof. Dr. Edwin Kube,
Chefredakteur
Edwin Kube